D. Brunner: Mecklenburg-Vorpommern unter sowjetischer Besatzung

Cover
Titel
Die Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern unter sowjetischer Besatzung 1945 bis 1949. Band 1: Die ernannte Landesverwaltung, Mai 1945 bis Dezember 1946


Herausgeber
Brunner, Detlev; Schoebel, Martin; Röpcke, Andreas
Reihe
Quellen und Studien aus den Landesarchiven Mecklenburg-Vorpommerns 5
Erschienen
Bremen 2003: Edition Temmen
Anzahl Seiten
671 S.
Preis
€ 39,90
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Lutz Priess, Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam

Die Herausgeber und der Bearbeiter des 1998 begonnenen Editionsvorhabens „Landesregierung und Landespolitik in Mecklenburg-Vorpommern in der SBZ/DDR 1945 bis 1952“ des Historischen Instituts der Universität Rostock in Kooperation mit dem Landeshauptarchiv Schwerin präsentieren in der Reihe „Quellen und Studien aus den Landesarchiven Mecklenburg-Vorpommerns“ den ersten von drei geplanten Bänden. Zu Recht verweisen Werner Müller und Andreas Röpke in ihrem Vorwort auf die Pilotfunktion der vorliegenden Edition. Die Dokumentation der Regierungsbildung und –arbeit in der Anfangsphase der Länderneubildung unter sowjetischer Besatzungsmacht zwischen Mai 1945 und Dezember 1946 erschließt zwar „primär die spezifischen Probleme des Landes Mecklenburg-Vorpommern“ (S. 9), schafft damit aber gleichzeitig eine unverzichtbare Grundlage für die vergleichende Analyse mit den anderen Ländern der Sowjetischen Besatzungszone. Vergleichbare Editionen über die Bildung und den Aufbau von Landesregierungen, Landesverwaltungen, Landtagen und deren ersten Schritte sowie von politischen Organisationen liegen für die anderen ehemaligen Länder bzw. Provinzen der SBZ bisher nicht vor.

In der Einleitung gibt Detlef Brunner den gegenwärtigen Erkenntnisstand über die Ausgangssituation bei und nach Kriegsende in Mecklenburg-Vorpommern kurz und präzise wieder. Der Anfang war von zweierlei Besetzung geprägt, amerikanischer bzw. britischer im westlichen und sowjetischer im östlichen Teil Mecklenburgs (S. 11-13). Die Dokumentenedition beginnt demzufolge mit Dokumenten zur Landesverwaltung unter britischer Besetzung ab Mai 1945 und die Vorbereitung zur Errichtung der Landesverwaltung unter sowjetischer Besatzung ab Ende Juni 1945 (Dok. 1-9).

Die Sonderentwicklung einer parallelen Verwaltungssituation war mit der Ernennung der Regierung des neu errichteten Landes Mecklenburg-Vorpommern durch Marschall Shukow am 4. Juli 1945 beendet. Die Bestätigung des Präsidiums der künftigen Landesregierung mit Wilhelm Höcker an der Spitze und die Einweisung in ihre Aufgaben durch den stellvertretenden Chef der SMA Mecklenburg-Vorpommern gilt offiziell als politischer und verwaltungstechnischer Neuanfang nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges im Norden der SBZ (Dok. 11).

Den Verwaltungsaufbau auf kommunaler und regionaler Ebene, den Aufbau und die innere Struktur der Landesverwaltung, die Personalpolitik und Entnazifizierung, charakterisiert Brunner im Rahmen des Besatzungsregimes als „eine Auftragsverwaltung der SMA“ (S. 28). Demzufolge wurden zahlreiche Materialien zur Tätigkeit der SMA, darunter SMA-Befehle, in die Edition aufgenommen (60 von 142 Dokumenten). Sie sind ein beredtes Zeugnis für das Wirken und die umfassende Einflussnahme der Sowjetischen Militäradministration auf die Regierungsarbeit. Brunner zeigt am Beispiel der Eingriffe in die Haushalts- und Finanzplanung des Landes, des seiner Meinung nach am stärksten reglementierten Bereichs der Landesverwaltung (S. 68), dass die SMAD auch Proteste der Landesverwaltung mit Hinweis auf die Folgen für die Not leidende Bevölkerung ignorierte (siehe Dok. 70a – Befehl Nr. 112 des Obersten Chefs der SMAD betr. Bestätigung des Haushaltsplans von Mecklenburg-Vorpommern für das IV. Quartal 1945 vom 25.10.1945). Höckers Kritik an den Kürzungen am Landeshaushalt verhallten ungehört (siehe S. 365f., Fn. 4).

Die Beschreibung des Führungsanspruchs und der Funktion von KPD/SED in allen Fragen des Verwaltungsaufbaus und bei der Gestaltung der Landespolitik begründet auch die Einbeziehung von Dokumenten aus der Parteiüberlieferung (Siehe Dok. 14 u.a.).

Grundlage der Edition sind die zeitgeschichtlichen Bestände des Landeshauptarchivs Schwerin (LHAS) mit Akten zur Tätigkeit der ernannten Landesverwaltung bzw. der ab Dezember 1946 gewählten Landesregierung, einschließlich von Materialien zur Tätigkeit der Sowjetischen Militäradministration Mecklenburg-Vorpommerns sowie die Unterlagen der Landesorganisationen der KPD, SPD und ab April 1946 der SED. Überlieferungslücken konnten z.T. durch Aktenauswertung in Regional- und Bundesarchiven geschlossen werden.

Dem Nutzer der Edition wird eine breite Themenvielfalt der ausgewählten Dokumente zum Regierungs- und Verwaltungshandeln in Mecklenburg-Vorpommern zwischen Mai/Juni 1945 und Dezember 1946 geboten. Aber auch Themen wie Bodenreform und Ablieferungspflicht, Entnazifizierung, Enteignungen in der Wirtschaft und der Umbau des Finanz- und Bankensystems sind in der Edition vielfach dokumentiert. Die 142 Dokumente sind chronologisch angeordnet und mit aussagekräftigen Kopfregesten versehen.

Der Editionsband wird abgeschlossen durch Verzeichnisse der Archivalien, der Periodika, der abgekürzt zitierten Quellen und Literatur, der Abkürzungen sowie neben einem biografischen auch durch ein Orts- und Sachregister. Die editorische Leistung des Bearbeiters erfährt durch die drucktechnisch gelungene Gestaltung des Bandes eine besondere Entsprechung.

Redaktion
Veröffentlicht am
Autor(en)
Beiträger
Redaktionell betreut durch
Klassifikation
Epoche(n)
Region(en)
Mehr zum Buch
Inhalte und Rezensionen
Verfügbarkeit
Weitere Informationen
Sprache der Publikation
Sprache der Rezension