P. Koch: Gals, Zihlbrücke

Cover
Titel
Gals, Zihlbrücke. Ein römischer Warenumschlagplatz zwischen Neuenburger- und Bielersee


Autor(en)
Koch, Pirmin
Herausgeber
Erziehungsdirektion des Kantons Bern, Archäologischer Dienst des Kantons Bern
Erschienen
Bern 2011: Rub Media
Anzahl Seiten
136 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Christoph Zürcher

Archäologie heute: Das Buch gibt faszinierende Einblicke in heutige Methoden der Archäologie. Aus einem Mosaik von Funden und Spuren wird mit kriminalistischen Methoden ein Tatbestand rekonstruiert, und wenn das Ganze noch spannend und in einer auch für Laien verständlichen Sprache dargeboten wird, dann wird die Lektüre zum Vergnügen.

Das Ganze beginnt mit einer Notgrabung im Juli 2004, als ein privater Landeigentümer sein Bauvorhaben ohne die obligatorische Meldung an den Archäologischen Dienst beginnt. Das Gelände liegt an der Zihlbrücke bei Gals, einem Gebiet, das von römischen Fundstellen nur so wimmelt, was in einer trefflichen Karte der Publikation anschaulich gemacht wird. Die Grabung förderte einen Warenumschlagplatz im Umfeld einer Brücke über die in römischer Zeit als Schifffahrtsweg genutzte Zihl zutage. In einer ersten Phase um 200 n. Chr. wurde ein Kiesplatz angelegt, der etwas später mit einem Gebäude, wohl einem Lagerhaus, ergänzt wurde, das Keramik- und Münzfunde der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts zuweisen. Das Gebäude wurde bereits um 250 n. Chr. durch einen Brand zerstört, während der Anlegeplatz weiter benützt wurde. Interessant am Fund ist die Tatsache, dass damit ein römischer Siedlungsplatz, der abseits eines Gutshofes oder eines Vicus liegt, erforscht werden konnte. Solche Plätze sind im Allgemeinen schlecht untersucht und wenig bekannt.

Aus der Publikation geht eindrücklich hervor, mit welchen vielfältigen Methoden heute die Archäologie ausgerüstet ist und arbeitet und wie stark die Qualität der Grabungsresultate beziehungsweise ihrer Auswertung vom Zusammenwirken von Spezialisten geprägt ist. Eine wichtige Rolle spielen naturgemäss die Keramikfunde, die es beispielsweise erlauben, Töpfereibetriebe zu identifizieren und Aussagen über die Verbreitung ihrer Produkte zu machen. Susanne Frey-Kupper steuert einen Münzkatalog von 6 identifizierten Münzen bei (zwischen 116 und 222 n. Chr.). Knochenfunde erlauben Rückschlüsse auf 10 Haustier- und 2 Wildtierarten. Ganz spannend sind die Ergebnisse der von Marlies Klee durchgeführten archäobotanischen Untersuchungen. Aus insgesamt 17,5 Litern wassergesättigtem Sediment wurden die anorganischen Anteile mittels Flotation ausgeschwemmt und die organischen Anteile unter der Stereolupe ausgelesen. Das erlaubte die Identifikation von 14 Nutzpflanzen, vorwiegend Getreidesorten, was die Vermutung erhärtet, dass es sich beim Fundplatz um einen Getreideumschlagplatz und -speicher gehandelt haben muss. Im Weiteren wurden identifiziert: 5 Getreideunkräuter, 4 Grünlandpflanzen, 2 Pflanzen aus Feuchtwiesen, 1 Ruderalpflanze und 6 weitere Pflanzen. Das vielseitige Getreidespektrum lässt Rückschlüsse auf die damals betriebene Landwirtschaft zu.

Der Fund von Gals-Zihlbrücke liefert einen weiteren Mosaikstein zum Bild der römischen Kulturlandschaft im Dreiseenland und besonders zur Bedeutung der Zihl als Transportweg. Wie hat man sich den Getreidespeicher vorzustellen, von dem ja lediglich Brandspuren gefunden wurden? Es muss ein Bau mit abgehobenem Boden gewesen sein. Vielleicht so, wie sich ein Getreidespeicher von 1779 aus St. Martin im Wallis präsentiert?

Oder so wie auf einem spätantiken Mosaik (6. Jahrhundert) aus Madaba (Jordanien), das einen Fluss mit Fähre und eben einem Gebäude mit abgehobenem Boden zeigt? Erwähnenswert ist die Tatsache, dass die Auswertung der Grabungsfunde und die Publikation nur durch das Zusammenwirken des Archäologischen Dienstes mit der Universität Basel möglich wurden. Die Dokumentation der Grabung wäre wohl auf unbestimmte Zeit im Depot verschwunden, wenn sich nicht ein Basler Lizenziat des Themas angenommen hätte. Er konnte vice versa von der professionellen Infrastruktur und der fachlichen Begleitung durch die Kräfte des Archäologischen Dienstes profitieren. Die vorliegende Publikation ist das erfreuliche Resultat dieser Zusammenarbeit.

Der Band sei einigen bernischen Grossräten, die glauben, der Archäologische Dienst des Kantons Bern eigne sich als Sparobjekt, wärmstens der Lektüre empfohlen.

Zitierweise:
Christoph Zürcher: Rezension zu: Koch, Pirmin: Gals, Zihlbrücke. Ein römischer Warenumschlagplatz zwischen Neuenburger- und Bielersee. Mit Beiträgen von Susanne Frey-Kupper und Marlies Klee. Archäologischer Dienst des Kantons Bern 2011. Bern: Verlag Rub Media 2011. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 75 Nr. 1, 2013, S. 49-51.

Redaktion
Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 75 Nr. 1, 2013, S. 49-51.

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