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H-Soz-Kult
 

Das Historische Buch 2006

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Bildgeschichte - Geschichte der Bilder
Thematischer Schwerpunkt 2007
Publikumspreis

Alte Geschichte

Essay von Udo Hartmann für H-Soz-Kult

1. Rang (41 Punkte, 8 Voten)

Dahlheim, Werner: Julius Caesar. Die Ehre des Kriegers und die Not des Staates. Paderborn 2005.

Dass Dahlheim im Klappentext als "einer der glänzendsten Stilisten unter den deutschen Historikern" gefeiert wird, ist keine Untertreibung. Dahlheim schreibt eine Tragödie vom Untergang der Römischen Republik nach allen Regeln der dramatischen Kunst. Stefan Selbmann für H-Soz-Kult

Erbauung und Sinnstiftung bietet Dahlheim nicht. Er zeichnet die Realität der Machtkämpfe nach und vergisst diejenigen nicht, die »bei den Spänen waren, als Männer, die Geschichte machten, hobelten« (Strasburger). Spannende Erzählung und souveräne Strukturanalysen werden verwoben und in einer Sprache dargeboten, die Ironie und Sarkasmus nicht scheut, wenn dies dem Gegenstand angemessen ist.
Wilfried Nippel (Die Zeit, 05.01.2006)
http://www.zeit.de/2006/03/P-Caesar

Als ausgezeichneter Stilist versteht es Dahlheim, immer wieder die Quellen sprechen zu lassen, so daß ein höchst lebendiges und facettenreiches Gemälde Caesars und der Republik entsteht, das nicht in seiner Detailfülle ertrinkt. Dahlheims Buch bestätigt im besten Sinne, was Theodor Mommsen einst in einer wohl schwachen Stunde gestand: daß der Geschichtsschreiber "vielleicht mehr zu den Künstlern als den Gelehrten gehört".
Richard Pohle (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17. Februar 2006)
http://www.faz.net/s/RubC17179D529AB4E2BBEDB095D7C41F46...html

Werner Dahlheim, Professor für Alte Geschichte an der Technischen Universität Berlin, geht noch einen Schritt weiter. Er sieht Cäsar in seiner neuen, durch ihre Akribie wie durch ihren plastischen Stil überzeugenden Monographie nicht als umsichtigen Weltenlenker, sondern als masslos ehrgeizigen und skrupellosen Machtmenschen ohne jede politische Vision, die über die Mehrung des eigenen Ruhms hinausgegangen wäre.
[..]
In Dahlheims Darstellung wird deutlich, dass Cäsar über ein komplexes System der Günstlingswirtschaft gebot, dass er die republikanischen Institutionen, mit denen man ihn heute identifiziert, im Grunde verachtete und dass auch seine Gesetzgebung nicht mehr war als ein aus der jeweiligen Not geborenes, seinen eigenen Zwecken dienendes Flickwerk. Der Autor, der 1994 mit seiner Gesamtdarstellung "Die Antike" eine der massgebenden neueren Einführungen in die griechisch-römische Geschichte vorgelegt hat, präsentiert uns ein nüchternes und ernüchterndes Bild Cäsars. Es ist mit Verve und aus reicher Kenntnis geschrieben - und mit dem feinen Sarkasmus dessen, der weiss, was der Weltgeist schon alles angerichtet hat.
Manfred Papst (NZZ, 12.02.2006)


 

2. Rang (29 Punkte, 5 Voten)

Chaniotis, Angelos: War in the Hellenistic world. A social and cultural history. Malden, Mass. 2005.

Chaniotis ist es gelungen, eine große Zusammenschau zu einem der komplexesten Themen der griechischen Geschichte zu liefern. Seine profunde Kenntnis der Inschriften und sein Darstellungs- und Problematisierungsvermögen haben ein Referenzwerk hervorgebracht, an dem künftig kein Weg mehr vorbeiführen wird. Kritik an Details wäre wohlfeil und wenig hilfreich. Das Buch ist ein Wegweiser durch die verstreuten und vielfältigen Quellen zur Sozialgeschichte des Hellenismus unter besonderer Berücksichtigung des Krieges und wirft unzählige Fragen auf, die eine weiterführende Behandlung lohnten. Frank Daubner für H-Soz-Kult

Still, despite these criticisms, War in the Hellenistic World is a worthy addition to the growing body of recent scholarship on ancient military history. [...] Also, I would not hesitate to recommend it to interested students, academics, and non-experts as a point of departure for further inquiry.
Michael P. Fronda (Bryn Mawr Classical Review 2005.08.20)
http://ccat.sas.upenn.edu/bmcr/2005/2005-08-20.html

A useful pedagogical resource and a welcome addition to the social surveys of the Hellenistic period. Chaniotis offers a clearly written, well-supported analysis of the significant roles warfare played in shaping Greek politics, society, and economy.
Timothy Howe (Scholia Reviews ns 15 (2006), 2)
http://www.classics.und.ac.za/reviews/06-21cha.htm


 

3. Rang (22 Punkte, 3 Voten)

Pfeilschifter, Rene: Titus Quinctius Flamininus. Untersuchungen zur römischen Griechenlandpolitik. Göttingen 2005.


 

3. Rang (22 Punkte, 4 Voten)

Piepenbrink, Karen: Christliche Identität und Assimilation in der Spätantike. Probleme des Christseins in der Reflexion der Zeitgenossen. Frankfurt am Main 2005.

Piepenbrink stellt also, geordnet nach diesen Kategorien und gegliedert in zahlreiche Teilaspekte, die Problematik von Identität und Akkulturation der Alltagschristen nach der Überlieferung der patristischen Literatur des untersuchten Zeitraums im Westen des Römischen Reiches zusammen. Hierzu hat sie die Werke der Kirchenväter, ohne zwischen ihnen zu differenzieren, systematisch gesichtet und die Belege ohne Rücksicht auf die Argumentationszusammenhänge, in denen sie in den Quellen verwendet werden, in die für ihre eigene Darstellung gewählte, bezüglich der Bandbreite der Befunde durchaus aspektreiche Anordnung gebracht. Ulrich Lambrecht für H-Soz-Kult

Karen Piepenbrinks Mannheimer Habilitationsschrift [...] geht es nicht darum, einmal mehr in großer Geste nach der Rolle "des Christentums" wobei auch immer zu fragen. Mit entsagungsvoller Disziplin hat sich die Autorin durch das christliche Schrifttum im Westen des Römischen Reichs im 4. und frühen 5. Jahrhundert gearbeitet - nicht nur durch die Glanzpunkte der spätlateinischen Literatur, sondern vor allem auch durch sperrige Bibelkommentare und Stapel von Predigten. Das Ziel dabei: Herauszufinden, welche Probleme im innerchristlichen Diskurs als zentral für durchschnittliche Christen und ihren Alltag angesprochen werden. Zu sechs größeren Themenkomplexen zusammengefasst, die von der Hinwendung zum Christentum über Probleme der Zugehörigkeit zur Kirche, Bezugs- und Normenkonflikte, Bildung und Philosophie bis hin zum Umgang mit den alten Kulten reichen, nennt Piepenbrink die Gesichtspunkte, Argumente und Lösungen, die in der zeitgenössischen Literatur erörtert werden.
Mischa Meier (Süddeutsche Zeitung, 11. Oktober 2005)

Der Wert von Karen Piepenbrinks sorgfältiger und in ihren Schlüssen stets vorsichtig argumentierender Arbeit liegt insbesondere darin, endlich eine nichtasketische Perspektive auf das Wesen des Christentums nach der konstantinischen Wende entwickelt zu haben und dadurch einen innovativ neuen Blick auf das Selbstverständnis des Christentums des vierten und fünften Jahrhunderts und gleichzeitig die grundlegende Haltung gegenüber der drohenden Säkularisierung zu ermöglichen. Es bleibt zu hoffen und wird vielmehr erwartet, dass ihre Ergebnisse einerseits von der Forschung als essentielle Diskussionsgrundlagen aufgenommen, andererseits durch eine Betrachtung der östlichen Reichshälfte -- die sich viel inhomogener und diffuser darstellt -- Erweiterung finden werden.
Thomas J. Kraus (Bryn Mawr Classical Review 2006.03.45)
http://ccat.sas.upenn.edu/bmcr/2006/2006-03-45.html

Während sich zahlreiche Untersuchungen der modernen Forschung intensiv mit der Propagierung asketischer Gegenentwürfe auseinandergesetzt haben, rücken bei Karen Piepenbrink nun diejenigen - bisher weitgehend unbeachteten - Reflexionen christlicher Autoren in den Vordergrund, "welche die Situation 'durchschnittlicher' Christen beleuchten" sollen. Das Hauptaugenmerk der Verfasserin liegt demnach auf Reflexionen des innerchristlichen Diskurses, welche die grundlegenden Probleme 'gewöhnlicher' Christen im komplexen Kontext einer zum Teil noch erheblich geprägten paganen Umwelt aus nichtasketischer Perspektive thematisieren und gegebenenfalls im argumentativen Umgang mit ihnen konstruktive Lösungsansätze entwickeln. [...] Auch wenn sich die Autorin in ihrer Analyse auf die lateinische patristische Literatur des westlichen Reichsteils und den Zeitraum des vierten bis frühen fünften Jahrhunderts n. Chr. beschränkt, ist - angesichts der umfassenden und quantitativ weitgefächerten Quellenbasis - das Ergebnis ihrer analytischen Vorgehensweise bei der Zusammenstellung und Strukturierung der zum Teil aus den Textzusammenhängen gelösten Reflexionen über die Probleme spätantiken Christseins bemerkenswert.[...] Garanten für eine Gewinn bringende Lektüre sind dabei zum einen der innovative Ansatz der Verfasserin, Reflexionen eines innerchristlichen Diskurses aus nichtasketischer Perspektive und die darin behandelten Problemfelder 'gewöhnlicher' Christen in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen zu stellen, und zum anderen die übersichtliche, differenzierte und überzeugende argumentative Struktur ihrer Analyse. Ein ausführliches Quellen- und Literaturverzeichnis sowie ein auf die bedeutsamen Aspekte beschränktes Sachregister ermöglichen dem Leser darüber hinaus auch eine zielgerichtete Verwendung des Buches.
Lars Meyer (sehepunkte 5 (2005), Nr. 10)
http://www.sehepunkte.historicum.net/2005/10/8842.html


 

5. Rang (20 Punkte, 3 Voten)

Rapp, Claudia: Holy bishops in late antiquity. The nature of Christian leadership in an age of transition. Berkeley, Calif. 2005.

Claudia Rapp has written an excellent book, and one that will need to be taken in account by all those working on bishops in late antiquity. It can also be used with profit by non-specialists and general readers: the primary sources are quoted in translation, all Greek is transliterated, and an extensive bibliography of primary and secondary sources is included.
William Klingshirn (Bryn Mawr Classical Review 2006.01.38)
http://ccat.sas.upenn.edu/bmcr/2006/2006-01-38.html

Rapp's work will likely set the agenda for future discussion of the early Christian bishop and his authority. Her book represents a major step forward in this area of late ancient history.
David Brakke (American Historical Review; Vol. III, No.1, Februar 2006)
http://www.historycooperative.org/cgi-bin/justtop.cgi?a...html


 

5. Rang (20 Punkte, 2 Voten)

Wiemer, Hans-Ulrich: Alexander der Große. München 2005.

Mit der Einbettung der Geschichte Alexanders und seiner Kriegszüge in einen großzügig angelegten Rahmen von der Vorgeschichte seines politischen Wirkens bis zur Rezeption in der Moderne zeigt Wiemer die komplexe Problematik der Alexanderforschung in ihren verschiedenen Facetten auf. Es wird verdeutlicht, wie viele Faktoren bei der historischen Analyse des Phänomens Alexander berücksichtigt werden müssen. In seiner Bewertung stützt sich Wiemer jedoch in einem von Kapitel zu Kapitel fortschreitenden Maß auf das Persönlichkeitsbild Alexanders, das als Urteilskriterium in der neueren Forschung aufgrund seiner Problematik zu Recht kritisiert wurde. Sabine Müller für H-Soz-Kult

Die Übersichtsdarstellung des Zürcher Historikers Hans-Ulrich Wiemer zeichnet sich durch Differenziertheit, Umsicht und Klarheit in der Darstellung aus. Sie beginnt mit abwägenden Reflexionen über «Alexander und das Problem der historischen Grösse» und endet mit rezeptionshistorischen Kapiteln über das Nachleben Alexanders und sein Bild in der modernen Geschichtswissenschaft, deren Modernität einen frühen Pionier wie Johann Gustav Droysen (1808-1884) erfreulicherweise nicht ausschliesst.
Ludger Lütkehaus (Neue Zürcher Zeitung, 21./22. Mai 2005)

Die Darstellung ist das gesamte Buch hindurch flüssig und gut lesbar geschrieben. Die Angabe der Betonung auf den Eigennamen ist eine schöne Hilfe, gerade weil die Kenntnis des Altgriechischen immer weniger unter Studenten verbreitet ist. Sehr positiv fallen die immer wieder eingefügten Übersetzungen aus den Quellen auf, die im Anschluss kommentiert und bewertet werden. Als Manko bleibt jedoch festzuhalten, dass die Entscheidung, ganz auf Anmerkungen zu verzichten, das im Vorwort formulierte Ziel der Einführung "in die vielfältigen und vielschichtigen Probleme, mit denen sich jeder konfrontiert sieht", schwerlich zu erreichen hilft. Die am Ende gebotene Literaturliste, die zumeist auf dem neuesten Stand ist, gliedert sich nach den verschiedenen Kapiteln, doch ermöglicht sie dem Leser nicht, der Meinungsbildung des Verfassers im Einzelnen zu folgen. Der Zweck eines Studienbuches zu Alexander dem Großen wird vollends erreicht.
André Heller (sehepunkte 5 (2005), Nr. 10)
http://www.sehepunkte.de/2005/10/8473.html


 

5. Rang (20 Punkte, 6 Voten)

Stein-Hölkeskamp, Elke: Das römische Gastmahl. Eine Kulturgeschichte. München 2005.

Die Arbeit von Elke Stein-Hölkeskamp zeichnet sich insgesamt durch eine große Quellennähe und eine ausgezeichnete Kenntnis des Materials aus. Bei ihrer Analyse wählt sie generell den Weg über die Charakterisierung einzelner Gastgeber und Gäste bzw. der - in vielen Fällen mit diesen identischen - römischen Autoren. Auf diese Weise gelingt es ihr, sehr anschaulich und zugleich präzise zu vermitteln, in welch hohem Maße die Gastmähler, die Einladungen und Gegeneinladungen das gesellschaftliche Leben Roms prägten. Gleichzeitig gelingt es ihr überzeugend, den Wandel der politischen und sozialen Bedeutung des Gastmahls nachzuzeichnen. Dorit Engster für H-Soz-Kult

Für das römische Gastmahl dagegen als literarische Gattung wie als historisches Ereignis gab es bislang noch keine zusammenfassende Darstellung. Mit dem Buch der Althistorikerin Elke Stein-Hölkeskamp Das römische Gastmahl. Eine Kulturgeschichte liegt sie nun vor: als Antwort auf die Frage, ob es denn, für die Geschichte früherer Epochen, überhaupt einen zuverlässigen Blick auf die Welt außerhalb der Texte gebe? (...) Die größte Crux einer Kulturgeschichte weit zurückliegender Epochen liegt natürlich an der angemessenen Verwendung und Deutung der Quellen; hierüber gibt sich die Verfasserin genaue und produktive Rechenschaft. (...) Dieses Dilemma kulturhistorischer Argumentation löst Elke Stein-Hölkeskamp in ihrem Buch mit großer Umsicht: im ständigen Rückblick auf die Notwendigkeit, Fiktionen und Faktisches bei der Annäherung an die Rekonstruktion des längst vergangenen Konkreten aufeinander abzubilden und gegeneinander abzugleichen. Das mit großer Sorgfalt dokumentierte Buch gelangt zu der These, dass die Geschichte des römischen Gastmahls durch zwei differente Leitbilder von Mahlskultur geprägt ist. (...) Das Buch ist, bei aller profunden Wissenschaftlichkeit, auf der es aufruht, gut und spannend zu lesen und eröffnet eine Fülle unbekannter Einsichten, die eine wichtige Wegstrecke des Nahrungs- als eines Kulturgeschehens, die bisher im Dunkeln lag, erhellen. Hier wird ein großes historisches Thema, in dem Alltagswirklichkeit und Weltpolitik zusammenstoßen, an einem begrenzten Fall, einer der kritischen Epochen der römischen Geschichte, beispielhaft behandelt. So kann, so muss vielleicht Kulturgeschichte geschrieben werden.
Gerhard Neumann (Die Zeit, 21.04. 2005)
http://www.zeit.de/2005/17/SM-Gastmahl