Natur- und/versus Geisteswissenschaften

Scharmuetzel und Annaeherungen

In den naechsten Tagen wird das sechste Heft der Gegenworte ausgeliefert. Es beschaeftigt sich mit Verstaendigungsschwierigkeiten zwischen Disziplinen, aber auch zwischen Wissenschaft und Laien, Theorie und Praxis, Gelehrsamkeit und angewandter Forschung.

Wie in den frueheren Heften fuehrt eine Dokumentation in die Debatte ein; der beinahe vergessene ‘Science War’ wird im historischen und sozialen Zusammenhang rekapituliert, ein Gespraech mit dem Physiker Juergen Ehlers und die UEberlegungen zum „Intellectual nomadism“ des Chemikers und Schriftstellers Pierre Laszlo beleuchten den Konflikt aus dem Blickwinkel unkriegerischer Naturwissenschaftler. In der Rubrik ‘Interdisziplinaritaet - ein Handwerk’ berichtet Karl Ulrich Mayer ueber den „eher osmotischen als systematischen“ Prozess der Annaeherung; Herbert Gassert betrachtet die schwierigen Versuche der Grenzueberschreitung als ‘Mann der Wirtschaft’, die ‘Koordinatorin’ Monika Waechter zieht eine Zwischenbilanz. Die schwer ueberbrueckbaren Grenzen verlaufen jedoch nicht nur zwischen Natur- und Geisteswissenschaften, das Thema wird deshalb auch ‘vom Rand’ beleuchtet: Werner Creutziger kommt aus dem ‘alten Haus der Sprache’, Michael Daxner versucht, den Kosovo-Konflikt aus der akademischen Welt heraus zu verstehen, Sonja Puntscher Riekmann bezieht ihr Material aus EU-Europa, Elisabeth Meyer-Renschhausen beleuchtet die Trennmauern aus der Perspektive der Frauenforschung.

Die scharfe Trennlinie zwischen sehr gut und mittelmaessig ausgestatteten Wissenschaftlern animierte Juergen Trabant zu einem Beitrag ueber den Livor academicus, den akademischen Neid. Ein Rekurs auf Immanuel Kants ‘Streit der Fakultaeten’, ein Blick auf den Beginn des Roemischen Rechts, Nachbemerkungen zur Ausstellung ‘Sieben Huegel’ und ‘Fundstuecke’ ergaenzen diese tour d’horizon. Als Portrait wird, dem Schwerpunktthema entsprechend, Niels Birbaumer, medizinischer Psychologe und Hirnforscher vorgestellt.

‘Gegenworte - Zeitschrift fuer den Disput ueber Wissen’ wurde von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften 1998 unter Prof. Dieter Simon gegruendet und erscheint zweimal jaehrlich. Redakteurin ist Hazel Rosenstrauch.

Die Zeitschrift versteht sich als Experiment auf der Suche nach neuen, intelligenten Formen der Vermittlung zwischen den zunehmend schaerfer getrennten Segmenten der Gesellschaft. Gegenworte fragt nach dem Kontext der Wissenserzeugung, in den Heften kommen Wissenschaftler verschiedener Disziplinen und mit unterschiedlichem Status, Natur- und Geisteswissenschaftlerinnen, beruehmte und unbekannte Professoren, Studenten, Journalistinnen, Schriftsteller, Politiker oder Leute aus der Wirtschaft zu Wort.