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H-Soz-Kult
 

Das Historische Buch 2003

Alte Geschichte
Mittelalterliche Geschichte
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Zeitgeschichte
Europäische Geschichte
Außereuropäische Geschichte
Offene Kategorie
Religion und Gesellschaft
World history
Thematischer Schwerpunkt 2005
Publikumspreis

Alte Geschichte

1. Rang (77 Punkte, 10 Voten)

Winterling, Aloys: Caligula. Eine Biographie. München 2003.

Aloys Winterling hat die kurze Herrschaft des römischen Kaisers Caligulas (37 - 41 n. Chr.) vor dem Hintergrund politischer, gesellschaftlicher, kultureller und religiöser Entwicklungen dargestellt. Geschichte wird hier nicht aus der Schlüssellochperspektive geschrieben. Dafür erhält der Leser eine faszinierende Analyse der Sozialgeschichte und Herrschaftspraxis der ersten Jahrzehnte der römischen Kaiserzeit. Winterlings brillantes Portrait des jungen Kaisers ist zugleich eine spannende Lektion in althistorischer Quellenkritik, die Caligula von dem Vorwurf des "Cäsarenwahns", den ihm hasserfüllte antike Autoren anhängten, überzeugend rehabilitiert. Seinen scheinbar planlosen, aberwitzigen Handlungen wird ein Sinn gegeben: die Zerstörung der aristokratischen Gesellschaft. Aus dem vermeintlich verrückten Ungeheuer wird ein rational handelnder Zyniker der Macht. Stefan Rebenich

Winterlings Studie ermöglicht sowohl Fachleuten als auch einem breiteren Publikum einen hochinteressanten Blick auf den römischen Kaiser Caligula und auf die frühe römische Kaiserzeit. Die antiken Quellen und ihnen folgend gern auch die moderne Literatur haben Caligula geradezu als Verkörperung des Caesarenwahnsinns gezeichnet. Winterling zeigt jedoch überzeugend auf: Wahnsinn im medizinischen Sinn lassen die Taten des Kaisers nicht erkennen. Sie sind vielmehr in Bezug zu setzen zu den Kommunikationsstrukturen zwischen Princeps und römischer Aristokratie wie Augustus sie etabliert hat. [..] Caligulas zwangsläufiges Scheitern führt dazu, daß dieser Kaiser als wahnsinniges Ungeheuer in die Geschichte eingeht.
Das Buch ist ein Beispiel für die Fähigkeit des Autors Analysen politischer Kommunikationsformen auch für ein breiteres Publikum fesselnd zu vermitteln.
Tanja S. Scheer

Das Buch macht deutlich, daß die Herrschaftskonzeption Caligulas zu seiner Zeit noch keine realisierbare Alternative darstellte und den Kaiser in wachsende Isolation führte. Es läßt jedoch auch erkennbar werden, daß die scheinbar irrationalen Handlungen des Herrschers sich zu einem sinnhaften Gesamtkonzept fügen, und daß in der permanenten Bedrohung des Kaisers durch senatorische Verschwörungen ein plausibles Motiv für die folgenschweren Reaktionen Caligulas zu suchen ist. Insofern liegt der besondere Wert dieses Werkes nicht nur in einer grundlegenden Neubewertung der Person Caligulas, sondern vor allem in der überaus nuancierten und plastischen Rekonstruktion der spezifischen Funktionsmechanismen des römischen Kaisertums. Claudia Tiersch

Winterling ist mit seiner Monographie eine hervorragende und fesselnde Darstellung der vielschichtigen Persönlichkeit Caligulas gelungen, die sowohl für Historiker als auch für Laien eine spannende Lektüre bietet. Seine Biographie ersetzt durch konsequente Quellenkritik das Bild des Monsters durch das eines durchaus überlegt handelnden Machtmenschen, der mit brutalen Mitteln das Kaisertum auf eine neue Grundlage stellen wollte. Er entwirft dabei zugleich ein überzeugendes Bild der Position der Senatselite und ihres Wechselspiels mit dem Monarchen in der Zeit der frühen julisch-claudischen Dynastie und veranschaulicht so den Prozeß der Festigung der neuen Herrschaftsform. Udo Hartmann für H-Soz-Kult


 

2. Rang (50 Punkte, 10 Voten)

Flaig, Egon: Ritualisierte Politik. Zeichen, Gesten und Herrschaft im Alten Rom. Göttingen 2003.

Das "Politische unter dem Aspekt der Ritualität" zu betrachten, stellt - wie Flaigs innovatives und engagiertes Buch belegt - einen äußerst lohnenden Ansatz dar, der geeignet ist, unser Bild von antiken Gesellschaften und ihren Funktionsweisen entscheidend zu verändern. Egon Flaig macht es seinem Leser nicht immer leicht, bietet ihm aber eine Fülle von neuen Aspekten, Fragestellungen und Methoden; konsequent und auf breiterer Basis angewendet, besitzen sie das Potential, die Alte Geschichte mehr noch als bisher der interdisziplinären und vergleichenden Forschung zu öffnen. Christian Reitzenstein-Ronning für H-Soz-Kult


 

3. Rang (31 Punkte, 6 Voten)

Leppin, Hartmut: Theodosius der Grosse. Darmstadt 2003.

Hartmut Leppin hat ein Buch über Theodosius den Großen geschrieben, das gut lesbar ist und sich für interessierte Laien und Fachhistoriker gleichermaßen zur Lektüre eignet. Über die Anmerkungen am Ende des Buches ist leicht ein tieferes Eindringen in die Forschungsliteratur möglich, denn der Autor verzeichnet nahezu stets die jüngste Monografie bzw. den jüngsten Aufsatz zum gerade angeschnittenen Thema, auf dessen Basis dann weiterrecherchiert werden kann. An mehreren Stellen führt Leppin exemplarisch Quelleninterpretationen vor, die - wie eingangs vom Herausgeber gefordert - Einblick in die "Werkstatt" des Historikers vermitteln und auch auf diese Weise den Brückenschlag zwischen Fachwissenschaft und interessierter Leserschaft schlagen. Timo Stickler für H-Soz-Kult


 

4. Rang (20 Punkte, 3 Voten)

Meier, Mischa: Das andere Zeitalter Justinians. Kontingenzerfahrung und Kontingenzbewältigung im 6. Jh. n.Chr. Göttingen 2003.

Am Ende seiner umfangreichen Habilitationsschrift, [..], druckt Mischa Meier eine tabellarische Liste mit 113 "Katastrophen" im oströmischen Reich zwischen 500 und 565 n.Chr. ab. Unter dem Jahr 536/37 findet sich folgender Eintrag: "Sonne und Mond verfinstern sich monatelang nach einem (unbekannten) Vulkanausbruch oder einem Asteroiden- bzw. Kometeneinschlag, der auch Auswirkungen auf Klima und Ernte hat ...". Für die Jahre 541/42 werden eine Flutwelle an der thrakisch-pontischen Küste, eine in Ägypten entstehende und sich nach Konstantinopel ausbreitende Pestwelle, ein schweres Erdbeben in Konstantinopel und in der Folge eine Hungersnot notiert (S. 663f).
Diese Ereignisse bilden den zentralen Ausgangspunkt für M.s Thema, nämlich die Wechselwirkung zwischen Naturereignissen und der Reaktion und Verarbeitung durch die Menschen Mitte des 6. Jh. n.Chr. zu untersuchen.
http://www.plekos.uni-muenchen.de/2003/rmeier.html

Meiers beeindruckende Studie, [...], ist ein großer Wurf: Die Fragestellungen sind ebenso innovativ wie aufschlußreich. Die Argumentation baut auf detaillierten, breitgefächerten Forschungen auf, ist von einer bemerkenswerten Kenntnis der Quellen und der Forschungsliteratur geprägt und läßt sich - u.a. aufgrund der ausführlichen Quellenzitate im Text, die immer auch in Übersetzung geboten werden - gut nachvollziehen. Schließlich sind die Folgerungen gut begründet und vielfach überzeugend. [...] Meier bereichert die Forschung zu Justinian, die nun sicher geglaubte Positionen aufgeben, berichtigen oder kritisch überprüfen muß, um eine in vielen Punkten überzeugende Interpretation sowie um zahlreiche neue Impulse und stellt damit ein hervorragendes Beispiel für den erkenntnisfördernden Beitrag neuer Ansätze in der althistorischen Forschung dar. Andreas Goltz für H-Soz-Kult


 

5. Rang (13 Punkte, 2 Voten)

Radt, Stefan (Hg.): Strabons Geographika. Bd. 1-2. Text und Übersetzung. Göttingen 2002/3.

Ich habe lange geschwankt, ob ich A. Winterlings "Caligula" oder St. Radt Neuedition (mit deutscher Übersetzung) der "Geographika" Strabons zu meinem Favoriten machen sollte. Ich habe mich dann doch für Radts Strabon-Edition entschieden, da sie fraglos zu den wichtigsten Neueditionen eines antiken Textes in den vergangenen Jahrzehnten zu zählen ist. Mit dieser Strabon-Ausgabe, die das Lebenswerk Radts darstellt, wird eine völlig neue Grundlage für die Beschäftigung mit diesem zentralen Werk der Antike geschaffen. Peter Funke

A final verdict on the critical edition as a whole must, of course, depend on the publication of the next three volumes of text and translation. [...] The process of publication of the entire ten volumes will span the next ten years. What is under review here is, therefore, only the tip of the iceberg. However, it is enough to predict that the series as a whole is destined for widespread usage among all the myriad types who use Strabo's text either as an adjunct to their studies or as the main focus of their research. http://ccat.sas.upenn.edu/bmcr/2003/2003-07-08.html