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H-Soz-Kult
 

Das Historische Buch 2008

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Political History in Cultural Perspective / Kulturgeschichte des Politischen / neue Politikgeschichte
Thematischer Schwerpunkt 2009
Publikumspreis

Mittelalterliche Geschichte

Essay von Harald Müller für H-Soz-Kult

1. Rang

Teuscher, Simon: Erzähltes Recht. Lokale Herrschaft, Verschriftlichung und Traditionsbildung im Spätmittelalter. Frankfurt am Main [u.a.] 2007.

Teuscher führt seine Leserinnen und Leser durch eine komplexe Materie. Eine derart quellennahe Untersuchung und die 150jährige Forschungsgeschichte sind nicht die besten Voraussetzungen für einen einfachen Text. Tatsächlich findet man sich da auf einer unverhofften Wildschweinjagd auf dem Thunersee wieder, begegnet dort einem Doktoren der „consuetudo“ oder erfährt hier Details zum eigenartigen Sonderweg, auf den sich die deutschsprachige Forschung mit Otto Brunner begeben hat. Doch indem er seine dichte Quellenanalyse auf exemplarische Fälle beschränkt, sich gegenüber anderslautenden Forschungsmeinungen fair zurückhält und dank der sorgfältigen Sprache kann man Teuschers Erzählung folgen und können seine Einsichten jederzeit nachvollzogen werden. [...] Es handelt sich um eine grundlegende Forschungsleistung, welche die Diskussion der nächsten Zeit mit Sicherheit prägen wird. Michael Blatter für H-Soz-Kult


2. Rang

Ertl, Thomas: Religion und Disziplin. Selbstdeutung und Weltordnung im frühen deutschen Franziskanertum. Berlin [u.a.] 2006.

Religion und Disziplin“ ist ein kenntnis- und detailreiches Buch über das religiöse und politische Denken wie auch das gesellschaftliche Wirken der Franziskaner von der Mitte des 13. bis hinein ins 14. Jahrhundert. Es ist zweifelsohne mit Gewinn zu lesen: Die Untersuchung spannt nicht nur den Bogen vom späten Mittelalter zu frühneuzeitlichen Entwicklungen. Sie bezieht auch treffend die Wurzeln der Normierungsprozesse in der Geistes- und Sozialgeschichte des frühen und hohen Mittelalters ein. Jana Bretschneider für H-Soz-Kult

Insgesamt gelingt Thomas Ertl mit seinem Buch eine detail- und perspektivenreiche Analyse des religiösen, politischen und gesellschaftstheoretischen Denkens der Franziskaner im 13. und beginnenden 14. Jahrhundert. Diese Analyse zeigt, auf welche Weise die Minoriten Prozesse der Individualisierung, der bürgerlichen Emanzipation und der wirtschaftlichen Rationalisierung im Bereich der sich schnell entwickelnden und ausdifferenzierenden städtischen Gesellschaft reglementierend und durchaus mit moralisch-religiösem Führungsanspruch begleiteten. […] Im Übrigen ist der Mut zur weit ausgreifenden These ein Charakteristikum von Ertls Studie, das besonders positiv hervorzuheben ist. Ebenfalls charakteristisch ist die Arbeit mit weiter Perspektive, die immer wieder den Vergleich zu Phänomenen des frühen und hohen Mittelalters sowie der frühen Neuzeit sucht und überdies verschiedene soziale und geographische Räume einbezieht. Es mag sein, dass eine solche Betrachtungsweise hier und dort zu Lasten einer kompakten, geschlossenen Darstellungen und argumentativen Stringenz im Kleinen geht; alles in allem ist sie dennoch positiv zu bilanzieren, gibt sie doch der Studie zu einem nicht unerheblichen Teil das Gepräge eines historischen Großessays, der höchst anregend und gut zu lesen ist.
Markus Schürer (sehepunkte 7, 2007, 6)
http://www.sehepunkte.de/2007/06/12149.html


3. Rang

von der Höh, Marc: Erinnerungskultur und frühe Kommune. Formen und Funktionen des Umgangs mit der Vergangenheit im hochmittelalterlichen Pisa (1050 - 1150). Berlin 2006.

Marc von der Höh gelingt es, mit dem Konzept der Erinnerungskultur die Eigenart wie auch das Exemplarische des Sonderfalles Pisa herauszuarbeiten. Sein Buch zeigt die Möglichkeiten auf, die sich aus der Verbindung eines interdisziplinär beherrschten hilfswissenschaftlichen Instrumentariums mit einer breiten Literaturkenntnis und überlegten Interpretationsmodellen ergeben. Die so sichtbar gemachten Zusammenhänge und Spannungen zwischen einer Vielzahl an Vergangenheitsspuren machen die Monografie zu einem unverzichtbaren Zugang zum Pisaner Hochmittelalter und geben neue Impulse zur Erforschung der Stadtkultur Italiens. Christoph Friedrich Weber für H-Soz-Kult

Marc von der Höh findet in seiner umsichtigen Kontextualisierung der einzelnen Relikte der Pisaner Erinnerungskultur zu einer Fülle überzeugender Einsichten, die nicht nur auf die zentrale Bedeutung hilfswissenschaftlicher Methoden aufmerksam machen, sondern auf künftige Untersuchungen zur kommunalen Kultur zweifellos anregend ausstrahlen werden. Nicht zuletzt sei der Abbildungsteil, aber auch die Übersetzung der komplizierten Inschriften ausdrücklich hervorgehoben: Bei künftigen Pisa-Besuchen wird man darauf dankbar zurückgreifen.
Knut Görich (Kunstform 9, 2008, 7)
http://www.arthistoricum.net/index.php?id=276&ausgabe=2...


4. Rang

Müller, Heribert (Hg.): Die Konzilien von Pisa (1409), Konstanz (1414 - 1418) und Basel (1431 - 1449). Institution und Personen. Ostfildern 2007.

Dankenswerterweise wird der Band, der für die Erforschung der großen Konzilien des 15. Jahrhunderts künftig zur Grundlagenliteratur gehört und dessen Erkenntnisse und Desiderate von Werner Maleczek ebenso präzise wie lebendig zusammengefasst werden, durch ein vorzügliches Register erschlossen. Und als wollte man große Sünden so manch wichtiger Publikation des Arbeitskreises wettmachen, die – Stellung der Organisation und Qualität der Bände geradezu konterkarierend – auf diese Art der Erschließung ihrer Ergebnisse unbegreiflicherweise verzichteten, sogar durch ein dreiteiliges: ein Namenregister, ein Register der modernen Autoren sowie ein Ortsregister. So sollte es sein – schade, dass es nicht immer so ist. Jörg Schwarz für H-Soz-Kult


5. Rang

Shatzmiller, Joseph: Shylock geht in Revision. Juden, Geldleihe und Gesellschaft im Mittelalter. Aus d. Engl. übers. und mit bibliograf. Ergänzungen (1990 - 2007) von Christoph Cluse. Trier 2007.

Der glückliche Fund der Prozessakten von 1317 gegen den jüdischen Geldverleiher Bondavid in Marseille bot dem Autor 1972 einen regelrechten Goldschatz von 40 heutigen Druckseiten an Dokumenten (nur Anklageschrift und Urteil - beide erschließbar - fehlen), die, durch eine stupende Bandbreite an vergleichbarem Material, Anlass zu einer tiefgreifenden, fast 20 Jahre beanspruchenden Analyse eines stets gefährdeten, aber erfolgreichen christlich-jüdischen Zusammenlebens vor der großen Vertreibung der Juden aus Frankreich 1321 (weitgehend nach Deutschland) gab, die schon bald nach ihrem Erscheinen ausverkauft war (originale Exemplare werden im Internet zwischen 50 und 100 US-Dollar gehandelt), so dass die deutsche Übersetzung (eine französische liegt seit 2000 vor) des Trierer Wissenschaftlers Christoph Cluse, die das Werk um einen forschungsgeschichtlichen Nachtrag (S. 239–256) mit 6 Seiten Bibliographie […] bereichert, in einem verlaglich sehr gut betreuten Buch mit einem gegenüber dem englischsprachigen Original deutlich zuverlässigeren übersetzerkorrigierten Dokumentationsteil die spannende und erkenntnisfördernde Darstellung von 1990 einem neuen Lesepublikum anbieten kann.
Hans-Joachim Kann (Landeskundliche Vierteljahrsblätter, 54.2008, H. 2)
http://www.kliomedia.de/48/klimax3.0/html/kliomedia/de/...


5. Rang

Yuval, Israel Jacob: Zwei Völker in deinem Leib. Gegenseitige Wahrnehmung von Juden und Christen in Spätantike und Mittelalter. Göttingen 2007.