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H-Soz-Kult
 

Das Historische Buch 2008

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Lehrbücher / Überblicksdarstellungen
Offene Kategorie
Political History in Cultural Perspective / Kulturgeschichte des Politischen / neue Politikgeschichte
Thematischer Schwerpunkt 2009
Publikumspreis

Zeitgeschichte

Essay von Irmgard Zündorf für H-Soz-Kult

1. Rang

Moses, A. Dirk: German intellectuals and the Nazi past. Cambridge [u.a.] 2007.

Kenntnisreich und mit sicherem Urteil geht Moses den politisch-intellektuellen Auseinandersetzungen insbesondere der 1960er- und 1970er-Jahre nach. […] Moses hat eine außerordentlich gut lesbare Debattengeschichte der Bundesrepublik vorgelegt, die zwar ohne grundstützende These auskommt, aber durch ihre Urteilssicherheit und ihr ausgleichendes Temperament besticht. Jede ideengeschichtliche Forschung zur Bundesrepublik findet in diesem Buch verlässliche Orientierung. Jens Hacke für H-Soz-Kult


2. Rang

Kleßmann, Christoph: Arbeiter im "Arbeiterstaat" DDR. Deutsche Traditionen, sowjetisches Modell, westdeutsches Magnetfeld (1945 bis 1971) [Geschichte der Arbeiter und der Arbeiterbewegung in Deutschland seit dem Ende des 18. Jahrhunderts, Bd. 14]. Bonn 2007.

Kleßmanns Arbeiterbuch verwertet souverän einen immensen Quellen- und Literaturbestand, ist interpretationsstark und empirisch präzise, arbeitet sich durch die Windungen und Wirrungen zahlloser SED-Kampagnen, ohne den Leser zu ermüden – allein dies ist eine staunenswerte Leistung –, und verschafft immer wieder sehr genaue Einblicke in die Alltagswelt von Arbeitern und wie sie mit den Zumutungen der kommunistischen Gesellschaftsdesigner umgingen. […] Christoph Kleßmanns Geschichte der „Arbeiter im ‚Arbeiterstaat’ DDR“ ist nicht nur eine in jeder Hinsicht gelungene sozialgeschichtliche Studie, sondern ein Eckpfeiler jeder zukünftigen Gesamtdeutung der DDR-Geschichte. Zugleich ist sie ein eindrucksvoller Beweis dafür, dass die Geschichte der Arbeiter und der Arbeiterbewegung ihre Relevanz und Erklärungskraft für die Geschichte der „Modernen“ des 20. Jahrhunderts noch lange nicht eingebüßt hat. Ralph Jessen für H-Soz-Kult

Folgerichtig beschäftigt sich Christoph Kleßmann in seinem opus magnum ausführlich mit der sozialen und ökonomischen Entwicklung der Arbeiterschaft im ehemaligen anderen deutschen Staat. Dabei stützt er sich auf eine beeindruckende Fülle unterschiedlichster Quellen, unter Einschluss auch und nicht zuletzt zeitgenössischen Materials aus der früheren Bundesrepublik. Eine durchweg differenziert abwägende Quellenkritik zeichnet sein Werk ebenso aus wie die souveräne Kenntnis einer kaum mehr überschaubaren Literatur. […] Kleßmanns Studie wird noch auf Jahre hinaus Bestand haben, zumal sie Aufschluss über essentielle Gründe des Scheiterns der SED-Diktatur gibt.
Günther Heydemann (FAZ, 15.03.2008)
http://www.faz.net/s/RubA330E54C3C12410780B68403A11F948...html

Nun hat der ehemalige Direktor des Zentrums für Zeithistorische Forschung in Potsdam, Christoph Kleßmann, den ersten Band zur Geschichte der Arbeiter im ersten "Arbeiter-und-Bauern-Staat" auf deutschem Boden vorgelegt, der die bekannte, von Gerhard A. Ritter seit 1984 herausgegebene Reihe fortsetzt. Der vorliegende Band ist alles andere als altbacken und beweist, dass sich die Arbeitergeschichte nicht an ihrem von vielen bereits herbeigeredeten Ende befindet, sondern noch einiges vor sich hat. Kleßmann hat seine umfangreiche und im Übrigen sehr gut lesbare Untersuchung in sechs große Kapitel unterteilt, die primär der Chronologie folgen und von denen zwei in Teilen schon an anderer Stelle publiziert wurden.
Dierk Hoffmann (sehepunkte 8, 2008, 9)
http://www.sehepunkte.de/2008/09/12902.html


3. Rang

Ziemann, Benjamin: Katholische Kirche und Sozialwissenschaften 1945 - 1975. Göttingen 2007.

Ziemanns Buch stellt ohne Zweifel einen gewichtigen Beitrag zur Gesellschaftsgeschichte der Bundesrepublik sowie zur zeitgeschichtlichen Katholizismusforschung dar. […] Auch wenn das Buch mit seinem Fokus auf den Import sozial- und humanwissenschaftlicher Modelle in den kirchlich-religiösen Diskurs sicherlich nur einen, wenn auch zentralen Aspekt der Verwissenschaftlichung im kirchlichen Bereich anspricht (innertheologische Debatten außerhalb der Pastoraltheologie bleiben eher ausgespart), so stellt die Untersuchung insgesamt eine fruchtbare und für die weitere Forschung vielversprechende Alternative zu gängigen Konzepten der Kirchen- und Religionsgeschichtsschreibung dar, die häufig zu sehr um ihren eigenen Gegenstand und ihren eigenen methodischen Ballast kreisen. Dort, wo die zeitgeschichtliche Katholizismusforschung in den letzten Jahren für die Zeit nach 1945 kaum mehr als das langsame Absterben des viel gerühmten katholischen Milieus wahrzunehmen in der Lage war, werden durch Ziemanns Arbeit die Überlebenstechniken und Anpassungsexperimente einer Großorganisation sichtbar, die es trotz Entkirchlichung und allgemeiner Säkularisierung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts geschafft hat, sich zumindest in Westdeutschland gesellschaftlich präsent und handlungsfähig zu halten. Diese Forschungsperspektive sollte fortgeschrieben werden. Klaus Große Kracht für H-Soz-Kult

Benjamin Ziemann, Historiker an der University of Sheffield, hat das ambivalente Verhältnis von Kirche und Sozialwissenschaften seit dem Zweiten Weltkrieg in einer grundlegenden Studie untersucht und ist dabei dem Wandel des Katholizismus in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nachgegangen. Seine Untersuchung geht dabei weit über eine enge Kirchengeschichte hinaus. Mit feinem Gespür analysiert Ziemann die Beziehung zwischen Religion und Gesellschaft und lenkt dabei den Blick auf ein zentrales Merkmal moderner Gesellschaften: den Einflussgewinn humanwissenschaftlicher Experten, den neuen Gralshütern der „Wahrheit”, die die Arbeit politischer Parteien genauso veränderten wie die Organisation von Betrieben, Parlamenten, Verwaltungen und Kirchen.
Dietmar Süß (Süddeutsche Zeitung, 01.07.2008)
http://www.buecher.de/shop/Buecher/Katholische-Kirche-u...


4. Rang

Hodenberg, Christina: Konsens und Krise. Eine Geschichte der westdeutschen Medienöffentlichkeit 1945 - 1973. Göttingen 2006.

Die Untersuchung besticht durch eine souveräne Zusammenschau der vielfältigen Entwicklungen und unterschiedlichen Ebenen. Es ist ein großer Verdienst, die Wandlungen der westdeutschen Öffentlichkeit nicht nur anhand ausgewählter Inhalte oder eines einzelnen Mediums auszuleuchten, sondern individualbiografische Aspekte und kollektive Verhaltensweisen ebenso einzubeziehen wie institutionelle Rahmenbedingungen innerhalb und außerhalb der Massenmedien. Damit steht die Studie auf einem breiten Fundament, trotz einzelner Unschärfen im Detail und einer in ihrer Heterogenität nicht immer unproblematischen Quellenlage. […] Diese Anmerkungen schmälern freilich nicht den Rang einer überaus lesenswerten Forschungs- und Darstellungsleistung, die für jede künftige Beschäftigung mit der westdeutschen Medien- und Öffentlichkeitsgeschichte als Referenz heranzuziehen sein dürfte. Die Befunde und Deutungen, die von Hodenberg in einer imponierenden Leistung zusammengetragen hat, werden dabei weiter ergänzt und präzisiert, wohl aber nicht mehr grundsätzlich in Frage gestellt werden. Marcus M. Payk für H-Soz-Kult

Das überaus lesenswerte Buch zeigt auf jeder Seite, daß der Stoff der Pressegeschichte das Gegenteil vom Stoff der Presse ist: die Nicht-Nachricht, das schon Dagewesene.
Patrick Bahners (FAZ, 15.03.2006)
http://www.faz.net/s/RubC17179D529AB4E2BBEDB095D7C41F46...html

Die am Queen Mary College der University of London lehrende Historikerin Christina von Hodenberg beschreibt in einem spannungs- und faktenreichen Buch, wie dieses Harmonie-Modell mit dem beruflichen Aufstieg einer jungen Journalisten-Generation – den 45ern – nach und nach in die Brüche ging. […] Systematisch ergänzt die Autorin die tradierte und – was die Quellenerschließung angeht – bequeme Konzentration auf die gedruckte Presse um eine ausführliche Analyse der elektronischen Medien und meldet – gestützt auf eine Fülle neuer Materialien – einige begründete Widersprüche gegen gern gepflegte Legenden der jüngeren Mediengeschichte an. Mit ihrem Erklärungsmuster der Generationsabfolge – »Ein bislang unterbelichteter, wichtiger Faktor für den Wandel der westdeutschen Öffentlichkeit seit 1945« – nimmt sie den 68ern die Gloriole einer durch sie bewirkten revolutionären Veränderung des öffentlichen Bewusstseins.
Ernst Elitz (Die Zeit, 23.02.2006)
http://www.zeit.de/2006/09/P-Hodenberg?page=1


5. Rang

Kroll, Thomas: Kommunistische Intellektuelle in Westeuropa. Frankreich, Österreich, Italien und Großbritannien im Vergleich (1945 - 1956). Köln [u.a.] 2007.

Die Anziehungskraft, die der Kommunismus stalinistischer Prägung auf viele Intellektuelle in Westeuropa ausübte, erscheint heute schwer verständlich. Thomas Kroll untersucht in seiner Giessener Habilitationsschrift in neuer und umfassender Weise Ursachen und Erscheinungsformen dieser Attraktion, die einen oft unterschätzten Gegenstand der europäischen Geistesgeschichte des 20. Jahrhunderts bildet. Im Rahmen eines auf einer beeindruckenden Literaturkenntnis beruhenden Vergleiches kommunistischer Intellektueller in Frankreich, Österreich, Italien und Großbritannien fragt er nach dem Verhältnis von globaler kommunistischer Bewegung und nationalspezifischen Entwicklungen und erläutert die Bandbreite intellektuellen Engagements für den Kommunismus. […] Die Studie stellt einen äußerst gelungenen Beitrag zur Verortung des Kommunismus in der Ideen- und Intellektuellengeschichte des 20. Jahrhundert dar. […] Krolls Ergebnisse wecken auch ein über die Studie hinausgehendes Interesse an einem Vergleich mit kommunistischen Intellektuellen in realsozialistischen Staaten sowie nach Forschungen zu den intellektuellen Aus- und Nachwirkungen des Engagements kommunistischer Intellektueller in den jeweiligen nationalen intellektuellen Kulturen. Zukünftige Arbeiten zu diesen Themen werden an Krolls in Breite und Tiefe imponierender und Maßstäbe setzender Arbeit nicht vorbei kommen. Till Kössler für H-Soz-Kult

Thomas Krolls Arbeit verschränkt auf exzellente Weise Politikgeschichte, Sozialgeschichte und intellectual history. Sie demonstriert zudem erneut das große Erkenntnispotenzial, das in komparativen Studien stecken kann. Der enorme Arbeitsaufwand, der in diese materialgesättigte Vierländerstudie investiert worden ist, hat sich jedenfalls gelohnt. Und sie ist ein überzeugendes Plädoyer für eine begriffsgeleitete und analytisch reflektierte Geschichte des Kommunismus in Europa jenseits totalitarismustheoretischer Verengungen.
Ralph Jessen (sehepunkte 8, 2008, 6)
http://www.sehepunkte.de/2008/06/13276.html