Tagungsankuendigung:

'Das digitale Archiv Duderstadt im Kontext der Diskussion um die Digitalisierung',

12.-14. April 1999 in Goettingen

Sehr geehrte Damen und Herren,

das Stadtarchiv Duderstadt und das Max-Planck-Institut fuer Geschichte haben zwischen dem 1. Februar 1996 und dem 31. Januar 1999 in einem von der Volkswagen-Stiftung finanzierten Projekt den mit knapp 80.000 Seiten derzeit weltweit groessten Server mit digitalisiertem historischen Manuskriptmaterial im WWW angelegt. Zum Abschluss dieses Projektes werden wir die wesentlichen Ergebnisse daraus auf einer Tagung vom 12. bis 14. April 1999 in Goettingen vorstellen und gleichzeitig versuchen, diese Ergebnisse in den Kontext der derzeitigen Diskussion zu stellen.

Wesentliche Ergebnisse des Projektes sind aus unserer Sicht:

1.Die Digitalisierung von historischem Quellenmaterial ist, innerhalb der Institutionen selbst, zu Preisen von unter DM 1.50 pro Seite moeglich. Die Kosten liegen damit deutlich unter denen, die meist genannt werden.

2.Derartiges Material kann mit minimalem Aufwand rein mechanisch zugaenglich gemacht werden. Eine Erschliessung erfordert vorlaeufig eine Beschreibung und / oder Transkription durch mensch-liche Bearbeiter. Hier ist der Aufwand nach oben natuerlich offen: Mit durchaus realistischem Aufwand kann jedoch bereits eine ziemlich hohe Erschliessungstiefe erreicht werden.

3.Sammlungen derartigen digitalisierten Quellenmaterials bilden aus unserer Sicht eine neue Form des Zugriffs auf Quellen: Erheblich umfangreicher als klassische Editionsformen, erheblich intensiver erschlossen als klassische Findbuecher und aehnliche archivarische Behelfe.

4.Darauf abgestimmte Werkzeuge zur Edition historischen Quellenmaterials, die bewusst von Anfang an nicht auf die uebertragung drucktechnischer Moeglichkeiten auf die neuen Medien abzielen, sondern gezielt versuchen auszuloten, welche Moeglichkeiten diese Medien bieten, die im Druck nicht vorliegen, versprechen zudem einen wesentlich stufenloseren uebergang zwischen minimal erschlossenem Quellenmaterial und voll ausgebauten Editionen.

Diese Ergebnisse muessen, u.E., im Kontext derzeit ganz allgemein laufender Diskussionen um die Digitalisierung insgesamt gesehen werden. In der Tat stellt das 'Duderstadtprojekt' zwar unseres Wissens die derzeit groesste Menge historischen Manuskriptmaterials bereit, die im WWW verfuegbar (nicht angekuendigt) ist; die Anzahl von Projekten, die in diesem Bereich taetig sind, ist aber sehr gross Ungewoehnlich ist das von uns durchgefuehrte Projekt sicher in zweierlei Hinsicht:

Einerseits ging es uns ganz bewusst darum, die neuen Techniken einzusetzen, um gezielt die Bereitstellung von Quellengruppen zu erproben, die mit herkoemmlichen Techniken nicht bereitgestellt werden koennen. Es geht uns nicht um die Frage, wieweit zentrale Stuecke, die bereits jetzt verfuegbar sind, mit noch mehr Komfort aufbereitet werden koennen. Andererseits wurde dieses Projekt im Rahmen eines Forschungsinstituts durchgefuehrt, stellt also die Verbindung zwischen Quellen erschliessenden und Quellen benutzenden Einrichtungen direkt her und konzentriert sich demnach staerker auf die Frage, warum Quellenmaterial digitalisiert werden sollte und wie es fuer die Forschung, aus forschungsimmanenten Gruenden, bereitgestellt werden soll.

Die Diskussion der Frage, wie historisches Quellenmaterial technisch bereitgestellt werden kann, soll also in einen breiteren Kontext gestellt werden, der die Frage, wie die Forschung von dieser Bereitstellung am meisten profitieren kann, explizit macht. Deshalb suchen wir im Rahmen der Veranstaltung gezielt das Gespraech mit Vertretern von Einrichtungen, die ihrerseits Digitalisierungsprojekte durchgefuehrt haben oder durchfuehren um zu klaeren, wieweit die Moeglichkeiten dieser Technologien zu einem neuen Verhaeltnis zwischen 'Quellen bewahrenden' Einrichtungen (Archiven, Bibliotheken) und 'Quellen benutzenden' Historikern fuehren kann.

Ein vorlaeufiges Tagungsprogramm ist auf dem Projektserver bereitgestellt:
http://www.archive.geschichte.mpg.de/duderstadt/dud-d.htm . Wenn Sie Interesse an einer Teilnahme haben, wenden Sie sich bitte an:

Max-Planck-Institut fuer Geschichte
- Projekt 'Das digitale Archiv' -
Hermann-Foege-Weg 11
37073 Goettingen

mit den besten Gruessen,

Dr. Manfred Thaller


Ein Kommentar erreichte uns von Jim Nissen:

Werte Listenmitglieder,

Das Notiz zur Tagung in Goettingen ueber das Archiv Duderstadt beinhaltet wichtige Fragestellungen, die eine wertvolle Zusammenkunft versprechen. Auch die Leistung des Digitalen Archivs Duderstadt verdient Achtung.

Nun aber bin ich in Verlegenheit ueber folgende Behauptung:

<zitat>

das Stadtarchiv Duderstadt und das Max-Planck-Institut fuer Geschichte haben zwischen dem 1. Februar 1996 und dem 31. Januar 1999 in einem von der Volkswagen-Stiftung finanzierten Projekt den mit knapp 80.000 Seiten derzeit weltweit groessten Server mit digitalisiertem historischen Manuskriptmaterial im WWW angelegt.

</zitat>

Natuerlich laesst sich der Wert eines solchen Projektes nicht durch blosse Datenmengen ermessen. Aber der Leser moege auch zwei verhaeltnismaessig grosse amerikanische Projekte beachten, dessen eigene Angaben hiemit zitiert werden:

1. American Memory (Library of Congress), http://lcweb2.loc.gov/ammem/

"43 Collections with over 1 Million Items Now Online"

2. Nachlass Heinz, Carnegie Mellon University,
http://www.library.cmu.edu/Libraries/Heinz/
http://heinz1.library.cmu.edu/HELIOS/

"Now you can search, browse and view over 532,000 images from the Heinz Archives using the Heinz Electronic Library Interactive Online System (HELIOS)."

Wie gesagt, soll die Errungenschaft in Duderstadt nicht geschmaelert werden. Auf seine Art (Digitalisierung des gesamten Bestands eines Lokalarchivs bis 1650) ist dieses Projekt einmalig. Beim Ziel der Tagung duerfte es aber auch nuetzlich sein, die Ergebnisse und Anwendung oben genannter Projekte zu betrachten. Auch wenn das Material gemischter Provenienz, und nicht der genauen Definition eines "Archivs" entspricht.

mit herzlichen Gruessen,

Jim Niessen
Texas Tech University Libraries
Lubbock, TX 79409-0002


Quelle = Email <H-Soz-u-Kult>

From: Peter Hoheisel <phoheis@gwdg.de>
Subject: Tagungsankuendigung: 'digitales Archiv', 12.-14. April in Goettingen
Date: 19.2.1999


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