J. Engeli: Frankreich 1940

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Titel
Frankreich 1940. Wege in die Niederlage.


Autor(en)
Engeli, Jacques
Erschienen
Baden 2005: Baden-Verlag
Anzahl Seiten
643 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Walter Troxler

Der Autor Jacques Engeli, Jurist und ehemaliger Bataillonskommandant, analysiert und beschreibt nüchtern und sachlich das Geschehen, das 1940 zur Niederlage Frankreichs geführt hat. Nach der Einbettung des Themas in den heutigen Forschungsstand wird ein erster Abschnitt der politischen Vorgeschichte gewidmet. Durch den Diktatfrieden von Versailles versuchte Frankreich sich für die Schmach von 1870/71 zu rächen. Es folgte eine erfolglose Phase der versuchten Verständigung mit dem Erzrivalen, die ab etwa 1935 wieder verstärkt in Konfrontation umschlug. Der französischen Politik, geprägt von 42 Regierungen in 20 Jahren, fehlte im Innern die Kontinuität und gegen aussen die klar definierte eigene Position. Die Militärpolitik war geprägt von der Reorganisation der Armee 1927/28, den milliardenschweren Krediten für den Bau der Maginotlinie sowie den endlosen Diskussionen um Art und Zahl der einzuführenden Panzer.

Der zweite Abschnitt befasst sich detailliert mit den militärischen Vorbereitungen der Franzosen. Die strategischen Pläne waren bis 1924 von Offensiven geprägt, wurden dann vermehrt nach der Defensive ausgerichtet und schliesslich gab es nichts anderes als die Defensive, wobei die Vorstösse nach Belgien (hypothèse B) und der Schweiz (hypothèse H) als Vorverlegung der Abwehr verstanden wurden. Mit verschiedener Gewichtung ging es darum, das heimatliche Territorium ab der Grenze zu schützen, Mobilmachung und Aufmarsch der Armee sicherzustellen und schliesslich die Verteidigung an der Grenze zu führen.

Das 360 km lange Zentrum der Maginotlinie wurde später gegen Norden und Süden zum «front continu» auf 1000 km erweitert. Da selbst die grossen finanziellen Mittel nicht ausreichten, wurden viele Abschnitte wesentlich schwächer ausgebaut. Verhängnisvoll wirkte sich dies vor allem dort aus, wo das Gelände als für moderne Gegner «unpassierbar» deklariert worden war. Die an sich gut ausgerüstete Armée de terre wurde zum Kampf in der Linie gezwungen, und so ging jeglicher Offensivgeist verloren.

Der dritte Abschnitt zeigt die eigentliche Niederlage, die der Autor primär in drei Bereichen lokalisiert. Politisch-militärisch lag das Versagen in der Passivität gegenüber Deutschlands Aggressionen z.B. im Falle der Besetzung des Rheinlandes, bei der Konferenz von München und beim Überfall auf Polen. Rein militärisches Versagen findet sich in falschen Annahmen, beispielsweise dass der Angriff von Norden komme und die Ardennen unpassierbar seien. Die rein defensiv orientierte Armee verzettelte ihre Kräfte auf die ganze Front, setzte die Reserven für einen wirkungslosen Stoss nach Belgien ein.

Wesentlichen Anteil an der Niederlage sieht der Autor in der militärischen Führung. Sie hielt an ihrer Feindannahme und der daraus abgeleiteten defensiven Strategie fest. Kritische Fragen waren in diesem Bereich ebenso unerwünscht wie in der Panzerfrage. Das Festhalten an der Defensive war systemimmanent, neue militärische Impulse wurden nicht umgesetzt. Beim Eintreten des Ernstfalls wurden die vorhandenen Mittel falsch eingesetzt, z.B. Reserven für den Stoss nach Belgien oder der dezentrale Einsatz der Panzer.

Ein Volk, das sich gegen den Krieg stellt, Politiker, die mehr blockieren als entscheiden, und schliesslich Generäle, die keine zukunftsträchtige Vision haben, das zusammen führte damals und würde auch heute wiederum zu einer politischen und militärischen Niederlage des Staates führen.

Zitierweise:
Walter Troxler: Rezension zu: Jacques Engeli: Frankreich 1940. Wege in die Niederlage. Baden, Baden-Verlag, 2005. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 56 Nr. 2, 2006, S. 240-241.

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Zuerst veröffentlicht in

Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 56 Nr. 2, 2006, S. 240-241.

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