Adelige über sich selbst. Selbstzeugnisse in nordwestdeutschen und niederländsichen Adelsarchiven / Edelen over zichzelf. Egodocumenten in Noordwest-Duitse en Nederlandse adelsarchieven

Adelige über sich selbst. Selbstzeugnisse in nordwestdeutschen und niederländsichen Adelsarchiven / Edelen over zichzelf. Egodocumenten in Noordwest-Duitse en Nederlandse adelsarchieven

Veranstalter
Deutsch-niederländischer Arbeitskreis Adelsgeschichte / Nederlands-Duitse Kring voor Adelsgeschiedenis
Veranstaltungsort
Erbdrostenhof, Salzstr. 38, D-48143 Münster
Ort
Münster
Land
Deutschland
Vom - Bis
06.06.2013 - 07.06.2013
Deadline
31.05.2013
Von
Teske, Gunnar

Egodokumente oder Selbstzeugnisse, seien es Tagebücher, Erinnerungen, Reisebeschreibungen oder Selbstreflexionen jeglicher Art, haben die Nachwelt von jeher interessiert, sie erfreuen sich jedoch seit den 1980er Jahren des besonderen und kontinuierlichen Interesses der Historiker, erlauben sie doch einen tieferen Einblick in das Denken und Fühlen von Menschen anderer Epochen als die meisten anderen Quellen. Im Folgenden sollen unter Selbstzeugnissen oder Niederländisch Egodocumenten nach einer Definition von Rudolf Dekker Texte verstanden werden, „waarin die auteur spreekt over eigen handelen en gevoelens of over zaken die hem perzoonlijk bezighouden“ (1988) und deren wichtigstes Kriterium nach Benigna von Krusenstjern die „Selbstthematisierung“ des Autors ist (1994). Ihr inhaltlich-formales Spektrum reicht von Selbstkonstruktion und Selbstinszenierung über Selbstreflexion und Selbstrechtfertigung bis hin zu Berichten über das tägliche Leben zu Hause und über Reisen in die Fremde.

In ihrer ganzen Vielfalt begegnen Selbstzeugnisse in Adelsarchiven. Dies hängt mit der besonderen Stellung des Adels in der frühneuzeitlichen Gesellschaft zusammen. Zunächst verstehen sich Adelige in besonderer Weise als Repräsentanten ihres Standes und ihrer Familie, wie dies exemplarisch an der Stiftung von Fideikommissen vor allem seit dem 17. Jahrhundert deutlich wird. Dabei überschreiten die familiären Netzwerke nicht selten die Grenzen von Konfessionen, Territorien und Nationen. Aufgrund der finanziellen Lage und der sozialen Stellung des Adels verfügten wenigstens die männlichen Vertreter über ein gewisses Maß an Bildung, das sie durch Reisen erweitern und vertiefen konnten. Während der weitere Lebensweg die einen zu Verwaltern ihrer Güter bestimmte, führte er die anderen in geistliche oder weltliche Stifte, an fürstlichen Höfe oder zum Militär, was diesen wiederum ein hohes Maß an Mobilität ermöglichte. Schließlich waren sie unter Berufung auf die Declaratio Ferdinandea bis ins 17. Jahrhundert hinein in der Wahl und Ausübung ihrer Konfession freier als andere gesellschaftliche Gruppen. Sie verfügten über die Muße, Reflexionen über sich selbst zu verfassen, und die Chance, dass ihre Papiere erhalten blieben, war dadurch gewahrt, dass sie auf ihren Häusern eigene Archive unterhielten.

Der Deutsch-Niederländische Arbeitskreis für Adelsgeschichte bzw. de Nederlands-Duitse Kring voor Adelsgeschiedenis, eine Gruppe von Archivaren und Historikern aus Nordwestdeutschland und den Niederlanden, die sich mit Adelsgeschichte befassen, wird seine dritte Tagung dieser Quellengruppe der Selbstzeugnisse bzw. Egodocumenten in Adelsarchiven widmen. Unterstützt wird er dabei von den Vereinigten Westfälischen Adelsarchiven e.V. Nach zwei einleitenden Referaten von Rudolf Dekker und Maarten van Driel über die Besonderheiten adeligen Selbstverständnisses und seines Ausdrucks wird der erste Teil von Selbstzeugnissen landsässiger Adeliger bestimmt, die sich auf ihren Gütern über Fragen der Familie, der Konfession und des täglichen Lebens äußern. Der öffentliche Abendvortrag wird die Tagebücher des Deutschen Sigurd von Ilsemann vorstellen, der Kaiser Wilhelm II. ins niederländische Exil folgte und dort seine Position als Deutscher auf niederländischem Boden neu bestimmen musste.

Der zweite Tag ist zunächst Selbstzeugnissen von Adeligen als Kavalieren und Militärs auf Reisen gewidmet; mit den Aufzeichnungen von General Graf Gronsveld begegnet hier auch ein Selbstzeugnis in seiner Entwicklung von der handgeschriebenen Erstfassung bis zur Veröffentlichung im Druck. In der letzten Arbeitssitzung, die sich ausschließlich mit Selbstzeugnissen von adeligen Frauen im 19. und frühen 20. Jahrhundert befasst, werden diese auf die Eigenheiten von Tagebücher weiblicher Verfasser, auf die Rolle der adeligen Hausfrau und Mutter und schließlich auf die der Beobachterin einer untergehenden Adelskultur hin untersucht.

Anmeldungen: werden bis zum 31. Mai 2013 an das LWL-Archivamt für Westfalen erbeten. Das Anmeldeformular finden Sie unter http://www.lwl-archivamt.de.

Kosten: 25,00 € (Tagungsgebühr) bzw. 10,00 € (Studenten) werden bei der Anmeldung im Tagungsbüro erhoben.

Unterkunft: Unter dem Stichwort „Egodokumente“ sind bis zum 24.05.2013 Zimmer im Hotel Europa reserviert. Diese Zimmer können gebucht werden über: Münster Marketing, Tel.: 0049 (0) 251 492 2726, Fax: 0049 (0) 251 492 7759, E-Mail: tourismus@stadt-muenster.de.

Kontakt LWL-Archivamt für Westfalen, Jahnstr. 26, D-48147 Münster Tel.: 0049 (0) 251 591-3890, Fax: 0049 (0) 251 591-269, E-Mail: lwl-archivamt@lwl.org, http://www.lwl-archivamt.de

Programm

Donnerstag 6. Juni 2013

13:30–14:00 Uhr Eröffnung, Grußworte

14:00–15:00 Einführungsvorträge

Rudolf Dekker (Amsterdam): The development of autobiographical writing in its social context: the role of noble authors in a bourgeois genre.

Maarten van Driel (Haren) : Andere Quellen zum Selbstverständnis von Adeligen

15.30-17:00 Uhr Selbstzeugnisse von Adeligen über Haus und Familie

Bastian Gillner (Düsseldorf): „Einen Abstandt von meiner Exercitio Religionis zu thun, will mir nit gepueren“. Konfession in adeligen Selbstzeugnissen aus Westfalen, dem Rheinland und den Niederlanden

Redmer Alma (Assen): "Olden geslachten ende linagiën wilt honoreren". Das "Linagieboeck" des Rinnert van Solckema (um 1590)

Stephanie Haberer (Osnabrück): Die Schreibkalender des Clamor Eberhard von dem Bussche zu Hünnefeld (1611-1666): Editionsprojekt und Perspektiven der Auswertung

19:00 Uhr Öffentlicher Abendvortrag

Wendy Landewé (Haus Doorn): Mit dem Kaiser ins Exil. Die Tagebücher von Sigurd von Ilsemann, Flügeladjutant Kaiser Wilhelms II., auf Haus Doorn

Freitag, 7. Juni 2013

9:00–10:30 Uhr Selbstzeugnisse von Adeligen in der Fremde

Elisabeth Schläwe (Paris): Adelsreisen bzw. Kavalierstouren aus dem rheinischen Adel in die Niederlande

Gerd Dethlefs (Münster): Die Tagebücher der Franz Anton von Landsberg (1656-1727) auf seiner Kavalierstour und seinen Feldzügen 1675–1712

Jacques van Rensch (Maastricht): Die Aufzeichnungen Jost Maximilians von Bronckhorst, Graf zu Gronsveld im Dreißigjährigen Krieg. Entwicklung eines Selbstzeugnisses von einer Rechtfertigungsschrift bis zur Buchveröffentlichung.

11:00–12:30 Uhr Selbstzeugnisse von adeligen Frauen im 19. und frühen 20. Jahrhundert

Sheila Patel (Bochum): Weibliche Schreibpraxis: Die Tagebücher der Gräfin Maria Esterházy-Galántha, geb. Plettenberg-Mietingen (1809-61)

Karin Brüntrup (Münster): Rolle adeliger Frauen in Familie und Gesellschaft in der Neuzeit nach ihren Selbstzeugnissen

Yme Kuiper (Groningen): “Our world doesn’t exist anymore.” The unpublished memoirs of Jeanne, Lady van Andringa de Kempenaer (1858-1927) and the decline and fall of the Frisian country house culture

12:45–13:15 Uhr Schlussdiskussion

Kontakt

Gunnar Teske

LWL-Archivamt für Westfalen, D-48133 Münster

+251/591-3890
+251/591-269
lwl-archivamt@lwl.org

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