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H-Soz-Kult
 

Das Historische Buch 2003

Alte Geschichte
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Zeitgeschichte
Europäische Geschichte
Außereuropäische Geschichte
Offene Kategorie
Religion und Gesellschaft
World history
Thematischer Schwerpunkt 2005
Publikumspreis

Zeitgeschichte

1. Rang (43 Punkte, 10 Voten)

Jarausch, Konrad R.; Geyer, Michael: Shattered Past: Reconstructing German Histories. Princeton 2003.

With Shattered Past, Konrad Jarausch and Michael Geyer have produced a work that will be of enduring value to scholars and students of Germany's twentieth century. Their central contention is that there is no "master narrative" appropriate to understanding Germany's tumultuous recent past. Instead, the authors see it as a landscape fractured both literally and figuratively and marked by multiple intersecting narratives "revolving around a central problem--fundamentally, the extraordinary difficulty of an emergent nation in finding a way of living together, in generating a civic culture to unite a diverse society, and in developing viable forms of participatory and peaceful politics". http://www.h-net.org/reviews/showrev.cgi?path=219971064...


 

2. Rang (34 Punkte, 7 Voten)

Lindenberger, Thomas: Volkspolizei. Herrschaftspraxis und öffentliche Ordnung im SED-Staat 1952-1968. Köln 2003.

Das Bild von den gutmütig-gestrengen Vopos, die etwa im "Polizeiruf 110", dem "Tatort" des DDR-Fernsehens, im knatternden Wartburg Jagd auf Kleinkriminelle machen, die den Begriff des Volkseigentums zu großzügig auslegen, gehört zur Folklore der DDR-Identität, die sich in den siebziger und achtziger Jahren ausbildete und heute Ostalgie heißt.
Der Realität entsprach dieses Bild nie. Die Volkspolizei war von Beginn an zuerst Instrument der politischen Umerziehung und Machtausübung, zumal im Alltag und "vor Ort". Erst in zweiter Linie verstand sie sich als Polizei im klassischen Sinne. Die ideologisch gefärbte Hoffnung auf ein Absterben der Kriminalität in einer sozialistischen Gesellschaft erfüllte sich freilich nicht. Ironischerweise produzierte die Politik der Partei oft erst jene vermeintliche Kriminalität, mit deren Bekämpfung sich die Volkspolizei überfordert sah, wie Lindenberger, gestützt auf die regionalen Akten des Bezirks Potsdam, in zwei umfangreichen Kapiteln am Beispiel der gewaltsamen Kollektivierung der Landwirtschaft und des Umgangs mit jugendlichen Subkulturen nachweist.
http://www.frankfurter-rundschau.de/ressorts/kultur_und...

Lindenbergers sozialgeschichtlich orientierte Untersuchung über die Volkspolizei der fünfziger und sechziger Jahre beleuchtet viele Facetten der konkreten Polizeiarbeit in der DDR. [..] Erschöpfend hingegen werden die gesetzlichen Grundlagen der volkspolizeilichen Tätigkeit, die Polizeiarbeit auf dem flachen Land und die Bekämpfung des "Rowdytums" in den sechziger Jahren abgehandelt. Letzteres kann übrigens als Beitrag zu einer gesamtdeutschen Polizeigeschichte gelesen werden. Das polizeiliche Problem der "Gammler" und "langhaarigen Affen" wanderte seinerzeit nämlich vom Westen in den Osten ein.
Jochen Staadt in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.03.2004, Nr. 54 / Seite 7


 

3. Rang (25 Punkte, 6 Voten)

Berg, Nicolas: Der Holocaust und die westdeutschen Historiker. Erforschung und Erinnerung. Göttingen 2003.

"Wo es mit dem Nationalsozialismus anfängt, ändert sich die Diktion." So fasste Martin Broszat 1981 den Gegensatz zwischen einer historiografischen Tradition des Verstehens, die auf Legitimation des "geschichtsmächtig Gewordenen" angelegt war, und einer "resolut selbstkritischen Zeitgeschichtswissenschaft" in den 50er-Jahren zusammen, die sich gegen die anfängliche "Verinnerlichungs-Strömung" in der westdeutschen Historiografie zu etablieren vermochte. [...] Was hier als eindeutiger Bruch postuliert wird, will Nicolas Berg mit seiner Freiburger Dissertation in Frage stellen und stattdessen den Blick auf Kontinuitäten lenken. Habbo Knoch für H-Soz-Kult

Irgendwann einmal, in ein oder zwei Historikergenerationen, wenn die historiografische Forschung zur Zeitgeschichte der Bundesrepublik auch die Neunziger-Jahre und die Gegenwart mit in den Blick nimmt, wird wahrscheinlich auch Nicolas Bergs Studie der Forschung zur Quelle. Eventuell geht diese zukünftige Forschung dann davon aus, "daß sich die Erinnerung auch ohne willentliche Zustimmung in die Geschichtswissenschaft hinein verlängert, sei es in ihren Ausgangsfragen oder allgemein in ihrem Erkenntnisinteresse, sei es in den Begriffen, die sie benutzt, oder in den Themen, die sie zu bearbeiten wichtig findet" (Berg, S. 565). Vielleicht erfahren wir bei der Gelegenheit dann mehr über die eigene Zeitgebundenheit und den Impetus hinter den Erkenntnisinteressen auch dieses Buches. Astrid M. Eckert für H-Soz-Kult


 

4. Rang (21 Punkte, 4 Voten)

Sachse, Carola: Der Hausarbeitstag. Gerechtigkeit und Gleichberechtigung in Ost und West 1939-1994. Göttingen 2003.

Eine 500-seitige Untersuchung "Der Hausarbeitstag" legt, so geziemt es sich für eine Habilitation, in extensiver Detailfreude dar, wie ein Versuch, familiären Bedürfnissen in Betrieben Raum zu geben, zerfleddert wurde. Der Hausarbeitstag, ein Relikt aus nationalsozialistischen Tagen, berichtet die Soziologin Carola Sachse, wurde in unserer Nachkriegsgesellschaft, in Ost wie in West, weitergepflegt: ein Tag pro Woche oder alle 14 Tage, zur Haushaltsführung freigegeben. Offensichtlich war damals, dass weder die große Wäsche noch das Einkaufen nebenbei zu erledigen war. Sachse protokolliert die Anträge, Gerichtsverfahren, Einsprüche auf jenem Kampffeld, auf dem verhandelt wurde: Wer kriegt den Tag? Und: Ist er bezahlt? Carola Sachse erzählt, [...], die Geschichte eines Scheiterns. Wo nie ganz geklärt wird, was Hausarbeit jenseits der Geschlechterfrage ist, ob sie allein bei Frauen anfällt oder nur bei Müttern, reine Ehegattinnen-Aufgabe oder doch auch bei alleinerziehenden Vätern zu bewältigen ist, da fehlen die Instrumente, mit denen diese Arbeit als gesellschaftlich relevante Tätigkeit verteidigt werden könnte. http://www.zeit.de/2002/47/SM-Hochschild


 

5. Rang (20 Punkte, 5 Voten)

Sabrow, Martin; Jessen, Ralph; Große Kracht, Klaus (Hg.): Zeitgeschichte als Streitgeschichte. Grosse Kontroversen seit 1945. München 2003.

Während man sich vom Hype gegenwärtiger Debatten manchmal genervt abwendet, wird man durch die Lektüre des vorliegenden Sammelbandes eines Besseren belehrt: Zeithistorische Kontroversen scheinen für die Weiterentwicklung der Forschungslandschaft sowie für eine demokratische Gesellschaft von unschätzbarem Wert zu sein. "Zeitgeschichte als Streitgeschichte" bietet keine bahnbrechend neuen Erkenntnisse, ist aber ein lesenswerter Querschnitt durch weiter zurückliegende und aktuelle Kontroversen. Sabine Moller für H-Soz-Kult

Das Kennzeichen unserer Zeit, so schrieb der britische Historiker Eric Hobsbawm einmal, sei das Gefühl einer permanenten Gegenwart, der jegliche organische Verbindung zur Vergangenheit fehle. Trotzdem ist die Geschichte in den letzten Jahren wieder sehr präsent. Historisches im Film, Fernsehen, Museen und Feuilletons - all dies findet den Weg in die Öffentlichkeit und wird begierig konsumiert. Ob dieses historische Interesse mit dem Bedürfnis nach kollektiver Identitätskonstruktion zusammenhängt oder lediglich eine kompensatorische Funktion in Zeiten beschleunigten Wandels besitzt, darüber ist man uneins. Die Historiker neigen dazu, ihre eigene Rolle und die Bedeutung ihrer Debatten zu überschätzen. Dies dokumentiert auch dieser Sammelband, hervorgegangen aus einer Tagung des Potsdamer Zentrums für zeithistorische Forschung. http://www.das-parlament.de/2004/11/DaspolitischeBuch/0...html