Abonnement | Beitrag einreichen | Impressum
deutsch | english | français
H-Soz-Kult
 

Das Historische Buch

Editorial

Längst schon ist der Büchermarkt im Fach Geschichte so reichhaltig und unübersichtlich geworden, dass selbst auf engeren Themengebieten kaum noch ein Überblick zu gewinnen ist. Dies gilt für ausgewiesene Spezialisten, stellt aber stärker noch Studenten, interessierte Laien und Fachhistoriker, die auch jenseits des eigenen Forschungshorizonts auf dem Laufenden bleiben möchten, vor Probleme. Qualitativ hochwertige, eventuell sogar richtungweisende Neuerscheinungen aus der Flut der Publikationen zuverlässig herauszufiltern, gleicht einer Sisyphusarbeit mit äußerst ungewissem Ausgang.

Aus diesem Grund hat sich H-Soz-u-Kult entschlossen, neben der qualitativen Einordnung von Fachpublikationen durch Rezensionen unter dem Titel "Das Historische Buch 2001" erstmals ein Übersichtsranking zu veröffentlichen, das die wichtigsten Neuerscheinungen des vergangenen Jahres nach Epochen und thematischen Schwerpunkten gegliedert zusammenstellt. Bedeutung und Rangfolge der Titel ergeben sich dabei nicht aus Verkaufszahlen, sondern aus einem Nominierungs- und Bewertungsverfahren, für dessen fachliche Zuverlässigkeit eine Jury aus renommierten Historikerinnen und Historikern bürgt.

Die Jury

Die 28 Fachvertreter - junge wie arrivierte, in- und ausländische, stets aber durch herausragende eigene Forschungen ausgewiesene -, die sich in der Jury zusammengefunden haben, bilden die fachliche, methodische und epochale Orientierung und Breite unserer Disziplin zumindest im Ansatz ab. Ihre Aufgabe war es zunächst, thematisch interessante, besonders ertragreiche, methodisch innovative oder anderweitig herausragende Publikationen aus dem Vorjahr zu benennen. Am Ende der Nominierungsphase hatten 22 Juroren Vorschläge eingereicht, die von uns in einer knapp 200 Titel umfassenden, in epochale und thematische Kategorien segmentierte Vorschlagsliste zusammengestellt wurden. Auf der Basis dieser Liste erfolgte dann die Bewertung. Die Jurymitglieder konnten die ihrer Meinung nach fünf besten Bücher jeder Kategorie durch Platzierungen von 1 bis 5 auszeichnen. An der Bewertung beteiligten sich 26 der 28 Juroren mit insgesamt 750 Voten.

Das Ergebnis

Das in ein Punktsystem umgerechnete Ergebnis dieser Bewertung liegt nun vor. Es erlaubt eine schnelle Orientierung über die wichtigsten Bücher der einzelnen Kategorien. Die Vielzahl unterschiedlicher Interessengebiete der Jurorinnen und Juroren führt dabei zu einem facettenreichen und vielseitig-kompetenten Gesamtüberblick über den Buchmarkt für Historiker hierzulande. Die Liste ist zugleich eine Fundgrube für Lektüreanregungen breitester Art.
Nachfolgend die jeweils auf den Spitzenplatz der einzelnen Kategorien gewählten Bücher des diesjährigen Wettbewerbs:

Kategorie Alte Geschichte
Brennan, T. Corey: The Praetorship in the Roman Republic. Oxford: Oxford Univ. Press 2000.

Kategorie Mittelalterliche Geschichte
Groebner, Valentin: Gefährliche Geschenke. Ritual, Politik und die Sprache der Korruption in der Eidgenossenschaft im späten Mittelalter und am Beginn der Neuzeit. Konstanz: UKV Verlagsgesellschaft mbH 2000.

Kategorie Geschichte der Frühen Neuzeit
Reinhard, Wolfgang: Geschichte der Staatsgewalt. Eine vergleichende Verfassungsgeschichte Europas von den Anfängen bis zur Gegenwart. München: C. H. Beck 2000.

Kategorie Neuere Geschichte (langes 19. Jahrhundert)
Paulmann, Johannes: Pomp und Politik. Monarchenbegegnungen in Europa zwischen Ancien Regime und Erstem Weltkrieg. Paderborn: Schöningh 2000.

Kategorie Neueste Geschichte (1. Hälfte 20. Jh.)
Gosewinkel, Dieter: Einbürgern und Ausschließen. Die Nationalisierung der Staatsangehörigkeit vom Deutschen Bund bis zur Bundesrepublik Deutschland. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2001.

Kategorie Zeitgeschichte (ab 1945)
François, Etienne; Schulze, Hagen (Hg.): Deutsche Erinnerungsorte. München: C. H. Beck 2001.

Kategorie Europäische Geschichte
Bade, Klaus J.: Europa in Bewegung. Migration vom späten 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart. München: C. H. Beck 2000.

Kategorie Außereuropäische Geschichte
Osterhammel, Jürgen: Geschichtswissenschaft jenseits des Nationalstaates. Studien zu Beziehungsgeschichte und Zivilisationsvergleich. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2001.

Offene Kategorie
Daniel, Ute: Kompendium Kulturgeschichte. Theorien, Praxis, Schlüsselwörter. Frankfurt/M.: Suhrkamp 2001.

Kategorie Wissenschaftsgeschichte (Thematischer Schwerpunkt 2002)
Burke, Peter: Papier und Marktgeschrei. Die Geburt der Wissensgesellschaft. Berlin: Wagenbach 2001.

Persönliche Fragen

Für diesen Wettbewerb wäre es freilich zu wenig, wie in den aktuellen Hochschulrankings der Illustrierten nur Namen und Zahlen zu bieten. Soweit verfügbar sind die Spitzentitel der jeweiligen Kategorien in der Web-Präsentation mit unseren Rezensionsseiten verlinkt, so dass Sie bequem zu mehr inhaltlichen Information vordringen können. Auch haben wir die Jurymitglieder gebeten, einige persönliche Fragen zu beantworten. Sie geben auf den Juryseiten Auskunft über ihren ganz individuellen Weg zur Geschichtswissenschaft, ihre Ansichten zur aktuellen Situation des Faches und zu den hochschulpolitischen Debatten. Vor allem aber küren sie jeweils ihren persönlichen Buchfavoriten des vergangenen Jahres - ein hochinteressanter Fächer von Leseempfehlungen ausgewiesener Spezialisten!

In eigener Sache

Abschließend einige Bemerkungen in eigener Sache. Für die Redaktion von H-Soz-u-Kult wie für die Jury stellt der diesjährige Wettbewerb eine Art Testlauf dar. Solche Testläufe bergen naturgemäß immer die Gefahr des Scheiterns oder Steckenbleibens auf halbem Wege. Um künftig Mängel abzustellen, die in dieser Pilotversion zweifellos enthalten sind, interessiert uns Ihre Meinung zum Projekt. Detaillierte Angaben zum Ablauf, Schwierigkeiten sowie von uns angestrebte Verbesserungen finden Sie in der ausführlichen Projektvorstellung.

Berlin, im April 2002

Rüdiger Hohls
Harald Müller
Daniel Burckhardt