Das Historische Buch 2002
Thomas Angerer | Prof. Dr. Johannes HelmrathHumboldt-Universität zu Berlin LebenslaufGeb. am 20. Juli 1953 in Köln, als Sohn von Johannes Helmrath und Elisabeth Helmrath, geb. Dorigo. Religionszugehörigkeit: römisch-katholisch Familienstand: Verheiratet seit 17. Dez. 1982 mit Gertrud Helmrath, geb. Zamhöfer. Zwei Kinder: Elisabeth (geb. 1982), Constantin (geb. 1983) Schulbildung: 1960-64 Volksschule in Köln und Aachen. 1972/73 Wehrdienst. Studium:
Akademische Laufbahn:
Fragen zur historischen Forschungslandschaft und zu aktuellen Debatten2. a) Wie kamen Sie zur Geschichtswissenschaft? Was hat Sie motiviert, Geschichte zu Ihrem Beruf zu machen? Eine starke Affinität zur Geschichte bestand seit der Kindheit, Freude beim Besichtigen von alten Kirchen, Städten, Burgen; die jugendliche Rabaukenphase gleichsam durch pathetisches Rittertum sublimiert (phantasiebildend: die Ivanhoe-Serie im Fernsehen). Dazu kam ein vorwissenschaftlicher, später freilich ordnungs- und forschungsförderlicher Sammeltrieb (Münzen, Versteinerungen, Briefmarken etc.). Eine der ersten Tätigkeiten des Historikers: Sammeln auf Zetteln und Dateien. Ich wußte, ohne tiefere Reflexion, mit 12 Jahren, daß ich Geschichte studieren würde. Dazu kam ein anregender Geschichtsunterricht, der auch Kriterien der Urteilsbildung vermittelte. Der professionelle 'Weg zum Mittelalter', unter Zurücklassen der 'konkurrierenden' Fächer Philosophie und Alter Geschichte wurde wesentlich unter dem Einfluß markanter und origineller Gelehrten- und Lehrerpersönlichkeiten in Aachen, Köln, Paris und Bonn beschritten. 2. b) Die Geschichtswissenschaften haben in den zurückliegenden Jahrzehnten zahlreiche Erweiterungen und Neuorientierungen der Frageansätze und Forschungsperspektiven erfahren. Welche halten Sie für die interessanteste und folgenreichste? Die Wendung zu den Kulturwissenschaften unter Wiederentdeckung prägender Leitfiguren des ersten Jahrhundertdrittels (Dilthey, Simmel, Bloch, Cassirer, Warburg etc.). 2. c) Sehen Sie Forschungsfelder, denen man künftig mehr Aufmerksamkeit widmen sollte? Die Entstehung des differenzierten Fächerkanons unserer Wissenschaften im 19. Jh., insbesondere der Mediävistik; Humanismusforschung; die Integration mittelalterlicher 'Geistesgeschichte' in eine moderne Kultur- und Spezialwissenschaft des Mittelalters. 2. d) Sollten sich Fachhistoriker mit historischen Argumenten in aktuellen politischen Debatten zu Wort melden, wie es jüngst wieder häufiger zu beobachten ist? Braucht unsere Gesellschaft mehr historische 'Politikberatung'? Ein klares Ja (allein schon, wenn ich sehe, wer sonst alles als 'Experte' zu allem Möglichen befragt wird)...
2. e) Die Universitäten kämpfen mit überfüllten Hörsälen und leeren Kassen, ringen um neue, kürzere Formen des Studierens (BA, MA). Welche Folgen würden Ihrer Meinung nach Studiengebühren und die Möglichkeit der Auswahl der Studenten durch die Universität für Lehre und Forschung in den Geschichtswissenschaften haben? Einen verantwortlicheren Umgang der Studenten mit der Studienzeit. Das Drittel der derzeit Studentierenden, die - leider - von vornherein für ein Studium nicht geeignet sind, könnte von der Vergeudung an Zeit und volkswirtschaftlichen Ressourcen abgehalten werden. Freilich müßte das Stipendiensystem ganz neu geregelt werden. 3. Stellen Sie bitte Ihren persönlichen Favoriten unter den historischen Büchern des Jahres 2002 kurz vor und erläutern Sie Ihre Wahl. (15-20 Zeilen.) Grafton, Anthony: Leon Battista Alberti. Baumeister der Renaissance. Berlin: Berlin 2002. Es handelt sich um die erste vollwertige Biographie diser komplexen Schlüsselfigur der italienischen und europäischen Renaissance, der von J. Burckhardt als das Muster des 'uomo universale' stilisiert worden war. Das Buch ist glänzend geschrieben, auch für einen breiteren Leserkreis, ohne populistisch einher zu schreiten. Es zeigt, ohne den biographischen Charakter zu verlieren, die komplexen Funktionen und Verbindungen von Philologie, Ethik und Kunst in der Elitengesellschaft der Renaissance, wie sie paradgmatisch von Alberti gelebt wurden. |