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H-Soz-Kult
 

Das Historische Buch

Projektvorstellung

Längst schon ist der Büchermarkt im Fach Geschichte so reichhaltig und unübersichtlich geworden, dass selbst auf engeren Themengebieten kaum noch ein Überblick zu gewinnen ist. Was für ausgewiesene Spezialisten gilt, stellt erst Recht Studierende, interessierte Laien und den Fachhistoriker, der auch jenseits des eigenen Forschungshorizonts auf dem Laufenden bleiben möchte, vor Probleme. Qualitativ hochwertige, eventuell sogar richtungweisende Neuerscheinungen aus der Flut der Publikationen zuverlässig herauszufiltern, gleicht einer Sisyphusarbeit mit äußerst ungewissem Ausgang.

Aus diesem Grund hat sich die Redaktion von H-Soz-u-Kult im Jahr 2002 entschlossen, unter dem Titel "Das Historische Buch" jährliche Übersichtsrankings zu veröffentlichen, die die wichtigsten Neuerscheinungen der jeweiligen Vorjahre umfassen sollen. Bedeutung und Rangfolge der Titel ergeben sich dabei nicht aus Verkaufszahlen, sondern aus einem Nominierungs- und Bewertungsverfahren, für dessen fachliche Zuverlässigkeit eine Jury aus renommierten Historikerinnen und Historikern bürgt. Der Wettbewerb "Das Historische Buch" soll die qualitative Einordnung von Fachpublikationen durch Rezensionen, wie H-Soz-u-Kult sie seit Jahren erfolgreich und in großer Zahl bereit stellt, abrunden, nicht jedoch ersetzen oder überflüssig machen.

Das Projekt geht in diesem Jahr somit in die zweite Runde, und wir haben uns um ein verbessertes Verfahren bemüht, das die Manöverkritik seitens der Juroren und unserer Leser aus dem vergangenen Jahr berücksichtigt. Wesentliches Ziel war dabei die inhaltliche und technische Optimierung ebenso wie die Schaffung eines Angebotes für die mehr als 7.000 Subskribenten von H-Soz-u-Kult - eines zweifellos gewaltigen geschichtswissenschaftlichen Potenzials -, sich am Wettbewerb zu beteiligen. Daher gibt es in diesem Jahr zusätzlich einen "Publikumspreis", der neben den epochal und thematisch gegliederten Voten der Jury steht.

Die Ergebnisse des letztjährigen Wettbewerbs bleiben natürlich archiviert und sind jederzeit einsehbar.

Die Jury

Die Jury soll die fachliche, methodische und epochale Orientierung und Pluralität der aktuellen Geschichtswissenschaft zumindest im Ansatz abbilden, deshalb wurde sie gegenüber dem vergangenen Jahr noch einmal um einige Kolleginnen und Kollegen erweitert. Die meisten Juroren des Jahres 2002 erklärten sich auch in diesmal wieder bereit, am Wettbewerb "Das Historische Buch" aktiv teilzunehmen. Jede der epochalen oder regionalen Kategorien ist ab diesem Jahr mit mindestens fünf Juroren vertreten, um ein ausreichend breites thematisches Spektrum der Vorschläge und eine aussagekräftige Bewertung sicher zu stellen. Um die Unabhängigkeit des Verfahrens zu gewährleisten, ist kein Juror ist zugleich Mitglied der Redaktion von H-Soz-u-Kult.

Der Jury gehören im Jahr 2003 siebenunddreißig Historikerinnen und Historiker an, die sämtlich durch herausragende eigene Forschungen ausgewiesen sind und überwiegend an Hochschulen oder Forschungseinrichtungen der drei deutschsprachigen Länder tätig sind. Um auch fremdsprachige Literatur besser einbeziehen zu können, wurde eine stärkere Internationalisierung der Jury angestrebt, daher lehrt und arbeitet ein gutes Drittel der Juroren nicht in Deutschland, sondern in Österreich, der Schweiz, Großbritannien, Frankreich, den USA und Niederlanden, Israel, Dänemark, Russland, Polen, Italien und Ungarn. Die 'Exzellenz' der Jury drückt sich aus u.a. durch die Teilhabe von Preisträgern und Ehrendoktoren, von Mitgliedern wissenschaftlicher Akademien, Beiräten und Kommissionen, von Stipendiaten und Fellows wissenschaftlicher Kollegs und Forschungszentren sowie von Sprechern und Initiatoren historischer Sonderforschungsbereiche und Forschergruppen der DFG oder Gutachtern anderer Drittmittelgeber. Daneben haben wir einzelne Beiräte von H-Soz-u-Kult zur Teilnahme eingeladen sowie jüngere Autoren eingebunden, deren gelungenen Beiträge und Rezensionen für sie sprachen. Geachtet wurde zudem auf eine gleichwertige Berücksichtigung der Geschlechter, unterschiedliche Altersgruppen und einen gewissen regionalen Proporz.

Nicht unterschlagen wollen wir, dass uns einige Kollegen im In- und Ausland, als wir ihnen zu Anfang diesen Jahres das Projekt vorstellten und zur Mitwirkung als Juror oder Jurorin einluden, mit Verweis auf vielfältige anderweitige Verpflichtungen einen 'Korb' gegeben haben oder sich nach Teilnahmezusagen plötzlich wieder zurückgezogen. Jedoch wurde von den meisten das Vorhaben ausdrücklich als sinnvolle Initiative begrüßt. Nähere Informationen zu den beteiligten Wissenschaftlern und Historikerinnen finden Sie auf den Seiten Jury des Jahres 2003.

Für die Zukunft ist ein Rotationssystem vorgesehen, nach dem jedes Jahr ein Viertel der Jurymitglieder ausscheidet und jeweils eine/n Nachfolger/in vorschlägt. Die Mitgliedschaft eines jeden Jurors endet spätestens nach vier Jahren. Die Rotationsfolge der ersten Juroren wird per Los festgelegt.

Das Verfahren

Die Redaktion hatte sich entschieden, der Jury ein Schema mit 10 Kategorien epochaler, regionaler und thematischer Ausrichtung vorzugeben:

Nr.Kategoriezeitlicher RahmenAusrichtungzulässige Publikations-
jahre
1.Alte Geschichtebis ca. 5 Jh. n.Chr.Epochaler Fokus2001 / 2002
2.Mittelalterliche Geschichtebis ca. 1500
3.Geschichte der Frühen Neuzeit16. - 18. Jh.
4.Neuere Geschichte (langes 19. Jh.)1789 - 1914/18
5.Neueste Geschichte1914/18 - 1945/50
6.Zeitgeschichteab 1945
7.Europäische Geschichteohne zeitliche BegrenzungRegionaler Fokus
8.Außereuropäische Geschichteohne zeitliche Begrenzung
9.Offene Kategorie (Überblicksdarstellungen / Lehrbücher / übergreifende Abhandlungen / methodisch oder theoretisch innovative Studien)ohne zeitliche Begrenzungübergreifend
10.Wechselnder thematischer Schwerpunkt
im Jahr 2003: Nationalismus und Ethnizität
ohne zeitliche Begrenzungthematisch vertiefend1998 - 2002

Die Durchführung des Wettbewerbs in Kategorien hat zwei wesentliche Vorteile. Zum einen ist die Bewertung differenzierter, d.h. man kann sich besser über die wichtigsten Titel in bestimmten thematischen oder epochalen Segmenten informieren. Zum anderen wären in einer Gesamtbewertung Bücher aus den in der Jury personell schwächer vertretenen älteren Epochen ohne wirkliche Chance auf eine angemessene Platzierung gewesen. Ähnliches stand für fremdsprachige Publikationen oder Studien außereuropäischer Provenienz zu befürchten. Dies hat uns bewogen, zugunsten mehrerer "Historischer Bücher des Jahres 2002" auf den einen, publikumswirksameren Siegertitel zu verzichten. In Teilen schließt das Findungsverfahren für den Publikumspreis durch die H-Soz-u-Kult-Subskribenten diese Lücke.

Nominierungsphase

Aufgabe der Juroren war es im Februar diesen Jahres zunächst, innerhalb einer mehrwöchigen Frist Publikationen aus den beiden Vorjahren zu benennen, die sie für besonders ertragreich, methodisch innovativ, vorbildlich strukturiert, stilistisch oder anderweitig herausragend hielten. Vorgeschlagen werden konnten sämtliche frei erhältlichen oder zugänglichen Publikationen (Monographien, Sammelwerke, Editionen, Sonderhefte von Reihen oder Periodika, Websites, CD-Rom u.ä.m.) zu historischen Themen, die im Jahr 2002 erstmals oder in überarbeiteter Neuauflage erschienen sind. Zugelassen waren auch Titel des Jahres 2001, sofern diese nicht bereits im letzten Jahr auf den abschließenden Ranking-Listen des Wettbewerbs vertreten waren. Für den thematischen Schwerpunkt, der im Jahr 2003 "Nationalismus und Ethnizität" heißt, konnten abweichend vom sonstigen Verfahren sogar Bücher aus den letzten fünf Publikationsjahrgängen nominiert werden. Diese Option sollte sicherstellen, dass das Schwerpunktthema hinreichend breit abgedeckt wird. Ansonsten gab es weder sprachliche noch anderweitige Einschränkungen. Auch die Nennung eines Buches gleich für mehrere Kategorien war möglich. Lediglich eigene Bücher oder Publikationen, an denen die Juroren selbst maßgeblich beteiligt waren, durften von diesen nicht nominiert werden. Während eines zweiwöchigen Zeitfensters konnten sich auch die Subskribenten von H-Soz-u-Kult an der Nominierung von Büchern beteiligen. Dazu wurde ein spezielles Webformular freigeschaltet, über das pro Person bis zu fünf Publikationen vorgeschlagen werden konnten. Diese Titel ergänzten dann die Vorschlagsliste der Juroren. Am Ende der Vorschlagsphase hatten 36 Jurymitglieder und 65 Subskribenten knapp 350 Titel für vorschlagswürdig befunden, die von uns in einer Vorschlagsliste [PDF, 215 KB] mit den genannten epochalen und thematischen Kategorien zusammengestellt wurden.

Bewertungsphase

Anschließend konnte der zweite Schritt erfolgen: die Bewertung. Ab Mitte März 2003 hatten die Preisrichter in einer angemessenen Frist die Möglichkeit, die ihrer Meinung nach besten Bücher jeder Kategorie durch die Vergabe von Platzziffern von eins bis fünf auszuzeichnen; mehr als fünf Bewertungen je Kategorie waren nicht möglich. Theoretisch konnte jedes Jurymitglied fünfzig Titel verteilt über die zehn Kategorien hervorheben. An der Bewertung beteiligten sich 36 der 37 Juroren mit insgesamt 1041 Einzelvoten. Während der Bewertungsphase wurden keine Zwischenergebnisse veröffentlicht, um das Abstimmungsverhalten anderer Jurymitglieder nicht zu beeinflussen.

Auch die Subskribenten erhielten Ende März die Gelegenheit, innerhalb eines zweiwöchigen Zeitfensters den "Publikumspreis" zu wählen. Grundlage hierfür war die gleiche Vorschlagsliste, die auch den Juroren zur Bewertung vorlag, allerdings wurden die Titel zu einer einzigen, alle epochalen und thematischen Kategorien vereinenden Liste zusammengezogen. Jeder sich beteiligende Subskribent konnte über Platzziffern von eins bis fünf für insgesamt fünf Titel votieren. Ein technisches Verfahren stellte hierbei sicher, dass Mehrfachvoten der stimmberechtigten Subskribenten ausgeschlossen waren. Der "Publikumspreis" wird gesondert von den Rankings der Fachjury ausgewiesen. Er besteht neben und nicht in Konkurrenz zu diesen.

Das Bewertungsverhalten der Jurymitglieder fiel letztlich sehr unterschiedlich aus. Einige Juroren beschränkten sich auf ihre epochalen oder thematischen Spezialgebiete, andere zeichneten bis zu dreißig Titel in sieben oder acht verschiedenen Kategorien aus und brachten so ihr Urteil zur aktuellen Forschung nachdrücklich zu Geltung. Insgesamt stützen sich die Ergebnisse "Das Historische Buch 2002" auf 1.041 Voten von 36 Juroren, die sich in Bewertungspunkte umgerechnet zu insgesamt 3.807 Punkte summieren. Der Publikumspreis fußt auf 611 Voten, verteilt auf 210 der vorgeschlagenen Publikationen, die von 143 Subskribenten abgegeben wurden und sich zu 1.922 Punkten addieren.

Die einzelnen Platzierungen einer jeden Publikation wurden von uns in ein Punktesystem umgewandelt und schließlich daraus die Rangfolge der Titel in jeder einzelnen Kategorie ermittelt. Die Umrechnung der Voten erfolgte nach folgendem Schema:

Platz12345
Punkte pro Votum Juroren/Subskribenten (ungewichtet)54321
Punkte pro Votum Juroren (Spezialistenvoten)108642

Um der Einschätzung der Fachvertreterinnen und -vertreter in den betreffenden Epochen und Fachgebieten, insbesondere in den deutlich schwächer frequentierten älteren Abteilungen, stärkeres Gewicht zu verleihen, werden die Spezialistenvoten höher gewichtet als die so genannten Kreuzvoten: Das Votum eines von uns als Althistoriker oder als Frühneuzeitler "verpflichteten" Kollegen ging mit dem zweifachen Wert in die Berechnung der Kategorie "Alte Geschichte" bzw. in der Kategorie "Geschichte der Frühen Neuzeit" ein, das althistorische Votum eines Kollegen aus der Zeitgeschichte oder Votum des Neuzeithistorikers in der Kategorie Mittelalterliche Geschichte zählte hingegen einfach. Jede/r Juror/in konnte indessen weiterhin nach Belieben Vorschläge und Voten in allen angebotenen Kategorien anbringen.

Anzahl der sich an der Bewertung beteiligenden Juroren36
Anzahl der abgegebenen Jurorenvoten1.041
· Summe der vergebenen Punkte (Juroren)2.859
· Summe der "Spezialistenpunkte" (Juroren)948
Summe der insgesamt vergebenen Punkte (Juroren)3.807
Anzahl der sich an der Bewertung beteiligenden Subskribenten143
Anzahl der abgegebenen Subskribentenvoten611
Summe der vergebenen Punkte (Subskribenten)1.922

Nur fünf Publikationen mit der höchsten Punktzahl pro Kategorie werden nunmehr in die Veröffentlichung der Ergebnisse übernommen. Die Auswertung wurde Ende April 2003 abgeschlossen und den Jurymitgliedern zur Kenntnis gebracht.

Im Rahmen des Bewertungsverfahrens stimmen die Jurymitglieder weiterhin über die vorab nominierten thematischen Schwerpunkte des Wettbewerbes im Jahr 2004 ab. Auch in diesem Fall konnten die Juroren für bis zu fünf Vorschläge votieren, die anschließend ebenfalls in ein Punktesystem umgewandelt und darüber ausgewertet wurden. Das Ergebnis dieser Abstimmung finden Sie auf der Seite zum thematischen Schwerpunkt.

Persönlicher Fragebogen

Im Februar baten wir die Jurymitglieder nicht nur darum, innovative und lesenwerte Bücher des Vorjahres zu nominieren, sondern übermittelten ihnen auch einen 'persönlichen Fragebogen', der Fragen zum akademischen Werdegang und zur Forschung und Hochschulpolitik enthielt. Zugleich baten wir die Juroren, Ihr ganz persönliches historisches Lieblingsbuch 2002 kurz vorzustellen - quasi eine persönliche Leseempfehlung unabhängig vom Bewertungsverfahren abzugeben. Die folgenden Fragen, deren in Teilen tagesaktueller Bezug sinnfällig ist, legten wir den Juroren jeweils mit der Bitte um kurzgefasste Antworten vor:

  1. Kurzer Lebenslauf mit den wichtigsten akademischen Stationen.
  2. Fragen zur historischen Forschungslandschaft und zu aktuellen Debatten:
    1. Wie kamen Sie zur Geschichtswissenschaft? Was hat Sie motiviert, Geschichte zu Ihrem Beruf zu machen?
    2. Die Geschichtswissenschaften haben in den zurückliegenden Jahrzehnten zahlreiche Erweiterungen und Neuorientierungen der Frageansätze und Forschungsperspektiven erfahren. Welche halten Sie für die interessanteste und folgenreichste?
    3. Sehen Sie Forschungsfelder, denen man künftig mehr Aufmerksamkeit widmen sollte?
    4. Sollten sich Fachhistoriker mit historischen Argumenten in aktuellen politischen Debatten zu Wort melden, wie es jüngst wieder häufiger zu beobachten ist? Braucht unsere Gesellschaft mehr historische 'Politikberatung'?
    5. Die Universitäten kämpfen mit überfüllten Hörsälen und leeren Kassen, ringen um neue, kürzere Formen des Studierens (BA, MA). Welche Folgen würden Ihrer Meinung nach Studiengebühren und die Möglichkeit der Auswahl der Studenten durch die Universität für Lehre und Forschung in den Geschichtswissenschaften haben?
  3. Stellen Sie bitte Ihren persönlichen Favoriten unter den historischen Büchern des Jahres 2002 kurz vor und erläutern Sie Ihre Wahl.
Erfreulicherweise brachten fast alle Juroren Verständnis dafür auf, dass sich die Mitglieder der Jury angemessen mit Informationen zum akademischen Werdegang im Internet vorstellen müssen. Der überwiegende Teil der Jurymitglieder stellte sich auch den ergänzenden Fragen zur Entwicklung der Forschung und zur aktuellen hochschulpolitischen Debatten in Deutschland. Redaktionell haben wir in diese Seiten nur gestalterisch, jedoch kaum standardisierend oder kürzend eingegriffen. Sie finden deshalb ein ausdifferenziertes Spektrum von Antworten vor, dass vom kurzen stichwortartigen CV bis zu kurzen Essays zu einzelnen Fragen reicht.

Abschließend sei darauf verwiesen, dass die Jury 'Das Historische Buch 2002' nur virtuell 'getagt' hat, d.h. die Juroren beteiligten sich an dem Nominierungs- und Bewertungsverfahren nur über Dienste des Internets, kommunizierten per E-Mail mit den Organisatoren und bekamen die Unterlagen, Zwischenberichte und Korrekturfassungen entweder per E-Mail oder auf abgeschirmten Webseiten zur Verfügung gestellt. In diesem Jahr wurden verstärkt auch Webformulare für die Abstimmungsprozeduren eingesetzt, was den Einsatz spezieller Authentifizierungsverfahren notwendig machte. Auch in technischer Hinsicht stellt diese Jury deshalb für die Teilnehmer und Organisatoren ein vergleichsweise anspruchsvolles technisches Experiment dar.

Die Ergebnisse

Das hier vorzustellende Endergebnis dieser Bewertung erlaubt eine schnelle Orientierung über die wichtigsten Bücher der einzelnen Kategorien. Schon ein flüchtiger Vergleich mit den Ergebnissen des letzten Jahres zeigt, dass das Resultat internationaler, thematisch bunter und zugleich aussagekräftiger geworden ist. Hierfür ist eine vergrößerte und in der Zusammensetzung veränderte Jury ebenso maßgeblich verantwortlich wie die erstmalige Einbeziehung interessierter Subskribenten von H-Soz-u-Kult. Die Vielzahl unterschiedlicher Interessengebiete der Jurorinnen und Juroren führt zu einem insgesamt facettenreichen und vielseitig-kompetenten Gesamtüberblick über den Buchmarkt für Historiker. Die Liste ist zugleich eine Fundgrube für Lektüreanregungen breitester Art. Das Abstimmungsverhalten der Jurymitglieder in den einzelnen Kategorien variiert erheblich, fällt in den älteren Epochen deutlich homogener als in den jüngeren Epochen aus. Dies hängt scheinbar anscheinend nicht nur mit der weitaus größeren Zahl an Veröffentlichungen zur Geschichte dieser Phasen zusammen, sondern auch mit einem höheren Ausmaß an thematischer und methodischer Segmentierung. Dies hat offensichtlich zur Folge, dass der Kenntnisstand der Juroren über einzelne Studien oft sehr unterschiedlich ist. Das kann im Extremfall sogar dazu führen, dass nur ein Juror ein Buch bewertet, und dann aber gleich mit 5 bzw. 10 Punkten. Tun wir solchen Büchern folglich unrecht? Was bedeutet dies für Lektüreempfehlungen, die wir Studierenden in unseren Lehrveranstaltungen geben? In vielen Fällen werden sich aufmerksame und sachkundige Leser andererseits in ihrem Urteil bestätigt fühlen, weil sie ihre persönlichen Favoriten in den Listen wieder finden.

Es wäre es freilich zu wenig, wie in den aktuellen Hochschulrankings der Illustrierten nur Namen und Zahlen zu bieten. Soweit verfügbar sind die Spitzentitel der jeweiligen Kategorien mit Rezensionsseiten von H-Soz-u-Kult und denen anderen Anbieter elektronsicher Besprechungen verlinkt, so dass Sie bequem zu mehr inhaltlichen Information vordringen können. Wie an anderer Stelle schon ausgeführt, haben wir die Jurymitglieder gebeten, auch einige persönliche Fragen zu beantworten. Sie geben auf den Juryseiten Auskunft über ihren ganz individuellen Weg zur Geschichtswissenschaft, ihre Haltung zur aktuellen Situation des Faches und zu den hochschulpolitischen Debatten. Während sich aus den Einzelvoten kumulativ ein facettenreiches Gesamtbild der wichtigen Literatur des Faches zusammensetzt, wird in den Antworten auf die genannten Fragen über die 'vermissten' und wünschenswerten Bücher und Themen reflektiert. Dabei wird auf Desiderate oder wünschenswerte Perspektiverweiterungen der Forschung hingewiesen. Vor allem aber küren die Juroren jeweils ihren persönlichen Buchfavoriten - ein hochinteressanter Fächer von Leseempfehlungen ausgewiesener Spezialisten! Als Organisatoren dieses Wettbewerbs verzichten wir an dieser Stelle auf eine inhaltliche Auswertung und Kommentare zu den Antworten, da wir als Mittler einer gebotenen Zurückhaltung verpflichtet fühlen.

Den Spitzenplatz der einzelnen Kategorien belegen:

Kategorien mit epochalem Fokus:

Alte Geschichte [zeitlicher Rahmen: bis 500 n.Chr.]
Fögen, Marie Theres: Römische Rechtsgeschichten. Über Ursprung und Evolution eines sozialen Systems, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2002.

Mittelalterliche Geschichte [zeitlicher Rahmen: 500 bis 1500]
Borgolte, Michael: Europa entdeckt seine Vielfalt 1050-1250, Stuttgart: Ulmer 2002

Geschichte der Frühen Neuzeit [zeitlicher Rahmen: 1500 - 1800]
Blanning, Timothy C. W.: The Culture of Power and the Power of Culture. Old Regime Europe 1660-1789, Oxford: Oxford University Press 2002.

Neuere Geschichte [zeitlicher Rahmen: 1789 - 1914/18]
Kessel, Martina: Langeweile. Zum Umgang mit Zeit und Gefühlen in Deutschland vom späten 18. bis zum frühen 20. Jahrhundert, Göttingen: Wallstein 2001.

Neueste Geschichte [zeitlicher Rahmen: 1914/18 - 1945/50]
Tooze, J. Adam: Statistics and the German State, 1900 1945. The making of modern economic knowledge, Cambridge: Cambridge Univ. Press 2001.

Zeitgeschichte [zeitlicher Rahmen: ab 1945]
Wildt, Michael: Generation des Unbedingten. Das Führungskorps des Reichssicherheitshauptamtes, Hamburg: Hamburger Edition 2002.

Kategorien mit regionalem Fokus:

Europäische Geschichte [ohne zeitliche Begrenzung]
Geary, Patrick J.: Europäische Völker im frühen Mittelalter. Zur Legende vom Werden der Nationen, Frankfurt/Main: Fischer-TB 2002

Außereuropäische Geschichte [ohne zeitliche Begrenzung]
Conrad, Sebastian; Randeria, Shalini (Hgg.): Jenseits des Eurozentrismus. Postkoloniale Perspektiven in den Geschichts- und Kulturwissenschaften, Frankfurt/M.: Campus 2002.

Offene Kategorie [Überblicksdarstellungen / Lehrbücher / übergreifende Abhandlungen / methodisch oder theoretisch innovative Studien - ohne zeitliche Begrenzung]
Hobsbawm, Eric J.: Interesting times. A twentieth-century life, London: Allen Lane 2002.

Thematischer Schwerpunkt 2003: Nationalismus und Ethnizität [ohne zeitliche Begrenzung - zulässige Publikationsjahre 1998-2002]
Langewiesche, Dieter: Nation, Nationalismus, Nationalstaat in Deutschland und Europa, München: Beck 2000.

Die Nutzer des Internetforums H-Soz-u-Kult haben gleich zwei Bücher zu den besten historischen Büchern des Jahres 2002 erkoren. Reichardts und Wildts Untersuchungen erhalten deshalb gemeinsam den Publikumspreis 2002, der erstmals unter Beteiligung der Abonnenten von H-Soz-u-Kult durchgeführt wurde.

Publikumspreis [ohne zeitliche Begrenzung - zulässige Publikationsjahre 2001-2002]
Wildt, Michael: Generation des Unbedingten. Das Führungskorps des Reichssicherheitshauptamts. Hamburg: Hamburger Edition 2002.
Reichardt, Sven: Faschistische Kampfbünde. Gewalt und Gemeinschaft im italienischen Squadrismus und in der deutschen SA, Köln: Böhlau 2002.

Erwartungsgemäß haben sich fast alle Juroren rege an der Festlegung des thematischen Sektors für das kommende Jahr beteiligt. In kaum einer anderen Rubrik kumulierten sich die Voten zu so geringen Punktunterschieden in der Spitzengruppe. Die diversen Themenvorschläge wurden in diesem Jahr redaktionsseitig zu thematisch verwandte Vorschläge gruppieren. Am Ende zeigen die Abstimmungsergebnisse, dass zwei Themenbereiche den nachhaltigsten Zuspruch finden. Zu einen ist es der Themenblock 'Religion und Gesellschaft - Geschichte des Islam - Europa und Christentum', zum anderen stößt der thematische Bereich 'World history - internationale Geschichte - der historische Vergleich' auf großes Interesse.

Die Perspektiven

Während der Wettbewerb im vergangenen Jahr für die Redaktion von H-Soz-u-Kult und für die Jury eine Art erster Testlauf darstellte, ging es in diesem Jahr sowohl um eine Optimierung der organisatorischen wie technischer Abläufe als auch darum, konzeptionelle Kinderkrankheiten zu beheben. Die Publikumsbeteiligung sowie die Ausweitung und Internationalisierung der Jury sind die nach außen sichtbarsten Zeichen dafür. Redaktionsseitig hat sich dadurch der organisatorische wie technische Aufwand erheblich erhöht; diese Belastung wird nur durch implizite Effekte - wie Unterstützung der Rezensionsredaktion bei der Auswahl besprechungswürdiger Neuerscheinungen - in Teilen kompensiert. Doch handelt es sich letztlich auch beim diesjährigen Wettbewerb noch um eine Art Vorserienfahrzeug, das zwar die meisten Test erfolgreich bestanden hat, dessen Absatzchancen jedoch beim Publikum auf Automessen noch geprüft werden muss, bevor es in Serie gebaut wird. Deshalb interessiert uns Ihre Meinung zum Projekt, nicht nur, um verbliebene Defizite zu beheben, sondern auch um zu sehen, ob unsere inhaltlichen Erwartungen durch die Resultate erfüllt werden. Letztlich können nur die Leser von H-Soz-u-Kult den Gebrauchswert des Wettbewerbs für ihre Arbeit beurteilen. Durch Einführung der Spezialistenvoten wurde das Gewicht der epochalen oder regionalen Experten in der Jury gestärkt. Zu unserem Erstaunen unterschieden sich am Ende die Rangfolgen der Bücher auf den ersten Plätzen ob mit oder ohne Berücksichtigung der Spezialistenvoten zumindest in diesem Jahr nicht sehr. Die ausgewiesenen Publikationen lagen nach beiden Zählverfahren durchweg auf Rangplätzen. Ursächlich dafür ist die insgesamt geringere Quote der sogen. Kreuzvoten, so dass allein darüber das Gewicht der epochalen oder regionalen Spezialisten bei der kategorialen Bewertung wuchs. Im vergangenen Jahr wünschten wir uns zumindest für einige Kategorien eine umfangreichere Titelauswahl, die am Ende auch zu einer differenzierteren Bewertung führen würde, so unsere die damalige Hoffnung. Inzwischen sind die Vorschlagslisten in einigen Kategorien so umfänglich, dass allein deshalb die Voten der Juroren breiter streuen und die Punktzahlen für die platzierten Titel eng beieinander liegen. So trennen den erst- und fünftplazierten Titel in der Kategorie Frühe Neuzeit nur vier Punkte. In diesem Jahr wurden deutlich mehr fremdsprachige Beiträge nominiert, jedoch fanden sie sich bei der abschließenden Bewertung nicht in gleicher Breite unter den Favoriten. Da ausländische Publikationen wohl kaum prinzipiell schlechter sind als deutschsprachige, steht zu vermuten, dass fremdsprachige Literatur auch von den Spezialisten in weit geringerem Maße rezipiert wird; oder aber viele Juroren gaben solchen Titeln von vornherein weniger Chancen auf eine breite Zustimmung bei den Jury-Kollegen und den Nutzern dieses Wettbewerbs.

Trotz einiger verbliebener Schwächen hoffen wir, dass unser Wettbewerb "Das Historische Buch 2002" eine sinnvolle Orientierungshilfe für alle darstellt, die im immer weiter sich verzweigenden Fach Geschichte den Blick für Forschungsimpulse und lesenswerte Literatur nicht verlieren möchten. Möglich wurde diese Übersicht nur durch die engagierte unentgeltliche Mitarbeit der Jurorinnen und Juroren, die sich nicht gescheut haben, ihre persönlichen Voten und Ansichten öffentlich und breit nutzbar zu machen. Ihnen danken wir an dieser Stelle besonders und hoffen, auch künftig auf sie zählen zu können. Fehler und Schwächen des Projekts lasten dagegen allein auf den Schultern der Initiatoren, die von eventueller Kritik auch all jene gerne ausgenommen wissen möchten, die durch ihre vielfältige Unterstützung dieses Buchranking erst möglich gemacht haben.

Berlin, im Mai 2003

Daniel Burckhardt
Harald Müller
Rüdiger Hohls
Vera Ziegeldorf