A. Heinzer: Pfründen, Herrschaft, Gottesdienst

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Titel
Pfründen, Herrschaft, Gottesdienst. Lebenswelten der Mönche und Weltgeistlichen am Kloster und Kollegiatsstift St. Leodegar in Luzern zwischen 1291 und 1550


Autor(en)
Heinzer, André
Herausgeber
Staatsarchiv Luzern
Reihe
Luzerner Historische Veröffentlichungen 45
Erschienen
Basel 2014: Schwabe Verlag
Anzahl Seiten
400 S. mit 25 Abbildungen.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Alois Steiner

Die Untersuchung nimmt ihren Anfang mit dem Jahr 1291, dem Zeitpunkt, als das Kloster Murbach seine herrschaftlichen Rechte in und um Luzern an Habsburg-Österreich verkaufte. Den zeitlichen Abschluss bildet die Mitte des 16. Jahrhunderts zur Zeit des Tridentinischen Konzils.

Ursprünglich kannte die Ordensregel des heiligen Benedikt eine bedingungslose Armut. Jeder Mönch hatte jedoch Anspruch auf Alimentation. Im Verlaufe der Zeit entstand etwa vor dem Ende des 12. Jahrhunderts an den auf alemannischem und rätischem Gebiet in der Schweiz gelegenen Benediktinerklöstern Privateigentum, was eine eindeutige Verletzung des benediktinischen Armutsideals war. Eine Folge davon war die zahlenmässige Beschränkung der vollberechtigten Stellen wie später an den Kanonikerinstituten. Ab 1178 existierte am Kloster Luzern die Pfründe der Leutpriesterei, die nicht von Mönchen besetzt werden musste, später ab 1229 auch die Schulmeisterei. Nachdem König Sigismund auf dem Konzil von Konstanz 1415 die Reichsacht über Herzog Friedrich IV. verhängt hatte, trat die Stadt Luzern bezüglich der Leutpriesterei in die Herrschafts- und Rechtsnachfolge Habsburgs ein. In den Stiftsstatuten wurde eindeutig formuliert: «Eligitur Plebanus Ecclesiae nostrae collegiatae a solo Magistratu Lucernensi». Diese Bestimmung war eine Folge der Umwandlung des Benediktinerklosters St. Leodegar in ein Kollegiatstift des Jahres 1456. Die Propsteiwahl sollte nach der Umwandlung von 1456 durch ebensoviele Angehörige des Kleinen Rates wie des kollegiatsstiftischen Kapitels im Kapitelsaale stattfinden. Der neueingesetzte Propst musste gemäss Papst Sixtus IV. (1471–1484) drei Jahre nach seiner Wahl durch den apostolischen Stuhl bestätigt werden.

Im Spätmittelalter gab es auch am Stift St. Leodegar Bemühungen, die Ämterkumulation zu verhindern, allerdings mit beschränktem Erfolg. Oft wurde die Ämterkumulation angestrebt, um ein Universitätsstudium absolvieren zu können. Bekannt wurde etwa Chorherr Peter Brunnenstein, der promovierte Jurist, der dank einer regen Aktivität in der eidgenössischen Diplomatie 1471/72 zum Propst von St. Leodegar ernannt wurde. Er hatte enge Kontakte zur römischen Kurie, die ihm eine Anwartschaft auf ein Münsterer Kanonikat und gar die Würde auf die Propstei des Pelagiusstiftes in Bischofszell in Aussicht stellte. Diese Ansprüche konnte er jedoch nicht durchsetzen.

Der prominenteste Vertreter eines Karrieristen war wohl Jost von Silenen (1435/ 45–1498). Schon früh trat er dem klösterlichen Noviziat bei; als angehender Kapitular erlebte er den Übergang vom Kloster zum Kollegiatstift. Dann erfolgte das Studium an der Universität von Pavia, einer elitären Studienstätte, hierauf ein Aufenthalt in Rom. Dank Beziehungen zu Kardinal Guillaume d’Estouteville wurde er Propst in Beromünster. Im Vorfeld der Burgunderkriege gewann er als Gegner Karls des Kühnen das Wohlwollen der französischen Krone, die ihm für seine Verdienste den Bischofssitz von Grenoble verlieh. Nachdem er 1482 Bischof von Sitten wurde, verzichtete er auf Grenoble und Beromünster. 1496 floh er vor seinen Gegnern aus dem Wallis und verlor das Bistum an Nikolaus Schiner. Er starb 1498.

Als die Reformation ausbrach, war vor allem Johannes Bodler, von 1504–24 Leutpriester in Luzern, ein entschiedener Gegner der neuen Lehre. Von 1519–25 war er zugleich Dekan des Vierwaldstätterkapitels. Ab 1531 erlangte er die Würde eines Stiftspropsts von St. Leodegar. Sein Nachfolger als Leutpriester wurde Thomas Murner, der 1525 aus dem Elsass vertrieben wurde und im Franziskanerkloster Luzern Zuflucht fand, wo er als Prediger wirkte. 1527–29 amtete er als Leutpriester. Als solcher wurde er seiner heftigen Sprache wegen mit Zürich und Bern in Auseinandersetzungen verwickelt, die ihn zwangen, Luzern zu verlassen. Neben diesen beiden herausragenden Persönlichkeiten blieben die übrigen Chorherren in den Re-ligionskämpfen eher blass. Zwei Chorherren, Jodok Kilchmeyer und Johannes Zimmermann sowie der Schulmeister Oswald Geissbühler, traten zur neuen Lehre über und verliessen Luzern. Am Stift wartete man bis 1531, als wieder neue kirchentreue Chorherren gewählt wurden. Die altgläubig gesinnten Chorherren konnten sich letztlich durchsetzen. Stadt und Kollegiatstift wollten verhindern, dass reformationsfreundliche Kleriker in die Kanonikate gelangen konnten.

Zitierweise:
Alois Steiner: Rezension zu: André Heinzer, Pfründen, Herrschaft, Gottesdienst. Lebenswelten der Mönche und Weltgeistlichen am Kloster und Kollegiatsstift St. Leodegar in Luzern zwischen 1291 und 1550 (=Luzerner Historische Veröffentlichungen 45. Herausgegeben vom Staatsarchiv des Kantons Luzern und vom Stadtarchiv Luzern. Redaktion Franz Kiener), Schwabe Verlag, Basel, 2014. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Religions und Kulturgeschichte, Vol. 108, 2014, S. 564-565.

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