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H-Soz-Kult
 

Das Historische Buch 2006

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Bildgeschichte - Geschichte der Bilder
Thematischer Schwerpunkt 2007
Publikumspreis

Offene Kategorie

Essay von Eckhardt Fuchs für H-Soz-Kult

1. Rang (27 Punkte, 7 Voten)

Esch, Arnold: Wiederverwendung von Antike im Mittelalter. Die Sicht des Archäologen und die Sicht des Historikers. Berlin 2005.

Dieses Buch handelt von Spolien, von antiken Gegenständen, die im Mittelalter auf unterschiedlichste Weise wiederverwendet wurden. Sie dienten dadurch praktischen oder ästhetischen Zwecken, vor allem aber wurden sie durch diese Um- und Weiternutzung vor dem Untergang bewahrt – transformiert, aber erhalten! Denn, wie Esch mehrfach betont: Antikes, das nicht von Erde oder wie Pompeji von Asche bedeckt war, ging im Regelfall in Laufe der Zeit verloren. Damit thematisiert der Band also zugleich die Rolle des Mittelalters als Instanz des Bewahrens und sogar Auslesens des materiellen Erbes der Antike. Harald Müller für H-Soz-Kult

Auf beeindruckende Weise hat Arnold Esch eine eigene Methode des Buchstabierens von Überlieferungsvorgängen entwickelt, indem er herauspräpariert, was er "Überlieferungschancen" nennt: Welche Objekte haben in einem bestimmten Augenblick die Chance, in neue Zusammenhänge hineingenommen und so vor der bedenkenlosen Vernichtung bewahrt zu werden.[...] So wird man, aufgrund der Befunde von Esch und unabhängig von der Frage, ob es im Mittelalter echte Renaissancen gab, von einer kontinuierlichen Überlieferung der Antike im Mittalter sprechen können, die zur Möglichkeit der Renaissance mehr beigetragen hat, als diese dem Mittelalter zuzugestehen bereit war.
Henning Ritter (FAZ, 19.10.2005)
http://www.faz.net/s/RubC17179D529AB4E2BBEDB095D7C41F46...html


 

2. Rang (26 Punkte, 7 Voten)

Baberowski, Jörg: Der Sinn der Geschichte. Geschichtstheorien von Hegel bis Foucault. München 2005.

Auch der Stil hat sich gewandelt, in dem Historiker heute ihre Überlegungen zur Theorie der Öffentlichkeit präsentieren. Die polemischen Feldschlachten rivalisierender Theorieschulen, die sich um das Banner prominenter Zitierautoritäten scharten, um, wenn nicht ihren Exklusivitätsanspruch, dann doch wenigstens den auf konzeptionelle Überlegenheit auszufechten, sind weithin abgeklungen. Die Stimmung der Theoriediskussion in der Geschichtswissenschaft wirkt heute abgeklärt; man muss zeigen, dass man das Spektrum der Angebote an verschiedenen Begriffssystemen und Ansätzen überschaut, dass man in der Lehre, um die Studierenden für die Bedeutung von Theorie für ihr Fach zu sensibilisieren, auch kontroverse Konzepte in ihrer jeweils stärksten Form vorstellt und dass man stets in der Lage ist, mit den unterschiedlichsten Prämissen und Theoremen zu spielen, ohne sich, wie früher, mit Haut und Haaren einer modischen Leittheorie zu verschreiben. Dass die Aufregungen älterer Debatten dem Gestus, "viele Blumen blühen zu lassen", Platz gemacht haben, hat freilich auch einen Preis: Die theoretische Diskussion hat zurzeit ihren Fokus verloren. Wo vieles möglich ist, sind begründete Entscheidungen weniger gefragt. Wo es keine Festlegungen mehr zu geben braucht, verschwimmen die Kriterien. Jörg Baberowskis Buch spiegelt die Stärken und Schwächen der derzeitigen Lage. Thomas Welskopp für H-Soz-Kult

Wenn das Gespräch des Historikers mit sich selbst vor allem ein Überdenken der eigenen Geschichtlichkeit und Traditionsgebundenheit darstellt, ist Historiographiegeschichte ein integraler Bestandteil der Geschichtswissenschaft. In diesem Sinne bietet Baberowskis Buch in zehn Kapiteln einen informativen Überblick über wichtige Denker und Strömungen der (Geschichts-)Philosophie des 19. und 20. Jahrhunderts, der insbesondere Studierenden eine erste Orientierung ermöglicht.
Arne De Winde (literaturkritik, Oktober 2005)
http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_...


 

3. Rang (24 Punkte, 5 Voten)

Radkau, Joachim: Max Weber. Die Leidenschaft des Denkens. München 2005.

[...]eine intellektuelle Biografie, die sich nicht auf das Leben beschränkt, sondern das Werk aus der Biografie erhellen will.[...] Literarisch geschickt deutet Radkau an, dass seine Biografie dieses neue Weber-Bild ausformuliert, Jaspers frühes Bild vom Philosophen durch die materiale Botschaft der erotischen Emanzipation ergänzt und Webers Suche nach dem Einklang mit der eigenen "Natur" als existentielles Lebensthema darstellt. Radkau erweitert damit gewissermaßen Jaspers Portrait vom Philosophen. [...] Seine große Narration von der frühen "Vergewaltigung" von Webers "Natur", der "Rache" des "Absturzes" und der allmählichen "Erlösung und Erleuchtung" durch die Liebe ist also in vollem Ernst durchgezogen und ernst gemeint. Radkau überbietet Jaspers. Auch er liest Weber gegen den dogmatischen Strich als existentiellen Philosophen und deutet dabei ein weites Konzept von "Philosophie" an, das Weber selbst niemals vertrat. [...] Dabei ist weit mehr herausgekommen als eine detaillierte Biografie. Radkau holt die großen Worte des Untertitels und der Dreiteilung seines Werkes originär ein. Dass er nicht an Webers Begriffen klebt, sondern den Grenzbegriff der "Natur" auch gegen den Strich von Webers Naturalismuskritik liest, gibt seiner Darstellung ihre exzentrische Kraft. Reinhard Mehring für H-Soz-Kult

Dem Buch liegt eine immense Arbeitsleistung zu Grunde, und stark ist es in den Partien, in denen Radkau Webers intensive Selbstanalysen schildert und den Zusammenhang zwischen Eigenerfahrung und Welterfahrung, zwischen dem Habitus des ethischen Rigorismus und der Klarheit wissenschaftlichen Denkens, herstellen kann. Dazu zählen auch das sensible Porträt von Robert Michels, die subtile Ironie gegenüber Werner Sombart und die intellektuelle Würdigung von Marianne Weber
Gangolf Hübinger (sehepunkte 6 (2006), Nr. 2)
http://www.sehepunkte.de/2006/02/9002.html

Nach fast achtzig Jahren die erste Weber-Biografie, die diesen Namen verdient. Eine umfassende Studie, die Leben und Werk des Titanen systematisch verknüpft und selbst Weber-Kennern neue Einsichten bietet.
Andreas Anter (Neue Zürcher Zeitung, 18.10.2005)

Eine verblüffende, atemberaubende Lektüre ... ein hochspannendes Buch, mit unvergeßlichen szenischen Schilderungen, wie in einem Roman, dank einer respektlosen, eigenwilligen wissenschaftlichen Zugangsweise und einem bemerkenswerten Einfühlungsvermögen in eine sehr kranke Psyche.
Nils Minkmar, (FAZ, 19.10.05)
http://www.faz.net/s/RubC17179D529AB4E2BBEDB095D7C41F46...html

Joachim Radkau hat nun die erste sozusagen unabhängige Biografie vorgelegt, die den Quellenstand berücksichtigt. Und er setzt Maßstäbe. Mit beeindruckender Detailkenntnis, die sich vor allem auf die Auswertung einer Unmenge von Briefen stützt, präsentiert Radkau eine fesselnde Lebensgeschichte, die zudem die Epoche, in der sie sich abspielt, auf anschauliche Weise vergegenwärtigt und auch dem Werk, das ein Teil von ihr ist, zu größerer Tiefenschärfe verhilft.
Magnus Schlette (Frankfurter Rundschau, 07.12.2005)
http://www.fr-aktuell.de/in_und_ausland/kultur_und_medi...


 

4. Rang (23 Punkte, 9 Voten)

Burke, Peter: Was ist Kulturgeschichte? Frankfurt am Main 2005.

Zweifellos: Hier ist einem Meister ein souveräner Entwicklungsüberblick und eine bedeutende Standortbestimmung seines Fachgebiets gelungen, ohne dass er hegemoniale Ansprüche erheben würde. Wolfgang E. J. Weber für H-Soz-Kult

Die Darstellung des Entwicklungsgangs und der Inhalte der Kulturgeschichte ist, wie von einem Meister des Faches nicht anders zu erwarten, breit gefächert, außerordentlich luzide, sehr lehrreich, kritisch und differenziert. Die empirischen Beispiele, mit deren Hilfe Burke Methoden, Probleme und Ergebnisse verschiedener Phasen der Kulturgeschichte anschaulich macht, stammen nach dem Ende der 'großen Tradition' überwiegend aus der englischen, amerikanischen, französischen und italienischen Historiografie, aber die von Burke zur Illustration seiner Aussagen gewählten Werke liegen fast alle auch in Übersetzung vor. "Was ist Kulturgeschichte" lässt sich somit auch ohne Bedenken als Lektüre für Einführungsseminare empfehlen. Das Einzige, was man vielleicht vermissen könnte, wäre ein Verweis auf die neuere kritische Diskussion der Entstehung der "Volksgeschichte" in den 1920er- und 1930er-Jahren, die bei der Entwicklung der Geschichte der Volkskulturforschung weitgehend ausgespart bleibt.
Andreas Fahrmeir (sehepunkte 6 (2006), Nr. 7/8)
http://www.sehepunkte.historicum.net/2006/07/11149.html

Was ist Kulturgeschichte? – Unter anderem, wenn man sich traut, einen zweihundert Seiten kurzen Text zu schreiben, der höchst anregende Einblicke in eines der innovativsten historischen Fachgebiete der letzten Jahrzehnte bietet. Gelungen ist dies dem englischen Historiker Peter Burke, der sich nicht nur durch die Publikation wichtiger Beiträge zur Kulturgeschichte der frühen Neuzeit, sondern auch durch einen scharfsichtigen Blick auf die historiographischen Entwicklungen der Gegenwart hervorgetan hat.
Alexis Schwarzenbach (Neue Zürcher Zeitung, 18.10.2005)


 

5. Rang (21 Punkte, 6 Voten)

Moraw, Peter; Schieffer, Rudolf (Hg.): Die deutschsprachige Mediävistik im 20. Jahrhundert. [Herbsttagung des Konstanzer Arbeitskreises für Mittelalterliche Geschichte (2. - 5. Oktober 2001) ... auf der Insel Reichenau]. Ostfildern 2005.

[...] durchaus ein Kompendium [...], das so schnell nicht ersetzt werden wird [...] Es ist erfreulich, dass sich jetzt vermehrt Mediävisten kritisch der "Zeitgeschichte" ihres Faches widmen. Ebenso ist zu begrüßen, dass eine ganze Institution wie der AK kritische Rückschau auf sich selbst hält. Mag der besprochene Band Anstoß für ähnliche Unternehmen abgeben, um das spannende Thema der "deutschsprachigen Mediävistik" vermehrt kritisch zu untersuchen. Karel Hruza für H-Soz-Kult