S. Bott: La Suisse et l'Afrique du Sud

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Titel
La Suisse et l’Afrique du Sud, 1945–1990. Marché de l’or, finance et commerce durant l’apartheid


Autor(en)
Bott, Sandra
Erschienen
Zürich 2013: Chronos Verlag
Anzahl Seiten
476 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Lukas Tobler

Die Schweizer Südafrika-Beziehungen zur Zeit der Apartheid werden seit den 1970er Jahren in der Politik und Gesellschaft äusserst kritisch hinterfragt und beurteilt. Nach dem Zusammenbruch des Apartheidregimes 1994 folgte deshalb sehr schnell der Ruf nach einer Aufarbeitung der wirtschaftlichen Verflechtung von Schweizer Firmen mit dem südafrikanischen Apartheidstaat. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung war jedoch beeinflusst von politischen und wirtschaftlichen Interessen. So erfolgte 2003 die Sperrung von wichtigen Aktenbeständen im Bundesarchiv aus Angst vor Sammelklagen gegen Schweizer Firmen in den USA und behinderte dadurch massgeblich die Arbeit des Nationalen Forschungsprogramms 42+ über die Beziehung der Schweiz zu Südafrika. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass der Abschlussbericht des NFP 42+ auf grosse Forschungslücken hinweist und die kritischen Stimmen nicht entkräften konnte. Das Verständnis der Beziehungen von Schweizer Wirtschaftsunternehmen mit Südafrika blieb bruchstückhaft und geprägt von Spekulationen.

Mit der Dissertation von Sandra Bott und dem daraus resultierenden Buch liegt nun eine fundierte Studie vor, die die komplexen Wirtschaftsbeziehungen der beiden Länder analysiert. Sandra Bott, die bereits beim NFP 42+ mitwirkte, umging die Aktensperre in der Schweiz durch ausgiebige Recherchen in diversen Archiven Südafrikas, der USA und Grossbritanniens. Dadurch entstand eine detaillierte Analyse der Wirtschaftsbeziehungen der Schweiz mit Südafrika.

Die Autorin unterteilt die Thematik in zwei Zeitperioden, wobei der Fokus des Buches auf der Zeit von 1945 bis 1968 liegt. Dieser erste Teil führt mit einem Überblick über die politischen Beziehungen der Schweiz mit Südafrika sehr gelungen in die Materie ein und thematisiert anschliessend ausführlich die Anfänge und den Ausbau der Handelsbeziehungen mit dem Apartheidstaat. Die Recherchen von Sandra Bott zeigen, wie insbesondere die Schweizer Banken grosses wirtschaftliches Interesse an Südafrika hatten. Die Autorin widmet sich detailliert der Frage nach den Finanzbeziehungen und dem Goldhandel der Schweiz mit Südafrika.

Der zweite Teil des Buches ist strukturell eine Spiegelung des ersten, jedoch für die Jahre 1968 bis 1990. Auf deutlich weniger Seiten zeichnet Bott hier die Entwicklung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen ab 1968 nach und widmet sich insbesondere der Tätigkeit der Schweizer Finanzinstitute und deren Interessen in Südafrika.

Die schweizerische Politik gegenüber dem Apartheidstaat war geprägt von der politischen und moralischen Verurteilung, bei gleichzeitiger Weigerung, an Wirtschaftssanktionen teilzunehmen. Forderungen nach Sanktionen erteilte die Schweiz jeweils mit dem Hinweis auf die per se neutralen Wirtschaftsbeziehungen eine Absage. Bestärkt von der politischen Haltung der Schweiz investierten vor allem die Grossbanken viel in den Aufbau und die Erhaltung von wirtschaftlichen Verbindungen zu Südafrika. Insbesondere ab 1960, als die Kritik an Südafrika stetig wuchs und das Land international marginalisiert wurde, verstärkten die Finanzinstitute ihre Bemühungen um Finanz- und Goldgeschäfte in Südafrika. Dabei konnten Sie auf gefestigte institutionelle und persönliche Beziehungen bauen, die sich seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges gebildet hatten.

Südafrika war vom Krieg relativ unberührt und verfügte über reiche Vorkommen an natürlichen Ressourcen. Durch die geringen Lohnkosten und den Abbau von Einfuhr- und Devisenbeschränkungen war das Land 1945 ein lohnendes Ziel für Investitionen. Darauf aufbauend wurde die Schweizer Finanzindustrie zu einem wichtigen Partner für Südafrika. Als sich in den 1960er Jahren immer mehr Länder wirtschaftlich und politisch vom Apartheidstaat abwandten, wurde die Schweiz zu einem immer wichtigeren Handelspartner. Insbesondere nach der Schliessung des Londoner Goldpools 1968 und der Etablierung des Zürcher Goldpools durch die drei Schweizer Grossbanken stieg der Schweizer Finanzplatz zum wichtigsten Verkaufsstandort für südafrikanisches Gold auf und verkaufte in den darauffolgenden Jahren bis zu 80 Prozent des gelben Metalls aus dem Apartheidstaat. Der wirtschaftliche Kampf um das Gold aus Südafrika reihte sich in eine Reihe von Ereignissen, welche die Schweizer Banken ausnutzten, um von der schrittweisen internationalen Isolierung von Südafrika profitieren zu können. Sie verschafften sich so nicht nur einen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber der internationalen Konkurrenz, sondern versorgten den Apartheidstaat mit dringend benötigten finanziellen Mitteln und wirtschaftlichen Alternativen.

Die Arbeit von Sandra Bott gibt einen ausgezeichneten Überblick über die Handelsbeziehungen der beiden Länder. Die Autorin zeichnet detailliert die über Jahre gewachsenen wirtschaftlichen Verflechtungen auf. Zuweilen verliert sich Bott in finanztechnischen Detailfragen und vertieft sich zu sehr in bereits behandelte Details. Zudem wurden 2014 sowohl die gesperrten Akten im Bundesarchiv als auch die Goldstatistik der eidgenössischen Zollbehörde veröffentlicht. Es ist jedoch nicht davon auszugehen, dass die Akten oder die Zollstatistik das von Bott skizzierte Bild wesentlich verändern werden. Sandra Bott gelingt es, in ruhiger und analytischer Weise die Geschäftsinteressen der Schweizer Wirtschaft darzustellen. Damit hebt sie sich in wohltuender Weise von vielen Publikationen zu dieser Thematik ab, die allzu sehr auf eine moralische Verurteilung der Geschäftstätigkeit der Schweizer Unternehmen abzielen. Durch die sachliche Darstellung der Ereignisse liefert das Buch wichtige Argumente für die Kritik an den Schweizer Beziehungen zum Apartheidstaat. Die moralischen Verurteilungen des Apartheidregimes durch die offizielle Schweiz verblassen so angesichts der florierenden und geförderten Wirtschaftsbeziehungen mit Südafrika.

Zitierweise:
Lukas Tobler: Rezension zu: Sandra Bott, La Suisse et l’Afrique du Sud 1945–1990. Marché de l’or, finance et commerce durant l’Apartheid, Zürich: Chronos Verlag, 2013. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte Vol. 66 Nr. 3, 2016, S. 481-482.

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Zuerst veröffentlicht in

Schweizerische Zeitschrift für Geschichte Vol. 66 Nr. 3, 2016, S. 481-482.

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