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H-Soz-Kult
 

Das Historische Buch 2009

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Publikumspreis

Publikumspreis

Essay von Rüdiger Hohls für H-Soz-Kult

1. Rang

Stollberg-Rilinger, Barbara: Des Kaisers alte Kleider. Verfassungsgeschichte und Symbolsprache des Alten Reiches. München 2008.

"Des Kaisers alte Kleider" ist zweifelsohne eine der wichtigsten Neuerscheinungen zur Geschichte des Alten Reiches in den letzten Jahren. Barbara Stollberg-Rilinger positioniert sich hier nicht zum ersten Mal auf einem der vornehmsten Arbeitsfelder der deutschen Frühneuzeitforschung seit dem Zweiten Weltkrieg. Wesentlich akzentuierter und zugleich umfassender, als es ihr in ihrer kleinen Überblicksdarstellung bzw. diversen Aufsätzen möglich war, kann sie das in diesem monographischen Rahmen tun. Ohne die Ergebnisse der 'neuen' Reichsverfassungsgeschichte gering zu schätzen, die vielmehr selbstverständlich Eingang in ihre Darstellung gefunden haben, wendet sie sich dabei entschieden gegen Tendenzen zu einer Glorifizierung des Alten Reiches in gegenwartslegitimierender Absicht.
Matthias Schnettger (sehepunkte)
http://www.sehepunkte.de/2008/12/14617.html

Das Buch der Münsteraner Historikerin Barbara Stollberg-Rilinger hat einen erstaunlich lockeren Titel, der es aber nicht hindern wird, schnell zu einem Standardwerk der modernen Verfassungsgeschichte zu werden […] Stollberg-Rilinger bietet der Verfassungsgeschichte nicht nur Perspektiven, sondern hat die Arena für weitere Kontroversen geöffnet.
Miloš Vec (FAZ vom 12.12.2008, Nr. 291 / Seite 37)
http://www.faz.net/s/RubC17179D529AB4E2BBEDB095D7C41F46...html

Dem Wort verpflichtet, übersahen die modernen „Schriftgelehrten”, dass Zeichen und Substanz, Form und Sache in der alten Welt voneinander nicht zu trennen waren. Als Rationalisten fürchteten sie in den Bildern die Übermacht des Irrationalen. […] Barbara Stollberg-Rilinger vergegenwärtigt die Symbolsprache des Alten Reiches und mit ihr eine anschauliche Vernunft und deren dem Leben zugewandte Leistungskraft in ihrem Buch über „Des Kaisers alte Kleider”.
Eberhard Straub (SZ vom 09.04.2009)


2. Rang

Schlögel, Karl: Terror und Traum. Moskau 1937. München 2008.

Schlögel nutzt für sein Verfahren den Begriff des "Chronotopos", der in ebenjener Zeit vom Literaturtheoretiker Michail Bachtin geprägt wurde. Das hat den unschätzbaren Vorteil, dass immer ein ganzes Panorama an Geschehnissen präsent ist - was beim zwangsläufigen Nacheinander jeder Geschichte nur mit großer Kunst und hoher Sachkenntnis möglich ist. Schlögel ist das gelungen - mit dem Effekt, dass dem Leser die achthundert Seiten niemals lang werden. Es ist, als kopiere dieses Verfahren die sowjetische Welt selbst. Es hält Staunen und Schrecken in einem Werk zusammen, das mit Fug und Recht als herausragend unter allen neueren Werken der Geschichtsschreibung zu loben ist. Es ist in der Kunst seiner Darstellung ein hervorragender Beleg für die Verbindung von Literarizität und Wissenschaft.
(FAZ vom 28.11.2008, Nr. 279 / Seite L14 )
http://www.faz.net/s/RubC17179D529AB4E2BBEDB095D7C41F46...html


3. Rang

Paul, Gerhard (Hg.): Das Jahrhundert der Bilder. Bildatlas 1900-1949 /1949 bis heute. Göttingen 2008.

Eigentlich wundert man sich, dass es einen Bildatlas in der Art, wie ihn Gerhard Paul in zwei Bänden vorgelegt hat, nicht schon längst gab. […] Nun aber hat sich endlich jemand an die Vermessung des kollektiven Bildgedächtnisses gemacht, wie es sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte. Und um es vorwegzunehmen: Das Ergebnis ist insgesamt überzeugend. […] Am stärksten erscheint Pauls Konzept da, wo man am ehesten Beliebigkeit befürchtet hätte. So geht der in Flensburg lehrende Historiker von einem sehr weiten Kulturbegriff aus, der Grenzen zwischen ‚high’ und ‚low’ nicht anerkennt. […] So gewissenhaft viele Beiträge auf die Wirkungsgeschichte einzelner Bilder eingehen, so wenig reflektieren sie ökonomische oder logistische Dimensionen von deren Erfolg. Doch wiegen solche Mängel gering gegenüber den Verdiensten des Sammelwerkes – und gegenüber den Perspektiven, die es eröffnet. So bricht Paul mit der sonst üblichen Praxis, das Bildgedächtnis nur als Summe von Einzelbildern zu begreifen […] War die Orientierung am Einzelbild noch dem aus der Kunstgeschichte stammenden Konzept des Meisterwerks verpflichtet, so bietet Pauls Bildatlas den ersten Versuch, die Bedeutung von Bildlichkeit im Ganzen für Genese und Funktionieren des kulturellen Gedächtnisses auszuloten. Wolfgang Ullrich für H-Soz-Kult

[…] breit gefächert ist die Auswahl der Gegenstände. Sie reicht von Werken der bildenden Kunst wie Picassos "Guernica" über das politische Plakat und den Film bis hin zur Ikonographie der beiden Weltkriege. […] Schon dieser differenzierte Überblick lohnt die Lektüre des Bandes, und auch die ausführliche Bibliographie macht das Buch zu einer empfehlenswerten Einführung in das Thema. […] Der Anspruch des Unternehmens ist hoch: Der Band will kein Geschichtsbuch mit angehängtem Bildteil sein, vielmehr soll gezeigt werden, dass das zwanzigste Jahrhundert maßgeblich visuell geprägt war und folglich das Logo "Jahrhundert der Bilder" tragen darf.
Peter Geimer (FAZ vom 10.07.2009)


4. Rang

Doering-Manteuffel, Anselm; Raphael, Lutz: Nach dem Boom. Perspektiven auf die Zeitgeschichte seit 1970. Göttingen 2008.

Zuerst zu dem schmalen Bändchen, das aus der Feder der beiden Zeithistoriker Anselm Doering-Manteuffel (Tübingen) und Lutz Raphael (Trier) stammt und auf einem Konzeptpapier für einen anvisierten Forschungsverbund fußt. Sie plädieren für eine systematisch angelegte Zeitgeschichte, die sich von der Fixierung auf Jubiläen und Archivfristen lösen soll. Um die zunehmende Komplexität und Widersprüchlichkeit des Untersuchungsgegenstandes zu erfassen, bedürfe es eines neuen konzeptionellen Zuschnitts dieses historischen Teilfachs, das die Verfasser im Anschluss an Hans Günter Hockerts als problemorientierte Vorgeschichte der Gegenwart verstanden wissen wollen. Diesen Rahmen spannen sie für jene Ära „nach dem Boom“ auf, die die Zeit von 1965/70 bis 1995/2000 umfasst. [...] Auch wenn man einwenden mag, dass sich die Themenfelder erkennbar an bereits bestehenden Forschungs- und Arbeitsschwerpunkten der beiden Verfasser orientieren – wie sollte es bei einem anvisierten Forschungsverbund auch anders sein – und sich gegen die Formel des „Wandels von revolutionärer Qualität“ die in der Debatte um den Begriff der „industriellen Revolution“ vorgebrachten Vorbehalte vorbringen ließen, ist der Essay zweifelsfrei ein anregender Beitrag zum Standort jener „Geschichte, die noch qualmt“ (Barbara Tuchman). Nils Freytag für H-Soz-Kult

Der schmale Band erfüllt mehrere Zwecke: Er ist eine - vorläufige - Zusammenschau der zu erheblicher Breite angewachsenen Einzelforschung zum säkularen Strukturwandel seit den 1970er Jahren. Er ist Ortsbestimmung und provisorische, aber bereits paradigmenbildende Synthese (zumindest für die Zeithistorikerzunft; aus Sicht der Sozialwissenschaften ist vieles bekannt, auch theoretisch verarbeitet). Er skizziert zudem - wenn auch reichlich erratisch-unsystematisch - die Grundzüge eines Forschungsprogramms.
Stephan Lessenich (sehepunkte)
http://www.sehepunkte.de/2009/05/15521.html


5. Rang

Zierenberg, Malte: Stadt der Schieber. Der Berliner Schwarzmarkt 1939 - 1950. Göttingen 2008.

Beeindruckend nah führt Zierenberg die Leser an die Tauschgeschäfte auf den Schwarzmärkten der Kriegs- und Nachkriegszeit heran. Der eine oder andere geradezu feuilletonistisch-impressionistische Einsprengsel ist immer an Quellen rückgebunden und zeigt, wie vielfältig dieses Thema in neuem Licht dargestellt werden kann. Einige Wiederholungen fallen zwar auf (wie zum Beispiel der Hinweis auf den Übergang von der privaten zur öffentlichen Schwarzmarktzeit), wirken aber nicht störend. Es bleibt die Frage, ob die Schwarzmarktprozesse auf ihren Tauschcharakter reduziert werden können und nicht auch der Kauf als gleichberechtigter weiterer Prozess in die Analyse einbezogen werden sollte? Solche Fragen, zeigen aber eher das Potential, das in dieser Arbeit steckt, als dass sie sie prinzipiell in Frage stellen. Jürgen Schmidt für H-Soz-Kult

Without a doubt, this is an outstanding book that adds new levels to our understanding of the cultural meaning of the marketplace. It will hopefully encourage more historians to follow, and to further explore the multifaceted interrelations between culture, society and the economy in modern German.
Gideon Reuveni (sehepunkte)
http://www.sehepunkte.de/2009/09/14550.html