H.-A. Koch: Die Universität

Cover
Titel
Die Universität. Geschichte einer europäischen Institution


Autor(en)
Koch, Hans-Albrecht
Erschienen
Darmstadt 2008: Primus Verlag
Anzahl Seiten
320 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Sebastian Brändli

Die Verlockung war gross. Ein Werk eines Literaturwissenschaftlers, der sich in einem schön aufgemachten Buch mit der Universität als europäische Institution auseinandersetzt, muss gelesen werden, ergeben doch gerade philologische Aspekte möglicherweise eine Erweiterung des Bildes dieser Einrichtung, der in den letzten Jahren eine Fülle von Veröffentlichungen gewidmet wurde. Eine erste Enttäuschung war die Rezension in der «Neuen Zürcher Zeitung» im vergangenen Sommer, die ziemlich kritisch ausfiel. Dennoch habe ich mich – sozusagen aus thematischer Neugierde heraus – zur Lektüre entschlossen. Doch leider wurde diese Motivation nicht belohnt, denn das Buch fordert zur Kritik geradezu heraus. Der Autor ist zwar belesen, weiss viel und schreibt es auch, doch nur schon der Aufbau des Buches, die Auswahl der Themen und die gewählten Titel sind unsystematisch und lassen viele Fragen offen.

Eine erste Problematik ist der Aufbau des Buches. Eine europäische Institution über acht Jahrhunderte bräuchte zur Darstellung eine transparente Strukturierung, insbesondere auch über die Abgrenzung zu nicht behandelten Aspekten. Zwar sind die Beschreibungen der Anfänge bereits so kanonisiert, dass auch Koch dem bekannten Schema von Bologna und Paris folgt, wenngleich er in der «Vorgeschichte» und vor allem auch im unüblichen Kapitel über «Gelehrten Unterricht im Byzantinischen Reich» mit mehreren Feststellungen Innovatives bietet. Doch dann verliert sich leider ein erkennbarer Aufbau, indem mehr und mehr Deutschland für ganz Europa herhalten muss, jedenfalls nicht begründet wird, weshalb nun plötzlich französische, spanische oder italienische Entwicklungen praktisch unberücksichtigt bleiben. Wenn dann doch punktuell nicht-deutsche Entwicklungen verfolgt werden, so wird auch dies in der Regel nicht begründet.

Eine zweite Problematik ist der Text selber. Gerade von einem Literaturwissenschaftler hätte man eine stringente Leserführung erwartet, bei der Fakten und Argumentation unterscheidbar dargestellt werden, und bei dem Titel und Textinhalt möglichst übereinstimmen. Leider wird keine dieser Erwartungen erfüllt. Dort, wo die Darstellung in Zeitgeschichte übergeht, droht die Darstellung zudem zum Manifest gegen moderne Entwicklungen der Universität, insbesondere auch gegen «Bologna» umzuschlagen.

Positiv zu vermerken sind dann aber tatsächlich Textpassagen, die dem Philologen geschuldet sind. So sind dem Einsatz von Latein beziehungsweise Landessprachen mehrere Kapitelchen und Abschnitte gewidmet; diese rücken den Einsatz der Nationalsprachen teils zeitlich nach vorne und erklären den Wandel insgesamt besser als andere Studien. Ebenfalls spannend sind die Ausführungen zur «Universität als Thema der Literatur». Und interessant sind auch die teils wohl autobiographischen Einsichten in die Reformuniversität im Rahmen von 1968. – Eine Studie, die den gewählten Titel verdiente, hat der Autor nicht vorgelegt. Einzelne Passagen sind indessen innovativ und neu, und so ist dem Buch doch eine kritische Leserschaft zu wünschen.

Zitierweise:
Sebastian Brändli: Rezension zu: Hans-Albrecht Koch: Die Universität. Geschichte einer europäischen Institution. Darmstadt, Primus-Verlag, 2008. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 59 Nr. 3, 2009, S. 383-384.

Redaktion
Zuerst veröffentlicht in

Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 59 Nr. 3, 2009, S. 383-384.

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