Dieses Themenheft stellt aktuelle Fragen und Methoden der Geschichtsschreibung über Deutschland im 19. Jahrhundert vor. Der Fokus liegt dabei auf Forschungen zur Geschichte der Politisierung deutscher Staaten und des Kaiserreichs zwischen 1815 und 1900. Die Texte geben einen Einblick in die strukturellen Bedingungen politischer Partizipation und ihre territorialen und gesellschaftlichen Hintergründe. Die politischen Kulturen in den bisweilen fast vierzig deutschen Bundesstaaten und ab 1871 im Kaiserreich waren vielfältig. Möglichkeiten zur politischen Partizipation wurden verlangsamt, unterbrochen oder auch beschleunigt durch politische und militärische Krisen, etwa Kriege und Revolutionen. Die Autoren beleuchten die Repräsentation des Politischen in den zeitgenössischen Medien und analysieren konkrete Praktiken, Handlungsräume und Vorstellungen der Akteure. Die Beiträge vermitteln auf der Basis aktueller Forschungsergebnisse Erkenntnisse darüber, wie man in den deutschen Staaten des 19. Jahrhunderts über Ideen von Demokratie, Staat und Nation sprach und welche Emotionen sich mit der Erwartung, Verweigerung oder Realität politischer Partizipation verbinden konnten. Die hier veröffentlichten Beiträge deutscher und amerikanischer Historiker sind aus einer journée d’étude zum Thema „Politisierung und Demokratisierung in Deutschland im 19. Jahrhundert“ im März 2012 am Deutschen Historischen Institut Paris hervorgegangen.