M. Schürpf: Fotografie im Emmental

Titel
Fotografie im Emmental. Idyll und Realität


Autor(en)
Schürpf, Markus
Herausgeber
Pfister, Thomas
Erschienen
Bern 2000: Kunstmuseum Bern
Anzahl Seiten
Preis
ISBN
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Christian Lüthi, Universitätsbibliothek Bern

Im Frühling 2000 präsentierte das Kunstmuseum Bern die Ausstellung «Fotografie im Emmental, Idyll und Realität». Der gleichnamige Katalog umfasst die in der Ausstellung gezeigten Aufnahmen und erzählt die Fotografiegeschichte des Emmentals von den Anfängen bis in die Gegenwart. Nach einem Überblick über die frühen Wanderfotografen porträtiert der Autor sämtliche Atelierfotografen, die in Burgdorf, Langnau und Huttwil ansässig waren. Diese Berufsleute waren jedoch nicht die Einzigen, welche in dieser Gegend fotografierten. Bis in die Gegenwart waren zahlreiche Wander- und Reportagefotografen im Emmental unterwegs. Neben Kapiteln zu einzelnen Zeitabschnitten thematisiert Schürpf auch die Landschaftsfotografie und die Bilderproduktion rund um «Viehzucht, Käseherstellung und Industrie». Ferner leuchtet er das Spannungsfeld zwischen der ländlichen Realität und der Darstellung des Emmentals als Idyll aus.

Die publizierten Fotografien werden immer in einen Entstehungszusammenhang gestellt. Dabei wirft entweder die Biografie der Fotografen oder das gesellschaftliche Umfeld ein erhellendes Licht auf die präsentierten Bilder. Die Liste von über 70 Fotografinnen und Fotografen im Anhang zeigt, dass das Emmental stets ein beliebtes Objekt der Fotografie war. Ein wichtiger Grund dafür ist die Tatsache, dass die Napfregion im Zusammenhang mit der Gotthelf-Rezeption und konservativer Kritik an der urbanen Schweiz das Attribut eines ländlichen Idylls erhielt. Im Rahmen der Geistigen Landesverteidigung wurde dieses Klischee gefestigt. Dies zeigt sich zum Beispiel in den Aufnahmen berühmter Reportagefotografen der Zwischenkriegszeit, wie Hans Staub, Theo Frey oder Hermann Stauder. Da sie ihre Aufnahmen meist im Auftrag von populären Illustrierten machten, mussten sie gewisse Konzessionen an den Zeitgeist des Massenpublikums machen. Obwohl sie den emmentalischen Lebensalltag auch kritisch ablichteten, schwingt in ihren Bildern oft ein Unterton von heiler Welt mit.

Das Thema des Emmentals als idealisierter Heimat durchzieht mehrere Kapitel von Schürpfs Publikation. Der Autor zeigt auf, dass Idyll und Realität nicht von vornherein Gegensätze sind. Vielmehr hängt die Zuordnung einer Fotografie in eine dieser Kategorien vom Standpunkt der Betrachtung ab. Bilder vom Heuen oder Holzen können für Aussenstehende angesichts der Ästhetik einer Aufnahme sehr wohl als «heimelig» interpretiert werden. Die Abgelichteten, die um die Mühe dieser Arbeiten wussten, sahen darin wohl eher die Realität eines harten Arbeitstages. Dieses Beispiel zeigt, dass Fotografien nicht für sich selbst sprechen, sondern der Interpretation bedürfen. Markus Schürpf hat einen wichtigen Beitrag geleistet, damit Bilder des Emmentals in den richtigen Kontext gestellt werden können. Seine umfassende Darstellung der Emmentaler Fotografie in Text und Bild ist ein Grundlagenwerk zur Kulturgeschichte dieser Gegend.

Zitierweise:
Christian Lüthi: Rezension zu: Schürpf, Markus: Fotografie im Emmental. Idyll und Realität. Hrsg. von Thomas Pfister, Bern: Kunstmuseum, 2000, 192 S., ill. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 62, Nr. 3, Bern 2000, S. 120f.

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Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 62, Nr. 3, Bern 2000, S. 120f.

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