Cover
Titel
Im Dienst der Werbung. Die Boehner-Film 1926-1967


Autor(en)
Eckardt, André
Reihe
Beiträge zur Filmgeschichte 2
Erschienen
Anzahl Seiten
157 S.
Preis
€ 14,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Alexander Schug, Berlin

Der Band "Im Dienst der Werbung" von André Eckardt behandelt die Unternehmensgeschichte der Boehner-Film, einer Dresdner Werbefilmproduktionsfirma, die 1926 von Ludwig Boehner gegründet wurde. Bis 1967 stellte das Unternehmen mehr als 2.000 Werbe-, Industrie- und Kulturfilme her. Lange Zeit, insbesondere in den 1930er-Jahren, galt die Boehner-Film neben der Ufa als einer der großen Werbefilmproduzenten in Deutschland, der die künstlerische und technische Weiterentwicklung des Werbefilmgenres mitprägte.

Erstmalig wird mit der Publikation die Geschichte eines einzelnen Werbefilmunternehmens dargestellt, was weitgehende Einblicke in die Funktionsweise dieser Branche erlaubt. Eckardt fragt in dem knapp 160 Seiten starken Band nach der Selbstvermarktung des Unternehmens und wie die Boehner-Film dazu betrug, den Werbefilm als weiteres Werbemedium neben traditionellen wie Anzeigen, Plakate etc. zu etablieren. Der Erfolg des Werbefilms steht schließlich für die beginnende multimediale Bewerbung der deutschen Konsumöffentlichkeit. Die Unternehmensgeschichte wird aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet: Einer kurzen Chronologie folgen Kapitel über die Arbeitsorganisation (Personalpolitik, Akquise, Filmproduktion und Filmdistribution), über die filmtechnische Entwicklung oder über die verschiedenen Genres des Werbefilms. Der Zeit des Nationalsozialismus widmet Eckardt ein kurzes Unterkapitel, in dem die gesellschaftliche Funktion des Werbefilms deutlicher als bei den anderen Kapiteln herausgestellt wird. Gerade dieser Teil gehört zu den instruktivsten der Publikation. Nach 1933 wird der verbraucheraufklärende Werbefilm zu einem populären Instrument der neuen Machthaber. Trotz des Kriegsausbruchs 1939, der die wirtschaftliche Existenz der Branche bedrohte, konnte die Boehner-Film weiterhin attraktive Aufträge – nun von staatlicher Seite – akquirieren. Zwar ging die Produktion insgesamt zurück. Die Ausfälle seitens der Privatwirtschaft konnten aber durch wirtschaftspropagandistische Aufgaben zum Teil ausgeglichen werden. So produzierte das Unternehmen im Auftrag der Sparkassen eine Reihe von Werbefilmen für das "eiserne Sparen", das der "geräuschlosen Kriegsfinanzierung" dienen sollte. Konsumwünsche der breiten Bevölkerung mussten zeitweilig zurückgestellt werden, um so mehr spielten die Sparkassenwerbefilme mit der Illusion einer kommenden Friedenszeit, in der Konsumbedürfnisse wieder nach Herzenslust befriedigt werden könnten. Daneben erhielt das Dresdner Unternehmen lukrative Aufträge für militärische Lehrfilme oder produzierte so genannte Kulturfilme, die ganz im Sinne nationalsozialistischer Rhetorik deutsche Traditionen, Werte und Landschaften vorstellten.

1945 wurden die Firmeninhaber enteignet. In Hamburg und Erlangen gelang in der Nachkriegszeit der Wiederaufbau des Betriebs. Allerdings verpasste Boehner den Einstieg ins lukrative und zukunftsträchtige Werbefernsehen, das in den 1950er-Jahren – im Gegensatz zur Kinowerbung – ein sprunghaftes Wachstum aufwies. 1967, 41 Jahre nach der Gründung und kurz nach dem Tod des Firmengründers Ludwig Boehner, musste die Firma Konkurs anmelden.

Insgesamt hat die Abhandlung einen ereignisgeschichtlichen Charakter und als Leser hätte man sich eine tief ergehende Analyse der Bilderwelten der Werbefilme und ihrer Funktion gewünscht. Die Werbefilme selber werden mit ihren Inhalten nur kurz angerissen. Den technischen Aspekten des Werbefilms, so scheint es manchmal, wird mehr Gewicht beigemessen als den sozialen, was zumindest aus der Perspektive eines Kulturhistorikers etwas unbefriedigend ist. Hilfreich und gelungen ist die Arbeit von Eckardt dennoch. Sie gibt eine kurze, aber prägnante Einführung in die Geschichte des Werbefilms anhand des Beispiels eines maßgeblichen Akteurs dieser Branche. Die kurzen Referenzen zu den Werbefilmen können immerhin wie ein Wegweiser durch das mehr als 40-jährige Werbefilmschaffen des Unternehmens gelesen werden. Zum anderen listet Eckardt im Anhang einen Großteil der überlieferten Boehner-Filme (rund 300) mit Angaben zum Inhalt, Länge, Regisseur etc. und vor allem zum Verbleib akribisch auf. Die Filmografie erleichtert den Zugriff auf diese kulturhistorisch wertvollen Quellen, die zu einem großen Teil im Bundesfilmarchiv in Berlin lagern. Hauptsächlich handelt es sich hierbei um Sparkassen-Werbefilme, Werbefilme für Konsumgüter wie Zigaretten, Bekleidung, Tee, sächsische Gastronomie- und Hotelbetriebe sowie Einzelhändler (Fachgeschäfte, Kaufhäuser) und bekannte Markenprodukte wie Odol. Daneben befinden sich in dem Bestand Kulturwerbefilme bspw. für Amerikareisen oder deutsche Landschaften (bspw. über das Sudetenland). Ein Quellen- und Literaturverzeichnis rundet die Publikation ab und macht sie zu einem sehr nützlichen Arbeitsinstrument.

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