Internationales Symposium, 27./28. Februar 2009
Trophäen - Verluste – Äquivalente
Kulturgüter als Kriegsopfer: Forschungsstand und Perspektiven
Nicht erst im 20. Jahrhundert wurden Kulturgüter infolge von Kriegen verlagert und auf vielfältige Weise in Mitleidenschaft gezogen. Allerdings verschärfte sich dieses Problem im Zusammenhang der verheerenden Weltkriege, die von Deutschland ausgegangen sind. Die Verlagerung von Kulturgütern während des Zweiten Weltkrieges und unmittelbar nach seinem Ende hat gerade in den letzten Jahren Anlass für neue und kontroverse internationale Diskussionen gegeben. Die damit verbundenen, immer noch ungelösten Probleme sind Gegenstand juristischer Debatten und politisch-diplomatischer Bemühungen. Die Verengung der Debatte auf Besitzansprüche hat jedoch zur Folge, dass wesentliche Aspekte des Themas aus dem Blickfeld geraten, nicht zuletzt Ansätze zu seiner wissenschaftlichen Betrachtung.
Das Symposium stellt sich vor diesem Hintergrund das Ziel einer Bestandsaufnahme der laufenden Quellenforschungen – insbesondere auf russischer Seite – und der in diesem Zusammenhang noch offenen Fragen. Die Beiträge sind darauf gerichtet, die – aus westlicher Sicht wenig bekannten und häufig vernachlässigten – sowjetischen Kulturgutverluste im Zweiten Weltkrieg anhand neuester Forschungsergebnisse ins öffentliche Bewusstsein zu rücken sowie Defizite und Diskrepanzen bei deren Bewertung abzubauen. Zugleich soll das Interesse dem Vergleich von Forschungsmethoden und den Möglichkeiten einer länderübergreifenden Kooperation gelten. Schließlich wird der Versuch unternommen, eine Analyse des historischen Phänomens der „Beutekunst“ und des aktuellen Interesses daran zu liefern und derart den Blickwinkel über juristische Frontlinien, politische Interessen und moralische Betroffenheiten hinaus zu erweitern.
Hieran knüpft sich die Hoffnung, dass eine auf gemeinsamen Interessen, gegenseitigem Verständnis und wissenschaftlich methodischer Übereinkunft gegründete Zusammenarbeit von Wissenschaftlern und Institutionen dazu beitragen kann, vereinfachte und tendenziöse Urteile auf diesem Problemfeld zu vermeiden und ein Forum für die offene und gleichberechtigte Diskussion von Forschungsergebnissen zu schaffen.
Veranstalter:
Staatliche Kunstsammlungen Dresden und Deutsches Historisches Institut Moskau
in Zusammenarbeit mit dem Russischen Institut für Kulturwissenschaften Moskau und dem Russischen Museumsbund
Ort:
Deutsches Historisches Institut Moskau, Nachimovskij Prospekt 51/21, 117418 Moskau
Tel/Fax]: (+7 499) 120 52 13
E-Mail: dhi@dhi-moskau.org
Organisationsbüro:
Yulia Vashchenko
Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Taschenberg 2, 01067 Dresden
Tel. +49 351 4914 7537, Fax +49 351 4914 7555
E-Mail: Yulia.Vashchenko@skd.museum
Konferenzsprachen: russisch und deutsch (simultan)
Programm:
27.02.
10.00 Uhr Eröffnung des Symposiums
Andrei Bussygin, Stellv. Kulturminister der Russischen Föderation
Walter Jürgen Schmid, Deutscher Botschafter in Moskau
Martin Roth, Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden
Bernd Bonwetsch, Direktor des Deutschen Historischen Instituts Moskau
Sektion 1: Diskurs- und Quellenanalysen
Moderation: Bernd Bonwetsch, Deutsches Historisches Institut Moskau
11.00 Uhr Begrüßung: Kyrill Raslogow, Direktor des Russischen Instituts für Kulturwissenschaften Moskau
11.15 – 13.00 Uhr
Bénédicte Savoy, Institut für Geschichte und Kunstgeschichte der Technischen Universität Berlin: „An Bildern schleppt ihr hin und her …“ – Restitutionen und Emotionen in historischer Perspektive
Ekaterina Genieva, Gesamtrussische Staatliche Rudomino-Bibliothek für Ausländische Literatur in
Moskau: Können Kunstwerke Trophäen sein?
Gilbert Lupfer, Staatliche Kunstsammlungen Dresden: Warum lassen uns die Kunst-Verschiebungen des 20. Jahrhunderts bis heute nicht los? Gedanken zu Raubkunst, Beutekunst und kollektivem Gedächtnis
13.00 – 14.00 Uhr Mittagspause
14.00 – 15.45 Uhr
Julia Kantor, Staatliche Eremitage St. Petersburg: Zwischen Moral und Recht. Die russischen Kulturgutverluste im Zweiten Weltkrieg und das Thema „der verlagerten Kulturgüter“ in Russland
Wolfgang Eichwede, ehem. Leiter der Forschungsstelle Osteuropa der Universität Bremen: Vom Versagen der Politik vor der Geschichte – Eine kritische Bilanz der „Beutekunst“-Diplomatie
Olga Tscherkajewa, Russisches Institut für Kulturwissenschaften Moskau: Die verlagerten Kulturgüter in Quellen und Materialien der 1940er Jahre
15.45– 16.15 Kaffeepause
16.15 – 18.00 Uhr
Patricia Kennedy Grimsted, Harvard Ukrainian Research Institute/ International Institute for Social History Amsterdam: Archivforschung nach verlagerten Kulturgütern: Fortschritte und anstehende Aufgaben
Nikolai Nikandrow, Informationszentrum Roskultura: Aus der Geschichte der Entstehung des „Gesamtkatalogs der während des Zweiten Weltkrieges verlorenen und geraubten Kulturgüter der Russischen Föderation“
Wladimir Koslow, Föderaler Archivdienst der Russischen Föderation: Der Standpunkt Russlands zum Problem der verlagerten Archive
anschließend Empfang der Symposiumsteilnehmer und Pressevertreter
28.02.
Sektion 2: Fallstudien
Moderation: Kristiane Janeke, Historikerin/ Slawistin, Berlin
10.00 Uhr Begrüßung: Ljudmila Alexandrowa, Exekutivdirektorin des Museumsbundes Russlands
10.15 – 13.00 Uhr
Larissa Bardowskaja, Staatliche Museen Zarskoje Selo: Das Bernsteinzimmer – Mythos und Realität im 20./21. Jahrhundert
Tatjana Gafar, Museum für Bildende Künste Wolgograd: Die Stalingrader Gemäldegalerie. Zur Erforschung der Kriegsverluste der Kunstsammlung
Sergei Trojanowski, Staatliches Museum Nowgorod: Nowgorod als Museumsstadt – Eine
vom Krieg zunichte gemachte Chance
Swetlana Wolkowa, Staatliches Museum Pskow: Die Verluste wertvoller Bücher in Pskow
während des Zweiten Weltkrieges
Ljudmila Markina, Staatliche Tretjakow-Galerie Moskau: Die Tretjakow-Galerie während der Kriegsjahre:
Verluste und Zugänge
13.00 – 14.00 Mittagspause
14.00 – 15.45 Uhr
Uwe Hartmann, Arbeitsstelle für Provenienzforschung Berlin: Schutz der Kunst oder Schutz der
Wissenschaft? Eine Studie zur Tätigkeit beim Kunstschutz der Wehrmacht
Margarita Zinich, Institut für russische Geschichte der Russischen Akademie der Wissenschaften: Zur
Suche und Rückgabe russischer Kulturgüter in den 40er und 50er Jahren des 20. Jahrhunderts
Natalia Volkert, Institut für osteuropäische Geschichte der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz: Die
Rolle der SMAD bei der Ausfuhr der Kulturgüter aus Deutschland und der Suche nach eigenen Kulturgütern
15.45 - 16.15 Uhr Kaffeepause
Abschlussdiskussion: Perspektiven
Moderation: Wolfgang Eichwede
16.15 – 18.00 Uhr
Ekaterina Genieva, Gesamtrussische Staatliche Rudomino-Bibliothek
Patricia Kennedy Grimsted, Harvard Ukrainian Research Institute
Uwe Hartmann, Arbeitsstelle für Provenienzforschung Berlin
Julia Kantor, Staatliche Eremitage St. Petersburg
Wladimir Koslow, Föderaler Archivdienst der Russischen Föderation
Nikolai Nikandrow, Informationszentrum Roskultura
Martin Roth, Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Bénédicte Savoy, Technische Universität Berlin
Sergei Trojanowski, Staatliches Museum Nowgorod
Irina Tschuwilowa, Russisches Institut für Kulturwissenschaften Moskau