P. Meier: Die Einsamkeit des Staatsgefangenen Micheli du Crest

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Titel
Die Einsamkeit des Staatsgefangenen Micheli du Crest. Eine Geschichte von Freiheit, Physik und Demokratie


Autor(en)
Meier, Pirmin
Erschienen
Zürich 1999: Pendo Verlag
Anzahl Seiten
498 S.
Preis
€ 24,90
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Susanna Bühler

Es ist eine erstaunliche und – auch wenn man sie aus ihrem historischen Umfeld heraus betrachtet – manchmal befremdliche Geschichte, die Lebensgeschichte des Jacques-Barthélemy Micheli. 1690 auf Schloss Crest bei Genf als Stammhalter einer der tonangebenden Genfer Familien geboren, scheint dem jungen Micheli eine glänzende Laufbahn vorgezeichnet. Er tritt in den Militärdienst, wird Mitglied des Grossen Rates. Schon früh interessiert er sich für Physik, Kartografie und Festungsbau. So setzt er sich intensiv mit den Genfer Festungsbauprojekten auseinander und kritisiert sie. Dabei beschränkt er sich nicht auf fachliche Einwände, sondern fordert in einer Streitschrift mehr Transparenz beim Vorgehen und Mitsprache des Souveräns. Damit wird er zum politischen Dissidenten. Es folgen die Ausbürgerung und die Konfiskation seiner Güter. 1735 wird er im Abwesenheitsverfahren in Genf symbolisch hingerichtet. 1738 zieht er sich aus dem Militärdienst zurück und widmet sich in Paris der Entwicklung eines universellen Thermometers. Doch kann er es nicht lassen, immer wieder Traktate mit seinen politischen Ideen in Umlauf zu bringen. Micheli muss Paris verlassen, wird zum Flüchtling in Basel und Neuenburg. Wegen eines Pamphlets gegen Bern wird er dorthin ausgeliefert und vorerst in der Spinnstube des Inselspitals eingesperrt. Sein Schicksal besiegelt sich mit der Henzi-Verschwörung. Er ist am Rande daran beteiligt und wird deshalb 1749 als Staatsgefangener zu ewiger Haft auf der Festung Aarburg verurteilt. Dort wird er bis zu seinem Tod 1766 einsitzen; die Kosten gehen zu seinen Lasten. Das feuchte Zimmer ruiniert seine Gesundheit. Bei den Haftbedingungen wechseln harte Phasen mit etwas lockereren, zum Beispiel was Briefkontakte betrifft oder die Möglichkeit, physikalische Studien durchzuführen und zu publizieren.

Pirmin Meier charakterisiert seinen Helden an einer Stelle als «Mensch, geboren gleichsam zum Thermometer der Verhältnisse, aus denen er existiert» (S. 56). Die Darstellung von Michelis Lebensgeschichte folgt diesem Bild. Meier legt den Leserinnen und Lesern nicht eine traditionelle Biografie vor, sondern eher ein umfangreiches Essay. Ausgehend von Micheli entsteht eine Art literarisches Gemälde der Zeit der Aufklärung, mit Schwerpunkt auf der Wissenschafts- und politischen (Ideen-)Geschichte. Ausführlich kommen auch die bernischen Verhältnisse zur Sprache. Dem Autor ist es gelungen, eine Fülle von Informationen in einer packenden Form zu präsentieren. Zu kritisieren ist höchstens die Handhabung der Anmerkungen: Es gibt einen Anhang mit Anmerkungen, geordnet nach Seiten des Haupttextes. Im Haupttext selbst wird jedoch nicht auf die Anmerkungen verwiesen, was bewirkt, dass sie von den Lesenden nicht wahrgenommen werden.

Zitierweise:
Susanna Bühler: Rezension zu: Meier, Pirmin: Die Einsamkeit des Staatsgefangenen Micheli du Crest. Eine Geschichte von Freiheit, Physik und Demokratie, Zürich, Pendo, 1999, 498 S. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 62, Nr. 3, Bern 2000, S. 118.

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Autor(en)
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Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 62, Nr. 3, Bern 2000, S. 118.

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