M. Schneider: Die Surbeks

Cover
Titel
Die Surbeks. Victor & Marguerite: Ein Berner Künstlerpaar


Autor(en)
Schneider, Markus
Erschienen
Zürich 2014: Scheidegger & Spiess
Anzahl Seiten
144 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Andrea Arnold, Zürich

Der Maler Victor Surbek (1885–1975) feierte zeitlebens grosse Erfolge, was nicht zuletzt seine aktive Ausstellungsbeteiligung belegt. Bekanntheit erlangte er vor allem durch seine Landschaftsdarstellungen, die unter dem Einfluss Ferdinand Hodlers stehen. Für lange Zeit geriet das Werk des in Zäziwil geborenen Malers dann in Vergessenheit. So ist heute selbst vielen eingefleischten Bernern nicht mehr bekannt, dass die Wandmalerei an der Westfassade des Zytgloggeturms von Surbek stammt. Das Buch von Markus Schneider leistet hier Abhilfe und ruft nicht nur Victor Surbeks Schaffen, sondern auch das seiner Frau Marguerite Frey-Surbek (1886–1981) in Erinnerung.

Der reich bebilderte Band ist in acht knappe Kapitel gegliedert. Die ersten beiden Kapitel sind der künstlerischen Ausbildung der beiden gewidmet: Die gebürtige Jurassierin Marguerite nahm nach dem Besuch der Berner Kunstgewerbeschule Einzelunterricht bei Louis Moilliet und dem damals noch unbekannten Paul Klee. Klee besuchte die Schülerin von 1904 bis 1906 alle zwei Wochen in ihrer Mansarde im Berner Kirchenfeldquartier (1). Victors Eignung zum Maler wurde von keinem Geringeren als Hodler bestätigt. Diesem Urteil konnte denn auch Victors Vater, ein Arzt und zu der Zeit Direktor des Berner Inselspitals, nichts entgegenhalten. Mit neunzehn Jahren ging Victor an die Kunstgewerbeschule in München, um die vielfältigen druckgrafischen Verfahren zu erlernen (2). Nach zwei weiteren Lehrjahren in Karlsruhe reiste er nach Paris, wo er seine spätere Frau Marguerite kennenlernen sollte.

Der Hauptteil des Buches nimmt – und dies zum ersten Mal überhaupt – das Berner Künstlerpaar gemeinsam in den Blick. In sechs Kapiteln zeichnet der Autor wichtige Stationen im Leben des Künstlerpaars nach. Auf die Zeit des Kennenlernens in Paris (3) folgt der für Victor erste grosse Durchbruch: Sein Entwurf mit dem Titel Beginn der Zeit gewinnt den prestigeträchtigen Wettbewerb zur Bemalung des Berner Zytgloggeturms (4). Weitere Akzente setzt der Autor mit der Beschreibung des gemeinsamen Atelierlebens in Iseltwald am Brienzersee (5) und der ausgedehnten Reisen, die das Paar entweder gemeinsam oder getrennt voneinander unternahm. Während es sie allein in die nahe gelegene, einsame Bergwelt lockte, reiste er mit einem Freund, vermutlich dem Künstler Paul Zehnder, ins ferne Tunesien (6). In den beiden letzten Kapiteln stellt der Autor Ereignisse und Begegnungen aus der Zeit während (7) und nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die letzten Lebensjahrzehnte des Ehepaars in den Vordergrund (8).

Wie ein Leitmotiv zieht sich die Frage durch das Buch, wie die Eheleute dem künstlerischen Schaffen und dem Erfolg des anderen jeweils gegenüberstanden. Dass Marguerite, die als Künstlerin hinter ihrem Mann das Nachsehen hatte, dies nicht immer leicht ertrug, erstaunt nicht. Aufschlussreich sind die Ausführungen zum politischen Engagement der Künstlerin. Sie setzte sich für das Frauenstimmrecht ein, war Mitbegründerin der Gesellschaft Schweizer Malerinnen, Bildhauerinnen und Kunstgewerblerinnen (GSMBK), denen der Zutritt zum Männerverein (GSMBA) bis 1972 verwehrt blieb, und eröffnete im Berner Mattequartier einen Hort für verwahrloste Kinder.

Der Autor des Buches ist Journalist und mit einer Grossnichte von Victor Surbek verheiratet. Neben der spärlich vorhandenen Literatur zu den Surbeks nutzte er Briefe, Tagebücher, Tonbandaufzeichnungen sowie mündliche Aussagen von Verwandten und Bekannten der Surbeks als Ausgangsmaterial für seinen Text. Da der Verfasser mit seinem Buch keinen wissenschaftlichen Anspruch erhebt, kann man über den summarischen Nachweis der zitierten Schriftquellen hinwegsehen. Für eine weitere Beschäftigung mit dem Thema wäre jedoch die einzelne Nennung von Standorten und Signaturen hilfreich gewesen, zumal die zitierten Briefe auf verschiedene Institutionen verteilt sind.

Mit Sorgfalt ausgewählt sind die reproduzierten Werke, auf die der Text jeweils Bezug nimmt und die auch kaum bekannte Arbeiten, wie Marguerites Pariser Frauenakt aus dem Jahr 1906, berücksichtigen. Anerkennung gebührt der ansprechenden und originellen Buchgestaltung mit einem herausnehmbaren Skizzenbuch, das einen Querschnitt durch die 62 erhaltenen blauen Hefte mit Skizzen und Studien des Künstlers bietet.

Schneiders Buch richtet sich an eine breite, allgemein an Themen der Kunst- und Kulturgeschichte interessierte Leserschaft. Es liest sich angenehm und flüssig und ermöglicht einen leichten Zugang zum Leben und Wirken des bis anhin zu wenig beachteten Künstlerpaars.

Zitierweise:
Andrea Arnold: Rezension zu: Schneider, Markus: Die Surbeks. Victor & Marguerite: Ein Berner Künstlerpaar. Zürich: Scheidegger & Spiess 2014. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 78 Nr. 2, 2016, S. 67-68.

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Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 78 Nr. 2, 2016, S. 67-68.

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