U. Amacher: Barocke Körperwelten

Titel
Barocke Körperwelten. Wie Ritter Heinrich Damian Leonz Zurlauben die Katakombenheilige Christina von Rom nach Zug brachte


Autor(en)
Amacher, Urs
Erschienen
Olten 2010: Selbstverlag
Anzahl Seiten
59 S.
Preis
ISBN
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Georg Modestin, Bern

Ob vom Verfasser so beabsichtigt oder nicht, der Titel seiner Broschüre, die auf einen in Zürich gehaltenen Vortrag zurückgeht, weckt Assoziationen an die Ausstellungen des umstrittenen Plastinators Gunther von Hagens. Wird in dessen «Körperwelten» das Innerste nach aussen gekehrt, so geht es im barocken Pendant um eine weitaus subtiler anmutende Form der Zurschaustellung, bei welcher der auf das Skelett reduzierte und darum transparent wirkende Heiligenkörper mit Schmucksteinen und kostbaren Gewändern aufwendig verhüllt wurde. In seiner auf eingehenden Archivstudien fussenden Falldarstellung zeichnet Urs Amacher die Translation der römischen Katakombenheiligen Christina nach Zug nach, wo die Ganzkörperreliquie in der Sankt-Oswalds-Kirche über dem Jakobsaltar zu sitzen kam. An Festtagen wurde die Altartafel geöffnet und die thronende frühchristliche Heilige den Gläubigen zu deren inneren Erbauung präsentiert. Bevor es aber dazu kommen konnte, bedurfte es der persönlichen Initiative des Zuger alt Stadtschreibers Heinrich Damian Leonz Zurlauben, der die Christina-Reliquie 1726 in Rom erwarb, und derjenigen seines Bruders, des Geistlichen Beat Jakob Anton Zurlauben, der die Knochen auf eigene Kosten herrichten und verzieren liess und die feierliche Prozession organisierte, in der die Heilige am 31. August 1727 an ihren Bestimmungsort überführt wurde. Jeder Schritt dieser beiden Protagonisten wird vom Autor minutiös rekonstruiert, von den Demarchen Heinrich Damian Leonz Zurlaubens an der Kurie, die in der Hebung und Authentifizierung der Gebeine mündeten, bis zu den Verhandlungen Beat Jakob Anton Zurlaubens mit den Zuger Stadtvätern, die sich aus Furcht vor Folgekosten zunächst geziert hatten, die geschenkte Katakombenheilige anzunehmen. Lässt die quellengesättigte Rekonstruktion der Ereignisse kaum Fragen offen, so hätte man gern etwas mehr darüber erfahren, wie sich die Überführung der Christina nach Zug in die Zurlaubschen Familienstrategien einfügte. Jedenfalls fällt auf, dass Heinrich Damian Leonz Zurlauben, wie vom Autor angemerkt, einige Zeit vor seiner Italienreise «schimpflich aus dem Amt als Zuger Stadtschreiber entfernt» worden war (S. 5) und deshalb eine Neuorientierung vornehmen musste.

Zitierweise:
Georg Modestin: Rezension zu: Urs Amacher: Barocke Körperwelten. Wie Ritter Heinrich Damian Leonz Zurlauben die Katakombenheilige Christina von Rom nach Zug brachte. Olten, [s.n.], 2010. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte Vol. 62 Nr. 3, 2012, S. 502-503

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Zuerst veröffentlicht in

Schweizerische Zeitschrift für Geschichte Vol. 62 Nr. 3, 2012, S. 502-503

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