P. Erdkamp (Hrsg.): A Companion to the Roman Army

Cover
Titel
A Companion to the Roman Army.


Herausgeber
Erdkamp, Paul
Reihe
Blackwell Companions to the Ancient World: Ancient History
Erschienen
Malden u.a. 2007: Wiley-Blackwell
Anzahl Seiten
600 S.
Preis
$ 174.95
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Josef Löffl, Universität Regensburg

Kaum ein Themenbereich der antiken Welt erfreut sich seit Jahrzehnten eines derart breiten und ungebrochenen Interesses wie die Beschäftigung mit der römischen Armee. Unter der Vielzahl an Publikationen sticht das unlängst in der Reihe der „Blackwell Companions to the Ancient World“ erschienene „A Companion to the Roman Army“ heraus. Um es gleich vorweg zu nehmen: Hier gelingt das Meisterstück, die Geschichte der römischen Armee samt der mit ihr verbunden sozio-politischen Aspekte und religiösen Facetten 1 in eine Publikation zu integrieren, die den Balanceakt zwischen Faktenfülle einerseits und praktischer Lesbarkeit anderseits ohne eine inhaltliche Verwässerung schafft, welche sich leider all zu oft in Gesamtdarstellungen mit einer zu geringen Beachtung der einzelnen Entwicklungsphasen des exercitus Romanus findet.2 Es handelt sich um einen aus 29 Aufsätzen in englischer Sprache zusammengestellten Sammelband, der die Thematik im klassischen Sinne althistorisch aufarbeitet und dessen Zielsetzung nicht im Bereich der Military Equipment Studies oder der Schlachtenanalyse angesiedelt ist.3

Das dem großen niederländischen Altertumswissenschaftler Lukas de Blois gewidmete companion basiert kompositorisch auf vier Kapiteln, als deren Gliederungselement die Chronologie fungiert. Im ersten Abschnitt (S. 5–42) wird das Kriegswesen im Frühen Rom thematisiert, während im folgenden Bereich (S. 43–180) dessen Entwicklung in der Mittleren und Späten Römischen Republik einer gründlichen Untersuchung unterzogen wird. Der dritte Sektor (S. 181–476) ist mit „The Empire (Actium to Adrianople)“ überschrieben und nimmt – wie auf den ersten Blick ersichtlich – den inhaltlichen Löwenanteil der Publikation ein. Die römische Armee der Spätantike steht im Mittelpunkt des vierten Abschnittes (S. 477–550), der den Zeitraum bis einschließlich der Regentschaft Justinians umfasst. Die Anmerkungen zu den einzelnen Beiträgen finden sich in den Endnoten, was den Lesefluss zuweilen behindert. Jeder Aufsatz offeriert eine eigene Bibliographie, die in der Regel den aktuellsten Stand der Forschung widerspiegelt und sehr hilfreiche Hinweise zu weiterführender Literatur bietet.

Naturgemäß kommt der Epoche der Frühen und Hohen Kaiserzeit (Abschnitt 3) auf Grund der diametral unterschiedlichen literarisch-epigraphischen und archäologischen Befundsituation von den Seitenzahlen her eine ganz andere Gewichtung als den ersten beiden Abschnitten zu, die sich mit der Genese des exercitus Romanus und seinem Strukturwandel bis zum Ende der Römischen Republik befassen. Oftmals wird diese Quellenlage dahin gehend genutzt, die militärtechnischen und -politischen Entwicklungen in der Frühen und Mittleren Republik mit wenigen Sätzen abzutun. Doch der Beitrag „Warfare and the Army in Early Rome“ (S. 7–23), mit dem John Rich gleichsam den Auftakt zu Abschnitt 1 bildet, räumt etwaige Bedenken in diesem Fall aus dem Weg: Rich behandelt darin kurz die kaum greifbaren Fakten zum Kriegswesen in der mythischen Königszeit (S. 8–11) und wendet sich dann ganz der Situation in der frühen Republik zu. Dabei wird etwa auch auf das private Kriegs- und Fehdewesen der gentes (S. 15f.) eingegangen.

Während Rich in erster Linie darauf abzielt, einen ersten Überblick über die Ausgangslage zu schaffen, arbeitet Gary Forsythe in „The Army and Centuriate Organization in Early Rome“ (S. 24–41) etwa unter Rückgriff auf Census-Zahlen die Entwicklung der „Roman Manpower“ am Ende der Frühen Republik heraus (S. 36). Bereits nach der Lektüre des ersten Kapitels gewinnt der Leser den (sich im Laufe der Lektüre immer mehr erhärtenden) Eindruck, dass die Aufsätze des leider an Illustrationen armen Sammelbandes eine hervorragende Ergänzung zueinander darstellen: Zwar finden sich zuweilen thematische Überschneidungen, die Aspekte, auf welche die jeweilige Analyse abzielt bzw. zurückgreift, variieren jedoch, wodurch es nicht zu einem ständigen Wiederholen ein und desselben Gesichtspunktes kommt. Dies ist wohl nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass der Autorenschaft, deren Liste sich wie ein Who-is-who der Fachleute für römische Militärgeschichte an europäischen Hochschulen liest, im Rahmen dieses companion die Möglichkeit eingeräumt wurde, gerade ihr Spezialgebiet aus dem Themenbereich der römischen Armee zu bearbeiten.

Als äußerst sinnvoll erweist sich die Struktur des zweiten Abschnittes, in dem ohne große Rücksicht auf die im Fach üblichen Epochengrenzen die Entwicklungen von der Mittleren Republik bis Ausgang der Späten Republik bruchlos dargestellt werden. Inhaltlich bieten die Autoren dem Leser wiederum den neuesten Forschungsstand (vor allem sticht hier der Artikel von Louis Rawlings „Army and Battle During the Conquest of Italy. 350–264 BC“ auf den Seiten S.45–62 heraus). Leider wird im companion die Thematik der romanisierten hellenistischen Armeen, die mittlerweile hinsichtlich Fragen der Organisation der römischen Armee nach dem Zweiten Punischen Krieg eine wichtige Rolle spielen, nicht aufgegriffen.4 In einer möglichen zweiten Auflage sollte dieses Manko in jedem Falle behoben werden.

Die Studie ist keineswegs auf militärische Gegebenheiten fixiert, sie bezieht auch die sozialen Aspekte mit ein, wie etwa der Aufsatz von Will Broadhead über „Colonization, Land Distribution, and Veteran Settlement“ (S. 148–147) zeigt. Souverän werden im Kapitel 2 auf knapp 140 Seiten (fast) alle relevanten Gesichtspunkte des Militärwesens vom 3. bis zum 1. Jahrhundert v.Chr. zusammengefasst. Zunächst liefern dem Leser drei Aufsätze einen chrologisch-historischen Überblick über diese Phase. Im Anschluss daran werden im Rahmen von fünf Artikeln Themenfelder wie etwa die Entwicklung der Rekrutierungsmöglichkeiten in der res publica Romana oder das Wesen der Stabsoffiziere in der Republik behandelt. „Army and General in the Late Roman Republic“ (S. 164–179) von Lukas de Blois leitet auch inhaltlich zum nächsten Abschnitt des companion über.

Ohne weiteres hätte das mit „The Empire (Actium to Adrianople)“ umschriebene dritte Kapitel (S. 181–476) des Sammelbandes als eigenständige Studie veröffentlicht werden können. Es unterteilt sich inhaltlich in vier Bereiche: Im Gliederungspunkt „The Structure of the Imperial Army“ (S. 183–285) wird ein breiter chronologischer Bogen von der Frühphase des Prinzipats bis zur Regierungszeit Konstantin des Großen gespannt. Dabei sprechen die Autoren nicht nur den exercitus an: D. B. Saddington liefert etwa mit „Classes. The Evolution of the Roman Imperial Fleets“ (S. 201–217) einen Abriss zur Geschichte der römischen Marine in der Kaiserzeit. Fragen der Logistik und der alltäglichen Gegebenheiten im Heer werden im Abschnitt „Military Organization“ (S. 286–338) behandelt. Daran schließt sich der Punkt „Army, Emperor, and Empire“ an, welcher drei Aufsätze zur Rolle der Propaganda als entscheidendem Machtinstrument im Imperium Romanum beinhaltet. Eine gesellschaftspolitische Analyse bietet der abschließende Gliederungspunkt „Soldiers and Veterans in Society“ (S. 395–476), in dem neben Erörterungen zum Familienrecht, zur Bedeutung der canabae und dem Veteranenwesen auch der Aspekt der „Soldatenreligionen“ in hervorragender Art und Weise von Oliver Stoll („The Religions of the Armies“, S. 451–476) angesprochen wird. Es ist bedauerlich, dass in diesem breit angelegten Kapitel die Themenfelder Technik und Ingenieurskunst der römischen Armee völlig außer acht gelassen wurden. Gerade hinsichtlich des Aspektes der Raumerschließung und Schaffung von Infrastruktur wäre hier ein Beitrag zwingend notwendig.5 Das abschließende vierte Kapitel „The Late Roman Empire (up to Justinian)“ (S. 477–550) fällt dagegen sehr kurz aus. Hier muss zweifellos gefragt werden, warum diese Phase lediglich in vier Aufsätzen behandelt wird. Zwar ordnen sich die Artikel nahtlos in das generell hervorragende Niveau der Beiträge ein, doch werden die strukturellen Einschnitte, die die römische Armee in der Spätantike hinnehmen muss, meines Erachtens zu knapp aufgearbeitet.6

Abschließend darf festgehalten werden, dass es sich beim Sammelband „A Companion to the Roman Army“ um die bislang umfassendste Überblicksdarstellung zur Geschichte der römischen Armee handelt. Das klar strukturierte companion liefert dem Leser den aktuellsten Stand der Forschung und bietet Dank seiner Indices (Stichwort-Index und Index locorum) den schnellen Zugriff auf Teilaspekte. Dankenswerterweise lassen die Aufsätze keine Schwächen durch Übersetzungen ins Englische erkennen. Die gelungene Publikation kann ohne weiteres auch Studierenden zur Examensvorbereitung empfohlen werden.

Anmerkungen:
1 „The guiding principle behind this companion to the Roman army is the belief that the Roman army cannot adequately be described only as an instrument of combat, but must be view also as an essential component of Roman society, economy, and politics.“ Dieser vom Herausgeber Paul Erdkamp im Vorwort (S. 1) des companion formulierte Gedanke erweist sich in der Tat als Leitsatz des Sammelbandes.
2 Als Beispiel für dieses negative Phänomen im Bereich der Darstellungen zur römischen Armee sei auf Le Bohec, Yann, L’armée romaine sous le Haut-Empire, 3. Aufl., Paris 2002 verwiesen.
3 So urteilt Jaspar Oorthuys auf S. 6 des Magazins „Ancient Warfare“ (Iss. 1, Bd. 1, 2007): „Do not look for extensive descriptions of battles, campaigns and tactics or equipment in this book, instead you’ll find relatively succinct discussions of the latest academic research on a host of topics related to the Roman army [...].“ Hinsichtlich Waffen und Ausrüstung liefert in erster Linie Bishop, Mike C.; Coulston, J.C.N., Roman military Equipment. From the Punic Wars to the Fall of Rome, 2. Aufl., Oxford 2006 einen brauchbaren Überblick.
4 Den aktuellen Forschungsstand zur Thematik liefert u.a. Sekunda, Nicholas, Hellenistic infantry reform in the 160’s BC, 2. Aufl., Gdansk 2006.
5 Neben infrastrukturellen Maßnahmen wie Straßen- und Brückenbau hätte u.a. auch der Bereich Kommunikationswege in jedem Falle berücksichtigt werden müssen. Zur Lektüre sei diesbezüglich etwa auf Woolliscroft, David J., Roman military signalling, Stroud u.a. 2001 verwiesen.
6 Eine umfassendere Überblicksdarstellung bietet Southern, Pat; Dixon, Karen R., The Late Roman Army, London u.a.. 2000.

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