C. Müller: Lepra in der Schweiz

Cover
Titel
Lepra in der Schweiz.


Autor(en)
Müller, Christian
Herausgeber
Leprahilfe Schweiz
Erschienen
Zürich 2007: Chronos Verlag
Anzahl Seiten
310 S.
Preis
€ 24,80
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Thomas von Graffenried

Lepra ist eine Krankheit, die weltweit existiert und in der Schweiz mindestens während 1600 Jahren auftrat. Früher versuchten Kirchenverantwortliche den Kranken zu helfen. Eine wirksame medizinische Behandlung setzte aber erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts ein.

Das Buch zur schweizerischen Leprahilfe ist in vier Kapitel gegliedert. Das erste Kapitel schildert die Lepra im Altertum und im Frühmittelalter. In der Schweiz wurde Lepra im 4. Jahrhundert erstmals beobachtet. In ganz Europa entstanden ab dem 6. Jahrhundert Leprosorien. Im zweiten Kapitel zu Mittelalter und Früher Neuzeit wird das Leben der Kranken beschrieben. Leprakranke waren damals eine typische gesellschaftliche Randgruppe. Das Siechenhaus stand ausserhalb der Stadt, in deutlicher räumlicher Distanz zur gesunden Bevölkerung. Jene Kranken, die darin keinen Platz fanden, zogen als so genannte Wandersiechen frei herum. Im Mittelalter kümmerte sich die Kirche, etwa der Lazaritenorden, um die Leprakranken. In der Neuzeit regelten die Verwaltungsorgane in den Städten die Pflege. Aussätzige waren Objekte sowohl des Mitleids als auch des Abscheus. Im 16. und 17. Jahrhundert wirkten die Ärzte Paracelsus, Platter, Holzach und Hildanus in der Schweiz. Im dritten Kapitel werden Einzelschicksale von erkrankten Personen der Unter- und Mittelschicht dargestellt. Der letzte Fall trat 1927 im Wallis auf. Das vierte Kapitel schliesslich befasst sich mit Lepra im europäischen Raum und in der übrigen Welt.

Das Buch behandelt in verschiedenen Abschnitten auch die Verhältnisse im Kanton Bern. Die Lepraschau wurde in der Stadt Bern 1424 eingerichtet und es wurden zwei Siechenärzte ernannt. Die Untersuchungen der Kranken wurden bei der Sandfluh gegenüber der Nydegg vorgenommen.

Aus dem gesamten Berner Territorium kamen Kranke zur Überwachung, Examinierung und Einweisung ins Breitfeld nach Bern. 1340 ermöglichten Spenden den Bau eines Hauses. Das Siechenhaus erwarb im 15. Jahrhundert meist verstreuten Grundbesitz. Es erhielt Schenkungen in Form von Häusern, Feldern, Rebgütern in der näheren Umgebung und im Emmental. Im Oberland führten im 15. Jahrhundert die Niedersimmentaler Gemeinden Weissenburg, Erlenbach, Diemtigen, Wimmis und Oey ein Siechenhaus. Ein weiteres existierte oberhalb von Interlaken, im Rugen. Es wurde zusammen mit den Gemeinden Unterseen, Unspunnen, Ringgenberg und Brienz verwaltet.

1553 bauten die Emmentaler Gemeinden Höchstetten, Zäziwil, Bowil und Oberthal gemeinsam ein Leprosorium. 1583 schlossen sich Trachselwald, Sumiswald, Trub, Schangnau, Lauperswil, Rüderswil, Eriswil, Lützelflüh und Rüegsau zusammen und erbauten das Siechenhaus in Huttwil.

Im 14. und 15. Jahrhundert erhielt das Siechenhaus Bern beachtliche Schenkungen in Form von Häusern, Feldern und Rebgütern in der näheren Umgebung und im Emmental. Es beanspruchte im 15. Jahrhundert das Erbe seiner Insassen. 1525 erklärte der Berner Rat, dass Kleider eines Verstorbenen an das städtische Siechenhaus fielen. Gemäss Hausordnung war die Kost in den Leprosorien des 17. Jahrhunderts, ausser im Waadtland, wo sie vielerorts magerer ausfiel, gut. Im bernischen Gebiet durften die Wandersiechen nur einen Tag im Siechenhaus bleiben, am folgenden Tag wurden sie in der Regel weggewiesen.

Der Anhang des Buches enthält eine Liste von Siechenhäusern in der Schweiz, darunter auch jene des Kantons Bern, von denen nur wenige als geschützte Bauwerke noch stehen und die vielfältige spätere Nutzungen erfuhren. Darauf folgen Quellentexte in lateinischer und deutscher Sprache sowie eine ausführliche Bibliografie. Die Abbildungen stellen einzelne Siechenhäuser dar und geben Einblick in die Geschichte dieser Krankheit.

Christian Müller hat breit recherchiert und zahlreiche neue handschriftliche
Archivalien gefunden. Es ist ihm gelungen, die historische Entwicklungslinie des verbreiteten Leidens nachzuzeichnen.

Zitierweise:
Thomas von Graffenried: Rezension zu: Christian Müller: Lepra in der Schweiz. Herausgegeben von der Leprahilfe Schweiz, Zürich, Chronos Verlag 2007, 310 S., 35 Abb. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 70, Nr. 3, Bern 2008, S. 58f.

Redaktion
Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 70, Nr. 3, Bern 2008, S. 58f.

Weitere Informationen
Klassifikation
Region(en)
Mehr zum Buch
Inhalte und Rezensionen
Verfügbarkeit