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H-Soz-Kult
 

Das Historische Buch 2009

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Essay von Peter Stachel für H-Soz-Kult

1. Rang

Doering-Manteuffel, Sabine: Das Okkulte. Eine Erfolgsgeschichte im Schatten der Aufklärung . Von Gutenberg bis zum World Wide Web. München 2008.

Doering-Manteuffel beweist, dass man bestens lesbare Bücher schreiben kann, ohne die Standards der Fachwissenschaft zu kompromittieren. Sowohl ihr Stil als auch ihr Anmerkungsapparat entsprechen höchsten Ansprüchen. […] Sabine Doering-Manteuffels Mediengeschichte des Okkulten ist rundherum gelungen. Der Band verdient die Aufmerksamkeit der Fachwissenschaft und des breiten Lesepublikums uneingeschränkt. Johannes Dillinger für H-Soz-Kult

Sabine Doering-Manteuffel ist es gelungen, die kulturhistorische Dialektik der Aufklärung aufzuspüren: In dem Maß, in dem Wissenschaft und Rationalität sich als Organisationsprinzipien des modernen Lebens durchsetzen konnten, stieg auch das Bedürfnis nach dem Unerklärlichen. […] Das Besondere des Buchs liegt darin, dass es nachweist, dass das Unerklärliche aus historischen Gründen konstitutiv für die Neuzeit ist. Was das für unseren Begriff vom Menschen in sozialer, ästhetischer und politischer Hinsicht unter den Bedingungen des Medienzeitalters bedeutet, ist noch nicht durchdacht. Hierin liegt eine Herausforderung, die das Werk genau umreißt. Man darf gespannt sein, wie Politik, Pädagogik und Wissenschaft reagieren werden. […] Sabine Doering-Manteuffel ist ein großer Wurf gelungen: Die Vernünftigen sollten auf der Hut sein. Die Entzauberung der Welt war am Ende vielleicht auch nur ein Traum.
Michael Jeismann (FAZ vom 12.03.2008, Nr. 61 / Seite L15)
http://www.faz.net/s/RubC17179D529AB4E2BBEDB095D7C41F46...html


2. Rang

Döring, Jörg; Thielmann, Tristan (Hg.): Spatial turn. Das Raumparadigma in den Kultur- und Sozialwissenschaften. Bielefeld 2008.

[...] ein Sammelband, der durch die breitestmögliche Abdeckung bestehender Positionen und der gleichzeitigen Aufforderung zum fortgesetzten Dialog besticht. Die kluge Auswahl konziser Aufsätze erzeugt gerade wegen ihrer oft deutlichen Fachgebundenheit und dem immer wieder spürbaren Unverständnis und den Unsicherheiten einzelner Autoren angesichts anderer disziplinärer Zugänge eine große potentielle Streubreite an Effekten zwischen den Texten. Die großteils diszipliniert strukturierten Beiträge geben nämlich nicht nur wichtige Einblicke in die jeweiligen Abgrenzungskämpfe der Einzelwissenschaften, sondern versuchen sich immer auch an vergleichenden Beobachtungen und Erkenntnissen Micha Braun für H-Soz-Kult

[...] es [ist] überfällig, dass sich die mit der Kategorie Raum arbeitende Geschichtswissenschaft nicht länger aus der geographischen Rumpelkammer bedient, sondern innovative Konzepte, wie sie bereits für die Frühe Neuzeit existieren, aufgreift und weiter entwickelt. Der von Jörg Döring und Tristan Thielmann herausgegebene Band liefert hierfür hervorragende Orientierungshilfen und ist daher allen Raumpionieren diesseits und jenseits des Spatial Turn wärmstens zu empfehlen. Ulrike Jureit für H-Soz-Kult


3. Rang

Steinmetz, Willibald (Hg.): "Politik". Situationen eines Wortgebrauchs im Europa der Neuzeit. Frankfurt/Main [u.a.] 2007.

Der von Willibald Steinmetz herausgegebene Sammelband ist im Rahmen des an der Universität Bielefeld angesiedelten Sonderforschungsbereichs 584 „Das Politische als Kommunikationsraum in der Geschichte“ entstanden und somit Teil eines der in den vergangenen Jahren produktivsten Zentren der kulturgeschichtlichen Thematisierung des Politischen. Die Beiträge knüpfen an die Programmatik des Sonderforschungsbereichs insofern an, als in ihnen eine allgemeine und überzeitliche Definition des Politischen abgelehnt und vielmehr nach den „Situationen“, den jeweils zeitlich und räumlich zu verortenden expliziten Verwendungsweisen des Politikvokabulars sowie nach Wandlungsformen der eher impliziten Bezugnahmen auf das Politische gefragt wird. Damit ist zugleich ein zentraler Unterschied zu den Geschichtlichen Grundbegriffen benannt […]. Berücksichtigung finden nämlich nicht nur klassische begriffsgeschichtliche Quellen wie Lexika, Enzyklopädien oder die sogenannte „Höhenkammliteratur“, sondern, wie Willibald Steinmetz es in seiner lesenswerten Einführung formuliert, auch „Schriften und Äußerungen, die in vordergründig politikfernen Handlungskontexten entstanden sind oder jedenfalls nicht explizit zum Ziel hatten, zu definieren, was ‚Politik’ sei.“. Damit verbunden ist die These, „dass der Kommunikationsraum des Politischen zu keiner Zeit in dem aufging, was in den jeweiligen historischen Situationen als ‚politisch’ oder zur ‚Politik’ gehörig bezeichnet wurde.“ Birgit Schwelling für H-Soz-Kult

Positiv hervorzuheben sind mehrere zu begrüßende Weiterentwicklungen: So werden der Mehrzahl der Beiträge nicht nur normative Quellen, etwa Lexika, und die geistesgeschichtliche Höhenkammliteratur zu Grunde gelegt, sondern auch ungedruckte Quellen, Massenpublizistik oder auch schöngeistige Literatur. Das Quellenspektrum für eine Begriffsgeschichte des Politischen wird somit ausgeweitet. Gleichzeitig wird über den mitteleuropäischen Raum hinaus auch das russische Reich einbezogen, was europahistorisch dringend geboten scheint.
Andreas Frings (sehepunkte)
http://www.sehepunkte.de/2008/07/14237.html


4. Rang

Nippel, Wilfried: Antike oder moderne Freiheit? Die Begründung der Demokratie in Athen und in der Neuzeit. Frankfurt am Main 2008.

Wilfried Nippel, Berliner Althistoriker und Max-Weber-Herausgeber, hat diese Geschichte aufgeschrieben. Sein neues Buch […] schleicht sich so im bescheidenen Studienformat einer Taschenbuchreihe heran, ist aber doch eine eigenständige, aus den Quellen gearbeitete, veritable Monographie, deren 1300 Anmerkungen nicht durch ihre Zahl, sondern die darin offenbarte tiefe und breite Lektüre beeindrucken. […] Nicht geringer als die Leistung dieses Buches, die Bezugnahmen des politischen Theoriediskurses auf die Antike aufzuspüren, ist sein Verdienst, vor Kontinuitäten zu warnen. Anders als mancher, der mehrere Jahrtausende zurückblickt, erliegt der Autor nicht dem „Alles schon dagewesen”. […] Wilfried Nippel hat ein interessantes, nützliches Buch vorgelegt. Es ist gelegentlich etwas trocken geschrieben; es ist aber in seinem unpathetischen, unkämpferischen Ton gerade ein Dokument dafür, wie selbstverständlich uns der Vorrang der Demokratie heute geworden ist.
Johan Schloeman (SZ vom 25.07.2008)


5. Rang

Reemtsma, Jan Philipp: Vertrauen und Gewalt. Versuch über eine besondere Konstellation der Moderne. Hamburg 2008.

Seine Ausgangsfrage – wie es möglich sei, dass Menschen einander und „der Moderne“ trotz extremer Gewalterfahrung weiterhin vertrauen – kann er gleichwohl beantworten: indem sie den Autotelos dieser Gewalt leugnen und somit dafür sorgen, dass die Gewalt die Utopie einer gewaltfreien Gesellschaft nicht sprengt. Aber was, ließe sich am Ende fragen, ist gewonnen, wenn der Aufklärer den Schleier der Selbsttäuschung und der „Legitimationsrhetoriken“ zerreißt? Wir sind um eine Illusion (wenn wir sie denn gehabt haben) ärmer – und müssen umso mehr darauf bedacht sein, diejenigen Kontroll- und Einhegungsmittel, die Menschen seit der Frühen Neuzeit ersonnen haben, auch wirklich anzuwenden: das Recht vor allem, die Empfindlichkeit – und die Ein-Rede, der Reemtsma auf den letzten Seiten ein ebenso leises wie emphatisches Denkmal setzt. Susanne Kassung für H-Soz-Kult

Es fiele schwer, in diesem Interesse nicht den persönlichen Erfahrungshorizont zu erkennen, gelegentlich weist Reemtsma en passant auch auf ihn hin. Es gehört jedoch gleichermaßen zur Professionalität des Wissenschaftlers wie zur Befähigung des Autors, wie es ihm gelingt, diesen Hintergrund in Stil umzumünzen. Deutlich spürt man seiner hochbeweglichen Sprache die Arno Schmidtsche Lust am Gestischen an, den Gedankenfluss einen Moment lang zu einem schnoddrigen Aperçu gerinnen zu lassen - "All dies führt zu allerlei" -, um ihn dann wieder in langen Satzperioden strudelnd zu beschleunigen, dabei in völliger Dünkellosigkeit gegenüber seinen Quellen Schillers Wilhelm Tell neben Django - der mit dem Maschinengewehr im Sarg - geraten zu lassen, um dann im Rückgriff auf Kierkegaards Abraham-Figur den Phänotyp des Desperados zu beschreiben.
Thomas Hettche (FAZ vom 16.03.2008, Nr. 11 / Seite 31)
http://www.faz.net/s/RubC17179D529AB4E2BBEDB095D7C41F46...html


5. Rang

Enzensberger, Hans Magnus: Hammerstein oder der Eigensinn. Eine deutsche Geschichte. Frankfurt am Main 2008.

Sein Buch soll kein historischer Roman sein und erhebt doch zugleich auch keinen fachwissenschaftlichen Anspruch […] Durch eine solche Form der multiperspektivischen Geschichtsschreibung kann die Geschichtswissenschaft, die mit einer hegemonialen Erzählperspektive arbeitet, keinesfalls ersetzt, aber vielleicht doch ergänzt werden, indem sie nämlich Perspektiven und Stimmen sichtbar macht, die unter der Dominanz einer Erzählung verloren gehen können. Rüdiger Graf für H-Soz-Kult

Dies ist »kein Roman«, schreibt Hans Magnus Enzensberger im Nachwort zu seinem kühnsten Werk seit Jahren. Wäre es einer, man würde ihm seinen Stoff kaum abnehmen – so fantastisch muten die Geschichten an, die er in Hammerstein erzählt. Ein Werk der Wissenschaft ist das Buch auch nicht, gleichwohl beansprucht Enzensberger für sich, der historischen Wahrheit nachzuleuchten. Die Historikerzunft muss sich die Frage gefallen lassen, warum sie dieses unglaubliche Material nicht längst selbst angefasst hat.
Jörg Lau (Die Zeit vom 17.01.2008 Nr. 04)
http://www.zeit.de/2008/04/Enzensberger-Lau