H. Hiller: Staatsmann Arnold Otto Aepli

Cover
Titel
Die Erfindung der Mitte. Staatsmann Arnold Otto Aepli, 1816–1897


Autor(en)
Giller, Hans
Erschienen
St.Gallen 2011: Verlagsgenossenschaft St.Gallen
Anzahl Seiten
88 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Wolfgang Göldi

Hans Hiller (*1927), der bereits 1953 eine ausführliche Dissertation über Arnold Otto Aepli (1816–97) verfasst hat, verfolgt mit seiner knappen, aber informativen Publikation das Ziel, Aepli der Vergessenheit zu entreissen und dem «vielseitige(n) Staatsmann im Bewusstsein der informierten und interessierten Öffentlichkeit wieder einen Platz» zu verschaffen (S. 8).

Der wenig glücklich gewählte erste Teil des Buchtitels assoziiert bereits, warum Aepli in Vergessenheit geriet: Als Mann des Ausgleichs und als Brückenbauer ist er nicht ein Politiker voller Ecken und Kanten wie etwa ein Gallus Jakob Baumgartner, Ulrich Ochsenbein oder Alfred Escher, die alle stark provozierten und Aufsehen erregten. Nichtsdestotrotz gehört der aus der Stadt St.Gallen stammende, auch kirchlich aktive Protestant Aepli zu den Persönlichkeiten der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die die Politik des Kantons St. Gallen, aber auch jene des jungen Bundesstaates mitprägten.

Hiller zeichnet, oft unterlegt durch längere aussagekräftige Zitate, den Lebenslauf und den politischen Werdegang Aeplis nach. Der aus dem gehobenen Bürgertum stammende Jurist ist bereits in den 1840er-Jahren als liberaler Politiker in St. Gallen anerkannt. In rascher Folge wird er in zahlreiche kantonale Ämter gewählt: Von 1847–83 sitzt er im Kantonsrat, 1851–73 im Regierungsrat, 1849–51 sowie 1873–83 im Kantonsgericht. 1849 erfolgt seine Wahl in den Ständerat, dem er mit Unterbrüchen bis 1872 angehört. Von 1872–83 wirkt er im Nationalrat, 1857–66 amtet er als Bundesrichter.

Er ist 1852 Wortführer in Bern beim Erlass der Sonderbundskriegsschuld. Als Vertrauensmann des Bundesrats vermittelt er 1858 in Genf, 1860 im Savoyerhandel, 1862–70 im Grenzkonflikt zwischen den beiden Appenzell sowie 1884 in der Tessiner Bistumsfrage. Wie seine Landsleute Baumgartner und Johann Matthias Hungerbühler fördert er den Eisenbahnbau in der Ostschweiz, ohne aber der Ostalpenbahn zum Durchbruch verhelfen zu können. Von 1883–93 vertritt er, der auch international über ein Beziehungsnetz verfügt, als Gesandter die Schweiz in Wien, Belgrad und Bukarest. Die Wahl in den Bundesrat bleibt ihm versagt, da die St.Galler radikalen Parteiführer den gemässigten Liberalen und auf Ausgleich bedachte Aepli – er wirkt auch mässigend während des Kulturkampfs – nicht unterstützen.

Bleibende Verdienste für seinen Heimatkanton erwirbt sich Aepli mit der Ausarbeitung und Durchsetzung der Kantonsverfassung von 1861, die eine Milderung des gehässigen Parteiengegensatzes zwischen Liberal-Radikalen und Konservativen bringt und damit dem Kanton zu politischer Stabilität und wirtschaftlichem Wachstum verhilft. Der von Aepli ausgehandelte Staatsvertrag von 1892 mit Österreich über die Rheinregulierung bändigt mit den geplanten Durchstichen bei Fussach und Diepoldsau den Rhein und stoppt dessen verheerende Überschwemmungen. Ergänzt wird die biographische Skizze im Anhang durch eine reiche Bebilderung, eine umfangreiche Zeittafel und Kurzbiographien von Zeitgenossen Aeplis.

Hiller gibt sich klar als Bewunderer Aeplis zu erkennen, ohne ihn aber zu idealisieren. Aepli, dessen umfangreicher Nachlass in der Kantonsbibliothek Vadiana liegt, gehört mit seinem stupend breiten und vielfältigen Wirken zweifellos zu den wichtigsten Schweizer Protagonisten der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Zitierweise:
Wolfgang Göldi: Hans Hiller: Die Erfindung der Mitte. Staatsmann Arnold Otto Aepli, 1816–1897. St.Gallen, VGS Verlagsgenossenschaft St.Gallen, 2011. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte Vol. 63 Nr. 1, 2013, S. 146-147.

Redaktion
Autor(en)
Beiträger
Zuerst veröffentlicht in

Schweizerische Zeitschrift für Geschichte Vol. 63 Nr. 1, 2013, S. 146-147.

Weitere Informationen
Klassifikation
Epoche(n)
Region(en)
Thema
Mehr zum Buch
Inhalte und Rezensionen
Verfügbarkeit