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H-Soz-Kult
 

Das Historische Buch 2009

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Außereuropäische Geschichte

Essay von Thoralf Klein für H-Soz-Kult

1. Rang

Moses, Anthony Dirk (Hg.): Empire, colony, genocide. Conquest, occupation, and subaltern resistance in world history. New York, NY [u.a.] 2008.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die (staats)philosophischen Ansichten von zeitgenössischen Kritikern kolonialistischen Gebarens […] sind zwar seit langem bekannt. Dennoch leistet das vorliegende Buch einen wichtigen Beitrag zur Diskussion über methodische und konzeptionelle Grundlagen des Genozid-Begriffes, indem es den Genozidbegriff begriffshistorisch besser verankert, als das in den Genocide Studies bis anhin der Fall gewesen ist. Zu oft wurde bisher Raphael Lemkin als der Übervater des Konzeptes angesehen. […] „Empire, Colony, Genocide“ beweist, dass Lemkins Genozidbegriff nicht autopoietischen Ursprunges ist – sondern dass er bis dato nur nicht treffend verbalisiert worden ist. […]. Zweitens fügt sich der Band in die neuen Entwicklungen in den Genocide Studies ein, die den Blick vermehrt auf Entwicklungen von unten richten (Genocide from Below), indem sie die „men on the spot“ in den Fokus nehmen. Drittens fallen einige Beiträge mit gewagten Aussagen und unkonventionellen Herangehensweisen an das Thema auf. Der Sammelband ermutigt, wissenschaftliche Scheuklappen abzulegen. Mathias Gsponer für H-Soz-Kult

Der Band zeichnet sich insgesamt durch eine Verbindung von konzeptuell-analytischen Beiträgen und oft innovativen empirischen Studien aus. A. Dirk Moses als spiritus rector des Unternehmens, der immer wieder zitiert wird, gibt auf fast 50 einleitenden Seiten einen gelungenen und behutsamen Aufriss des Forschungsrahmens, aber auch mindestens ein halbes Dutzend von ausgewiesenen Protagonisten der Debatte argumentieren in diesem Band analytisch und zum Teil skeptisch. […]Es ist ein ungemein anregender Band entstanden, der empirisch jedoch nur Tupfer setzen kann - markante Tupfer sind das allemal.
Jost Dülffer (sehepunkte)
http://www.sehepunkte.de/2009/01/14631.html


2. Rang

Hill, Christopher L.: National history and the world of nations. Capital, state, and the rhetoric of history in Japan, France, and the United States. Durham, NC [u.a.] 2008.


2. Rang

Tyrrell, Ian R.: Transnational nation. United States history in global perspective since 1789. Basingstoke [u.a.] 2007.

Bemerkenswert ist der geographische Zuschnitt des Werks. Tyrrell hat recht mit seiner Kritik, dass die Suche nach transnationalen Bindungen bisher zu einseitig auf den Atlantik fokussiert geblieben ist. […] Demgegenüber zeichnet Tyrrell ein deutlich ausgeglicheneres Bild: Die chinesische Immigration in die Vereinigten Staaten und andere Verbindungen über den Pazifik hinweg werden souverän integriert. Aber nicht nur das: Immer wieder geht es auch um “die Amerikas”, vor allem um das Verhältnis der USA zu ihren südlichen Nachbarstaaten. Insofern handelt es sich tatsächlich um einen globalen Zugriff. Was Tyrrell außerdem nur andeuten kann, stellt eine wichtige Aufgabe künftiger Forschung dar: Die Dichte und Qualität dieser verschiedenen regionalen Beziehungen zu gewichten, um so zugleich Verlagerungen nachzeichnen und erklären zu können. Kiran Klaus Patel für H-Soz-Kult


4. Rang

Conrad, Sebastian (Hg.): Globalgeschichte. Theorien, Ansätze, Themen. Frankfurt [u.a.] 2007.

Wer sich für Globalgeschichte interessiert, sich aber noch nicht intensiver damit beschäftigt hat, findet einen sehr guten Überblick in der Einleitung sowie eine Reihe in unterschiedlichem Maße anregender Beispiele, wie Globalgeschichte geschrieben werden kann. Tobias Rupprecht für H-Soz-Kult


4. Rang

Connelly, Matthew: Fatal misconception. The struggle to control world population. Cambridge, Mass. [u.a.] 2008.

Aus geschichtswissenschaftlicher Sicht kommt der Studie in zweifacher Hinsicht Pioniercharakter zu: Zum einen stellt sie eine der ersten historiographischen Bearbeitungen eines Feldes dar, in dem bisher die Schilderungen zeitgenössischer Akteure und politikwissenschaftliche Arbeiten dominierten. […] Zum anderen liegt der Akzent auf der internationalen Politik der 1960er- und 1970er-Jahre und insofern auf einem von der Geschichtswissenschaft generell noch wenig bearbeiteten Gebiet. Die Stärke des Buches liegt schließlich darin, eine ganze Reihe anregender Überlegungen und Fragen aufzuwerfen. Connelly verweist etwa zu Recht darauf, dass sich die Bevölkerungspolitik oftmals der bipolaren Dynamik des Kalten Kriegs entzog. Thomas Zimmer für H-Soz-Kult

Die Geschichte der Programme zur Kontrolle der Weltbevölkerung ist keine Erfolgsgeschichte. […] Sie ist genau so inkonsistent, wie die Interessen ihrer sozialen Trägerschichten. Das Vorhaben, eine solche Geschichte – zumindest die Geschichte eines wissenschaftlichen Diskurses zur globalen Bevölkerung – zu schreiben, flößt unweigerlich Bewunderung ein. Der New Yorker Historiker Matthew Connelly hat sich dieser Herausforderung gestellt. Pragmatismus und prägnante Fragestellungen leiten ihn dabei und erleichtern die Orientierung in diesem Parforceritt durch die Geschichte eines Jahrhunderts des Redens über die „Weltbevölkerung“. Connelly umschifft dabei mit erfrischender Leichtigkeit die Grabenkämpfe zwischen einer konstruktivistischen Wissensgeschichte und einer „realen Bevölkerungsgeschichte" [...] Connellys Untersuchung ist einer der interessanten Fälle transnationaler Geschichtsschreibung, bei der eine Globalgeschichte den regionalen Einzelstudien voraus geht. Er historisiert mit seiner Untersuchung ein Leitmotiv internationaler Politik, dessen Erforschung erst seit kurzem bei den Historikern Konjunktur hat. […] Der Autor ist sich dabei bewusst, in welchem Maße seine Arbeit von selektiven Perspektiven ausgeht. Die Geschichte der Kontrolle der Weltbevölkerung ist die Geschichte einer höchst heterogenen politischen Bewegung und zugleich eine transatlantische Wissensgeschichte, die zu globalem politischen Aktionismus und einmal mehr zu einer Hierarchisierung der Welt und ihrer Vorstellung beigetragen hat. […] Connelly weiß dies und er lässt gerade deswegen noch viel Platz für neue Perspektiven. Heinrich Hartmann für H-Soz-Kult

Das Resultat [Connellys] langjährigen Forschungen, das Buch "Fatal Misconception", handelt nun davon, "was passiert, wenn einige Leute der Überzeugung sind, sie können im Namen anderer antworten, weil sie glauben, es besser zu wissen". Der Autor schildert in seiner fulminanten und quellengesättigten Studie Ursprünge, Aufstieg und Niedergang der Bewegung für Bevölkerungskontrolle, die er als ein dezentrales "transnationales Netzwerk" charakterisiert, welches gleichwohl stark von nordamerikanischen Akteuren geprägt wurde.
Andreas Eckert (FAZ vom 29.12.2008, Nr. 303 / Seite 35)
http://www.faz.net/s/RubC17179D529AB4E2BBEDB095D7C41F46...html


4. Rang

Pernau, Margrit: Bürger mit Turban. Muslime in Delhi im 19. Jahrhundert. Göttingen 2008.

All in all, Margrit Pernau’s opus magnum constitutes a pioneering study with regard to the history of colonial South Asia, in particular, and more significantly so, in view of initiating new research perspectives for the discipline of trans-cultural history in German academia, in general. Hence, to render this prime example of cutting-edge research accessible to a wider audience, it would be desirable to have it published in English translation. Gita Dharampal-Frick für H-Soz-Kult

Beides – die anvisierte Methode und die Darstellung historischer Prozesse – sind äußerst anspruchsvolle und spannende Themenfelder, die bei einem weit gefassten Fachpublikum Interesse finden können. So sei es gleich zu Beginn gesagt, dass Pernau ein äußerst anregendes Buch gelungen ist. […] Für ihr methodisches Herangehen, das sehr stringent und sorgfältig dargelegt wird, benutzt Margrit Pernau für sich selbst die passende Metapher der „Brückenbauer(in)“. Ihr Schlagwort lautet „entangled history“. […] Pernau spricht von „Kompartementalisierung“, die es zu überwinden gelte und bezieht sich auf die Geschichtsschreibung, doch gleiches lässt sich auch für andere Disziplinen wie Philosophie, Soziologie u.a. sagen. Bei der „entangled history“ geht es nicht um die Beziehung zwischen unabhängig voneinander existierenden Einheiten, sondern um ihre vielfache und unauflösliche Verflechtung, letztlich um die Frage, wie beide Seiten erst durch die Begegnung als Einheiten hervorgebracht und denkbar werden. [..] Ziel ihrer Arbeit ist es, „einen Weg zu eröffnen, an dessen Ende wir uns einen Bürger nicht mehr nur mit Zylinder vorstellen können, sondern eben auch den ‚Bürger mit Turban’.“ In dieser Zielstellung liegt die Pionierleistung des Buches! Melitta Waligora für H-Soz-Kult

In den vergangenen Jahren hat die Beschäftigung mit der außereuropäischen Geschichte in Deutschland an Schwung gewonnen. Noch immer gibt es allerdings bei manchen Historikern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas die Tendenz, sich in der eigenen Nische zu bewegen und unter Gleichgesinnten die Ignoranz des Mainstreams zu beklagen. Die Indien-Spezialistin Margrit Pernau geht hingegen mit Verve in ein Feld hinein, das die deutschsprachige Historiographie über viele Jahre umfassend beackert hat: die Bürgertumsforschung. In ihrer ambitionierten und empirisch dichten Studie fragt die […] Historikerin, wie sinnvoll es ist, bestimmte muslimische Gruppen in Delhi im neunzehnten Jahrhundert als Bürger zu untersuchen.
Andreas Eckert (FAZ vom 01.10.2008, Nr. 230 / Seite 38)
http://www.faz.net/s/RubC17179D529AB4E2BBEDB095D7C41F46...html