Abonnement | Beitrag einreichen | Impressum
deutsch | english | français
H-Soz-Kult
 

Das Historische Buch 2008

Alte Geschichte
Mittelalterliche Geschichte
Geschichte der Frühen Neuzeit
Neuere Geschichte (langes 19. Jh.)
Neueste Geschichte
Zeitgeschichte
Europäische Geschichte
Außereuropäische Geschichte
Lehrbücher / Überblicksdarstellungen
Offene Kategorie
Political History in Cultural Perspective / Kulturgeschichte des Politischen / neue Politikgeschichte
Thematischer Schwerpunkt 2009
Publikumspreis

Political History in Cultural Perspective / Kulturgeschichte des Politischen / neue Politikgeschichte

Essay von Christoph Classen für H-Soz-Kult

1. Rang

Stollberg-Rilinger, Barbara (Hg.): Was heißt Kulturgeschichte des Politischen? Berlin 2005.

Der Sammelband enthält sowohl konzeptuelle und begriffliche Beiträge wie auch Fallstudien aus dem Bereich der neueren und neuesten Geschichte; auch letztere steuern jedoch durchweg konzeptuelle Reflexionen bei, die über ihr konkretes Beispiel hinausweisen. […] Das thematisch vielfältige Konzert einer auf das Politische ausgerichteten Kulturgeschichte erbringt konzeptuell einen überzeugenden Ertrag. Dabei herrscht keinesfalls völliger Gleichklang. Interessant sind gerade abweichende Nuancierungen und Erweiterungsvorschläge. Gerd Schwerhoff für H-Soz-Kult


2. Rang

Baberowski, Jörg: Der rote Terror. Die Geschichte des Stalinismus. München 2003.

Im übersichtlich strukturierten und flüssig geschriebenen Buch "Der rote Terror. Die Geschichte des Stalinismus" nähert sich der Autor in fünf thematisch und chronologisch angelegten Kapiteln dem Thema. Die neue Literatur zum Thema ist verarbeitet, die relevanten russischen Archivbestände ausgewertet. Terror und Stalinismus sind für Baberowski Synonyme, die Geschichte des Stalinismus nicht mit der Geschichte der UdSSR identisch. "Der Stalinismus war eine Zivilisation, die aus dem sowjetischen Imperium kam und mit dem Tod Stalins zugrunde ging", stellt der Autor einleitend, im Rahmen einer ebenso lesenswerten wie informativen Polemik gegen Auffassungen von Autoren des Schwarzbuches und die so genannten "Revisionisten" fest. Wladislaw Hedeler für H-Soz-Kult

Herausgekommen ist ein engagiertes Buch, dessen Autor sich nicht scheut, Stellung zu beziehen, Urteile zu fällen - und das ist gut so, selbst wenn man mitunter heftig widersprechen möchte.
Helmut Altrichter (FAZ, 26.01.2004)
http://www.faz.net/s/RubA330E54C3C12410780B68403A11F948...html


3. Rang

Kohlrausch, Martin: Der Monarch im Skandal. Die Logik der Massenmedien und die Transformation der wilhelminischen Monarchie. Berlin 2005.

Wilhelm II. hat von jeher Historiker wie auch historisch interessierte Laien fasziniert. Seine Reden und öffentlichen Auftritte, sein Imponiergehabe und die von ihm letztlich zu verantwortenden Entscheidungen von fataler Wirkung sind nur einige Gründe zur Erklärung dieses Phänomens. Hinzu kommen zahlreiche Skandale, in die Wilhelm II. direkt bzw. indirekt verwickelt war. Diese Skandale stehen im Mittelpunkt der Berliner Dissertation von Martin Kohlrausch. Es geht ihm dabei nicht in erster Linie darum, in der Manier eines heutigen oder historischen Skandalreporters Bekanntes oder weniger Bekanntes über Affären, in die Wilhelm II. direkt oder indirekt verwickelt war, zu berichten. Im Mittelpunkt seiner sehr anspruchsvollen Arbeit steht vielmehr die Suche nach Antworten auf zwei wichtige Fragen. Zum einen der Frage, inwieweit die Monarchie der Logik der Massenmedien unterworfen wurde, zum anderen der Frage, welche Konsequenzen dies für die Diskussion der Monarchie hatte. […] Auf teilweise sehr hohem Abstraktionsniveau und unter Einbeziehung einer Fülle neuer Quellen herausgearbeitet zu haben, was dies für den Monarchiediskurs in Deutschland über annähernd drei Jahrzehnte bedeutete, ist eine große Leistung. Michael Epkenhans für H-Soz-Kult

Die Stärken von Kohlrauschs Studie liegen darin, dass sie innovativ die öffentliche Kommunikation mit dem Kaiser interpretiert. Die eingeforderte und umgesetzte Kommunikation mit dem Kaiser deutet er als ein Element der Partizipation. Die Skandale hätten, als Surrogate für Wahlen, den Glauben an die demokratische Erweiterbarkeit und Steuerbarkeit der Monarchie durch die öffentliche Meinung gefördert. Der Monarch sei dabei bürgerlichen Leistungsbegriffen unterworfen worden.
Frank Bösch (Archiv für Sozialgeschichte online, September 2006)
http://library.fes.de/fulltext/afs/htmrez/80769.htm

Kohlrausch versteht es in seiner gedankenreichen Studie einerseits, der Relevanz des mediengeschichtlichen Blickwinkels auf die Epoche besonderen Nachdruck zu verleihen, indem er überzeugend nachweist, wie stark die "Eigenlogik" der Medien den politischen Diskurs und damit ein gutes Stück weit die politische Entwicklung bestimmte.
Dominik Petzold (sehepunkte 5, 2005)
http://www.sehepunkte.de/2005/06/6277.html


3. Rang

Koschorke, Albrecht (Hg.): Der fiktive Staat. Konstruktionen des politischen Körpers in der Geschichte Europas. Frankfurt am Main 2007.

Dem Autorenteam ist es gelungen, eine kohärente Monografie an der Schnittstelle von Geschichtswissenschaft, Rechtsgeschichte und Literaturforschung zu schreiben. […] Insgesamt zeigt die homogene und anspruchsvolle Studie auf anschauliche und überzeugende Weise die Wirkmächtigkeit eines literarischen Bildes sowie die intellektuellen Anstrengungen, die Verfasstheit eines bestimmten Staatswesens zu legitimieren, zu diffamieren oder herbei zu schreiben. Thomas Ertl für H-Soz-Kult


5. Rang

Sarasin, Philipp: "Anthrax". Bioterror als Phantasma. Frankfurt am Main 2004.

Versucht man den Essay auf die methodische Umsetzung der theoretischen Vorgaben hin zu prüfen, so zeigt sich, dass Sarasin sein früher entworfenes Programm Punkt für Punkt umsetzt. […] Die Verknüpfungen erzeugen aber einen hohen Grad an Plausibilität – was nicht zuletzt an Sarasins schillerndem Spiel mit der Sprache und ihren Bedeutungen liegt. Die Lektüre ist denn auch eine wahre Lust, insbesondere dann, wenn Sarasin die analysierte Biosprache selbst als stilistisches Mittel verwendet. So wie das Phantasma des «Bioterrors» die Angst vor dem Fremden codiert, befördert es auch die schamlose Lust an der Infektion als radikaler Akt der Subversion. Diese «Jouissance», die Lust am subversiven Akt korrespondiert mit der Wirkung des Textes von Sarasin auf den Leser, welcher aufklärend (mithin «infizierend») wirkt. Stefan Keller für H-Soz-Kult

Über die Empirie hinaus: Sarasins Essay „ Anthrax“ zeigt, wie Politik gegenwärtig, aber doch schon seit langem zur Seuchenkontrolle wird. Er zeigt, wie das Bild vom anderen, fremden Menschen sich in die Fratze vom gefährlichen Eindringling verwandelt. Er legt nahe, dass die zahllosen Anthrax-Täter eine subversive Lust am Spiel mit der Infektion verkörpern. Und lässt erkennen, wie die unordentlichen postmodernen Gesellschaften durch die Biologisierung der Politik einem hoch gefährlichen Traum von der Ordnung folgen. Vor allem anderen aber: Dieses Buch macht deutlich, wie Gesellschaften, die vom fiktiven Albtraum der biologischen Bedrohung regiert werden, dem kollektiven Imaginären erliegen.
Elisabeth von Thadden (Die Zeit, 19.05.2004)
http://www.zeit.de/2004/22/st-sarasin?page=3