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Titel
Alexander the Great. Historical Sources in Translation


Herausgeber
Heckel, Waldemar; Yardley, John C.
Erschienen
Malden, Mass. 2007: Wiley-Blackwell
Anzahl Seiten
XXX, 342 S.
Preis
$ 40.95
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Dorit Engster, Althistorisches Seminar, Georg-August-Universität Göttingen

Über keine andere antike Persönlichkeit besitzen wir so viele Quellenzeugnisse wie über Alexander den Großen. Nicht eine vollständige Erfassung, sondern die Frage der Auswahl und Zusammenstellung der Zeugnisse ist somit bei einem Quellenband entscheidend.1 Waldemar Heckel und John C. Yardley wählen den Weg einer thematisch orientierten, nicht einer chronologischen Anordnung der Quellentexte. In einer knapp gehaltenen Einleitung wird zunächst die Geschichte Alexanders skizziert; dann werden die verschiedenen verlorenen und erhaltenen Quellenautoren vorgestellt. Dabei gehen die Herausgeber kurz auch auf die Zuverlässigkeit einzelner Autoren ein. Hier wäre allerdings – auch um im Folgenden ein besseres Verständnis der abweichenden Quellenberichte zu ermöglichen – eine genauere Diskussion der Abhängigkeiten und der verschiedenen Überlieferungstraditionen vorzunehmen gewesen.

Generell zu unterscheiden sind hier das von Kleitarch geprägte sensationelle, seinen übermenschlichen Charakter betonende Bild Alexanders und die sachlicheren Schilderungen, die auf Berichte von Teilnehmern des Alexanderzuges zurückgehen. Als dritte Gruppe ließen sich die Werke lateinischer Autoren nennen, die ebenfalls die übersteigernde kleitarchische Tradition aufnehmen, diese aber ins Negative wenden und gerade die außergewöhnlichen Taten Alexanders als Beispiele für seine Grausamkeit anführen. Hinweise zur Glaubwürdigkeit einzelner Autoren und Berichte wären daher insbesondere bei den in der Forschung kontrovers diskutieren Episoden zu erwägen gewesen.

In ihrer Präsentation der Quellen orientieren sich die Herausgeber an den Darstellungen von Arrian, Diodor, Curtius Rufus, Justin und Plutarch. Passagen aus diesen Werken werden ergänzt durch kürzere Zitate anderer Autoren. In den ersten beiden Kapiteln wird die Vorgeschichte des Alexanderzuges beleuchtet. Ausgewählte Quellen erlauben einen Einblick in Geschichte, Kultur und staatlichen Institutionen Makedoniens. Einige Quellen zu Philipp II. illustrieren die Situation am makedonischen Hof, wobei der Schwerpunkt auf den Umständen seines Todes bzw. einer möglichen Beteilung Alexanders an seiner Ermordung liegt. Wie auch bei den folgenden Kapiteln werden die Quellen nicht einzeln kommentiert. Vielmehr werden zu einzelnen Aspekten und Fragestellungen jeweils erläuternde Bemerkungen und weiterführende Literaturhinweise eingefügt. Hierdurch wird über die reine Quellenzusammenstellung hinaus ein knapper Einblick in die aktuelle Forschungsdiskussion ermöglicht.

Nur einen Ausschnitt aus der reichen Quellenüberlieferung kann das folgende Kapitel zum familiären Hintergrund, dem Charakter und der äußeren Erscheinung Alexanders bieten. Die Herausgeber beschränken sich hier auf kurze Exzerpte aus den verschiedensten Werken und zeigen somit auch die Breite der Überlieferung und die verschiedenen Facetten des antiken Alexanderbildes. Diese werden besonders deutlich bei den Äußerungen, die problematische Charakterzüge Alexanders betreffen, wie z.B. sein übermäßiger Alkoholkonsum und sein Verhältnis zu Hephaistion. Bevor die Quellen zum eigentlichen Perserfeldzug vorgestellt werden, sind in zwei Kapiteln Texte zum Perserreich und zum Verhältnis Alexanders zu den Griechen zusammengestellt. Hierbei werden von den Herausgebern auch epigraphische Quellen einbezogen.2 Diese Kapitel durchbrechen in besonderer Weise die chronologische Ordnung, da Ereignisse wie der Einzug Alexanders in die persischen Königsstädte im Zusammenhang mit persischer Prachtentfaltung oder der Lamische Krieg im Kontext des griechischen Widerstandes gegen Alexander angeführt werden. Gleichzeitig zeigen sich hier aber auch die Vorteile der thematischen Schwerpunktsetzung, da so z.B. die Haltung Alexanders gegenüber den Griechen bzw. die Entwicklung dieses Verhältnisses während seiner Herrschaftszeit verdeutlicht werden können.

In dem anschließenden, bei Weitem umfangreichsten Kapitel sind Quellen zum Alexanderzug selbst zusammengestellt. Zunächst werden die Aussagen verschiedener Autoren zum Heer Alexanders präsentiert, dann werden chronologisch die Schlachten – vom Granikos bis zum Hydaspes – in ausführlichen Quellenpassagen vorgestellt. Ergänzend werden Quellen zu weiteren Gefechten (Tyros, der Kampf bei den Persischen Toren, Kämpfe in der Sogdiana, am Aornus, in der Mallerstadt) angeführt. Die jeweils wichtigsten Schlachtschilderungen – insbesondere die Berichte des Arrian, des Curtius Rufus und Justin – ermöglichen dem Leser einen Vergleich sowohl zwischen den verschiedenen Angaben hinsichtlich Heeresstärke und Taktik, als auch zwischen den verschiedenen Darstellungsstilen und -tendenzen.

Die Verschmelzungspolitik ist Thema des anschließenden Kapitels: „Alexander and the Barbarians“. Hier finden sich Quellenzitate zur Übernahme persischer Tracht und Sitten durch Alexander, aber auch zu seinem Versuch, durch die Massenhochzeit von Susa und durch die Integration von persischen Einheiten in das makedonische Heer eine neue Führungsschicht und eine neue Armee für sein Reich zu schaffen. Weitere ausgewählte Quellenpassagen veranschaulichen Alexanders Respekt vor den einheimischen Traditionen und seine Übernahme der persischen Herrscherideologie.

Die beiden folgenden Oberthemen knüpfen in gewisser Weise an diese Aspekte der Herrschaft Alexanders an. Unter ihnen sind Quellen zu seinem Verhältnis zu Frauen und zur Religion zusammengestellt. In vergleichsweise kurzen Quellenzitaten erscheinen diejenigen Frauen, die im Leben Alexanders eine besondere Rolle spielten – dabei wird auch das Verhalten Alexanders gegenüber Frauen der einheimischen Oberschicht behandelt. Wahre Begebenheiten und legendäre Überlieferung stehen hier nebeneinander. Gleiches gilt für die Quellen zum Verhältnis Alexanders zu Göttern und Heroen. Die von den Herausgebern angeführten Passagen verdeutlichen das besondere Verhältnis Alexanders zu Achill, Herakles und Dionysos. Weitere Zeugnisse unter anderem aus Plutarch, Arrian und Curtius Rufus betreffen die Durchschlagung des Gordischen Knotens und den Besuch in der Oase Siwa. Gerade hier ermöglicht die Nebeneinanderstellung der teilweise stark voneinander abweichenden Parallelberichte einen Einblick in die verschiedenen Traditionen – die auf Kleitarch zurückgehenden Schilderungen, die die übermenschlichen, aber auch brutalen Charakterzüge Alexanders betonen und die rationalen Berichte des Arrian, die unter anderem Ptolemaios vorlagen.

Einen ähnlichen Vergleich ermöglicht das anschließende, sehr ausführliche Kapitel: In diesem werden Quellen gegenübergestellt, die die negativen Seiten Alexanders und die sich aus der Verschmelzungspolitik ergebenden Konflikte mit den Makedonen thematisieren. Beschrieben werden beispielsweise die Grausamkeit des Herrschers, die „Katastrophen“ Alexanders, der Widerstand der makedonischen Einheiten am Hyphasis und bei Opis. Die Herausgeber stützen sich hier insbesondere auf die eher alexanderfeindliche Überlieferung, wie z.B. die Schilderungen bei Curtius Rufus. Die Umstände des Todes und die letzten Pläne Alexanders werden in den Quellen des letzten umfangreicheren Kapitels thematisiert. Auch hier werden von den Herausgebern verschiedene Versionen vorgestellt und auch die Gerüchte über eine mögliche Ermordung Alexanders präsentiert. Zwei weitere kürzere Kapitel („Alexander and the Romans“ und „Cities founded by Alexander“) betreffen die Wirkung Alexanders auf die Nachwelt. Ergänzt wird die Quellenzusammenstellung durch ausgewähltes Bild- und Kartenmaterial sowie eine Bibliografie.

Insgesamt ist die Strukturierung und Auswahl der thematischen Schwerpunkte äußerst überzeugend, auch wenn sich naturgemäß gewisse Überschneidungen zwischen den Kapiteln nicht vermeiden lassen. Insbesondere für Studium und akademische Lehre bietet die vorliegende Quellenzusammenstellung daher eine gute Grundlage. Eine Monografie über Alexander den Großen kann und will das vorliegende Werk nicht ersetzen.3 Es ermöglicht aber – dem Studierenden wie dem Lehrenden – einen vertieften Blick auf die Quellenlage und eröffnet somit die Möglichkeit zur eigenständigen Auseinandersetzung mit dieser faszinierenden wie widersprüchlichen Persönlichkeit.

Anmerkungen:
1 Vgl. die Quellenzusammenstellungen von Bosworth, Albert B., From Arrian to Alexander, Studies in Historical Interpretation, Oxford 1988; Auberger, Janick, Historiens d´Alexandre. Textes traduits et annotés, Paris 2001.
2 Heisserer, Andrew J., Alexander and the Greeks, The Epigraphic Evidence, Norman, Okl. 1980; Rhodes, Peter J.; Osborne, Robert, Greek Historical Inscriptions 404-323, Oxford 2003. Auch die Einbeziehung von persischen Quellen wäre in diesem Zusammenhang zu erwägen gewesen.
3 Siehe hier die neuesten Werke zu Alexander: Bosworth, Albert B.; Baynham, Elisabeth (Hrsg.), Alexander the Great in Fact and Fiction, Oxford 2000; Roisman, Joseph, Brill´s Companion to Alexander the Great, Leiden 2003; Wiemer, Hans Ulrich, Alexander der Große, München 2005.

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