L. Santi Amantini (Hrsg.): Il dopoguerra nel mondo greco

Cover
Titel
Il dopoguerra nel mondo greco. Politica, propaganda, storiografia


Herausgeber
Santi Amantini, Luigi
Reihe
Rapporti interstatali nell'antichità 4
Erschienen
Anzahl Seiten
XI, 99 S.
Preis
€ 60,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Charlotte Schubert, Historisches Seminar, Universität Leipzig

Dieses Buch ist das Ergebnis eines Konferenzzyklus aus den Jahren 2004/5 an der Universität Genua. Die drei hier vorgestellten Beiträge geben einen repräsentativen Ausschnitt aus den dort gehaltenen Vorträgen wieder. In den beiden ersten setzen sich Mauro Moggi und Dino Ambaglio mit den Wirkungen einer Niederlage (Thermopylen, Sizilien) auseinander. Die Untersuchung des Weges, auf dem sich die Niederlage bei den Thermopylen zu einem Sieg wandelt, wird als Rezeptionsphänomen dargestellt. Diese starke Fokussierung auf die historiografische Analyse zeigt sich auch in dem dritten Beitrag von Guido Schepens, der die Sichtweise des Peloponnesischen Krieges vor allem bei den Autoren des 4. Jahrhunderts untersucht.

Im Einzelnen vergleicht Moggi („La battaglia delle Termopili: una sconfitta che vale una vittoria“) die Rezeption der Thermopylenschlacht ausgehend von der Nicht-Erwähnung bei Aischylos über die ausführliche und detailreiche Darstellung bei Herodot bis hin zu Diodor. Nach Moggi hat Herodot die detaillierte Schilderung der Schlacht als Hommage an den Mut Leonidas’ präsentiert. Am chronologisch anderen Ende seiner untersuchten Autorenreihe stehen Diodor, der nach Moggi sogar so weit geht, dass er den Verdienst des Leonidas über den der Gewinner der erfolgreichen Schlachten stellt, und Pausanias, bei dem zu erkennen ist, dass auch die Römer die Schlacht als exemplum virtutis gesehen haben. Moggi zeigt, dass der Beginn der Umwertung der Thermopylenschlacht in Delphi zu suchen sei, wo gleich nach Plataia der panhellenische Plan auf die Tagesordnung gesetzt wurde, um damit die eigene philopersische Einstellung vergessen zu machen. Auch in Sparta hatte man ein Interesse an der Umwertung, da man einen Verlust an Reputation und Ansehen umgehen, aber gleichzeitig das Leitbild des perfekten bis in den Tod der Polis gegenüber loyalen spartanischen Hopliten untermauern konnte.

Im zweiten Beitrag untersucht Delfinio Ambaglio („La spedizione in Sicilia e l’opinione pubblica: un disastro annunciato“) die verschiedenen Stadien, die sich in der öffentlichen Meinung zu der Sizilischen Expedition nachzeichnen lassen. Er berücksichtigt dabei die diversen Diskussionen und Informationen über Orakel, Omen und Zeichen und zeigt vor allem, wie sie im Interesse bestimmter Machtkonstellationen eingesetzt wurden, um in der Öffentlichkeit Fehl- und Falschdeutungen zu lancieren. Im Unterschied zu anderen militärischen Großereignissen hat jedoch gerade diese Sizilische Expedition in der nachkriegsöffentlichen Meinung wenig an Spuren hinterlassen.

Der dritte Beitrag von Guido Schepens („Tucidide ‚in controluce’. La guerra del Peloponneso nella storiografia greca del quarto secolo a.C.“) analysiert, wie im Gegensatz zur thukydideischen Prägung des Bildes vom ‚Peloponnesischen Krieg’ die Autoren des 4. Jahrhunderts sowohl in der Chronologie als auch in der Bewertung etwa der Kapitulation von 404 v.Chr. abweichen: Theopomp etwa hält die Schlacht von Aigospotamoi 405 v.Chr. für das Ende des Krieges, der Autor der Hellenika Oxyrhynchia – nach Schepens Kratipp gegen etwa Bleckmann, der Theopomp für den Verfasser hält – rechnet beim Dekeleischen Krieg von 414/13 v.Chr. an mit einer 12-jährigen Dauer. Insbesondere Ephorus’ Darstellung sei geprägt von einer Perspektive aus der Nachkriegszeit im 4. Jahrhundert, deren Basis die ‚universelle moralische Ordnung’ der koiné eirene gewesen sei. Für Schepens liegt auch der unterschiedlichen Auffassung über die Ursachen und Anlässe, die zum Ausbruch des Peloponnesischen Krieges führten, ein Paradigmenwechsel zugrunde, der in der Phase nach dem Krieg im 4. Jahrhundert zu verorten ist. Abschließend kritisiert Schepens die bislang sehr abschätzige Art, in der man mit der Meinung der Autoren des 4. Jahrhunderts (insbesondere Kratippos und Ephoros) umgegangen sei, und vor allem, dass deren Stimmen etwa bei modernen Autoren wie Kaplan, die sich der thukydideischen Meinung angeschlossen haben, ungehört verhallt sei.

Insgesamt bietet der kleine Band viel an interessanten Einzelperspektiven und -analysen. Es fehlt jedoch eine breitere Kontextualisierung. Denn insbesondere die Zeiten nach dem Krieg zeigen, dass gerade dann innenpolitisch neue Formationen miteinander um die legitime politische Ordnung ringen. In diesem Zusammenhang hätten die hier vorgelegten Einzelstudien durchaus in einen größeren Rahmen eingebunden werden können.

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