Une cosmopolite sur les chemins de traverse/Kosmopolitin auf Zwischenwegen: Lou Andreas-Salomé (1861-1937) Colloque international à l’occasion du 80e anniversaire de sa mort/ Internationale Konferenz zum 80. Todestag der Autorin

Une cosmopolite sur les chemins de traverse/Kosmopolitin auf Zwischenwegen: Lou Andreas-Salomé (1861-1937) Colloque international à l’occasion du 80e anniversaire de sa mort/ Internationale Konferenz zum 80. Todestag der Autorin

Veranstalter
Dr. habil Britta Benert, Maître de conférences HDR (Université de Strasbourg); Prof. Dr. Romana Weiershausen (Universität des Saarlandes)
Veranstaltungsort
Ort
Straßburg
Land
France
Vom - Bis
09.02.2017 - 11.02.2017
Deadline
01.09.2016
Website
Von
Prof. Dr. Romana Weiershausen

Deutsch-französische Kooperation:
Universität des Saarlandes/Université de Strasbourg

„Wenn Jemand aus diesem Leben ging, der für uns ganz tief hineingehörte, dann teilt sich seitdem alles in dies Zwei: Lebende und Tote. Nicht nur in dem Sinn des Verlustes, – sondern der Tod gehört seitdem auf eine besondere Weise dem Leben zu. Und nicht nur als dessen schwärzer erscheinende Färbung, sondern auch als wisse man mehr, […] als sei man ebenfalls ein wenig auch mit da, wohin Jemand fortging ; irgendwo platzen Engen […].“
(Brief an Anna Freud, 23. Juni 1923)

Anlässlich des 80. Todestages der Schriftstellerin und Psychoanalytikerin Lou Andreas-Salomé (*1860 in Sankt Petersburg, † 1937 in Göttingen) ist es geboten, der Bedeutung und Wirkung eines bemerkenswerten Werks nachzugehen, das sich „Engen“ versagt und Grenzziehungen – wie noch die zwischen Leben und Tod – in einem sinnstiftenden paradoxalen Denken überschreitet.
Lou Andreas-Salomé war eine Europäerin ersten Ranges in einer Zeit sich verschärfender Nationalismen und eine Grenzgängerin zwischen den Disziplinen, was der Würdigung ihres Gesamtwerks vielfach im Wege gestanden hat. Die deutsch-französische Konferenz im Gedenkjahr soll dem auf doppelte Weise Rechnung tragen: Es geht sowohl um die grenzüberschreitende Dimension ihrer Texte als auch um eine Bestandsaufnahme der internationalen Rezeption.

Werkbezug
Es ist Forschungsarbeiten der letzten zwanzig Jahre zu verdanken, dass nach einer langen Zeit des beinahe ausschließlichen Interesses an Lou Andreas-Salomé als ‘Muse‘ bedeutender Männer (spez. Nietzsche, Rilke, Freud) zunehmend auch ihr Werk beachtet und erschlossen wurde. Nach der Feier ihres ungewöhnlichen Lebens wird sie nun auch gefeiert als diejenige, die früh Nietzsches Schaffen verstanden und eingeführt hat, als die Dichterin, die zu kennen der junge Rilke sich rühmte, sowie als Psychoanalytikerin der Freud-Schule, die Freud so wertschätzte, dass er ihr die „Erziehung“ seiner Tochter Anna andiente. Zunächst einmal gilt es, die Eigenständigkeit und Vielschichtigkeit eines Werks anzuerkennen, dessen Rezeption nicht nur von einer Marginalisierung im Schatten der berühmten Männer verstellt wurde, sondern auch von einer einseitigen Idolisierung Lou Andreas-Salomés, die die Widersprüche in ihrem Werk ausblendete.

Interdisziplinarität
Die Auseinandersetzung mit Lou Andreas-Salomés Schaffen birgt darüber hinaus noch eine ganz andere Herausforderung: die der Interdisziplinarität ihres Werks. Diesem – zwar am Rande verschiedentlich konstatierten, aber bislang kaum noch untersuchten – Aspekt gilt das spezielle Forschungsziel der Tagung.
Ob Philosophie, Religionsgeschichte, Literatur, Anthropologie, Psychologie oder Psychoanalyse: Das Werk Lou Andreas-Salomés speist sich aus diversen Wissens- und Schaffensgebieten, ohne sich jemals auf ein einzelnes dieser Felder reduzieren zu lassen. Vereinfachende Kategorisierungen werden dabei vielfältig durchkreuzt. In diesem Sinne scheinen es vor allem die Idee der Öffnung, die beständige Hinterfragung von Grenzen, die Absage an ein jegliches Denken in festen Zuordnungen zu sein, die den Kern ihres Schreibens ausmachen.

Internationalität
Das Grenzüberschreitende hat bei Lou Andreas-Salomé immer auch eine räumlich-kulturelle Komponente, die sich in ihren Arbeiten niederschlägt und die im Zusammenhang mit den zahllosen persönlichen Verbindungen steht, die die Autorin an vielen Orten der Welt zu knüpfen verstanden hat. Eine frühe Biographie konstatiert, die Freundschaften von Lou Andreas-Salomé seien „approximate a Who was Who of Central European intellectual life during the half-century between 1880 and 1930“ (Kaufmann, 1968). Es ist dieser Kosmopolitismus, den ihre schwedische Freundin Ellen Key – angesichts der sich im Ersten Weltkrieg auf erschreckende Weise Bahn brechenden nationalen Antagonismen – in einem Brief anspricht: „Und du Liebe, mit deine russische Seele, dein persischer Mann, dein deutsches Heim[,] deinen Aller Weltfreuden, wie muß[t] du leiden!“ Die interkulturell-komparatistische Dimension ist für Lou Andreas-Salomés Werk von einer Bedeutung, die die Forschung bislang noch kaum ermessen hat: Hier will die Tagung in der international besetzten Runde neue Wege erschließen.

Der Titel der Konferenz „Kosmopolitin auf Zwischenwegen“ soll das Augenmerk auf das Häretische und Paradoxale richten, das Lou Andreas-Salomés Schaffen auszeichnet: Er greift eine Attribuierung auf, die die Autorin selbst im Sinne einer Absage an eindeutige Verortungen verwendet hat (vgl. z.B. den Novellenband „Im Zwischenland“) und die leitmotivisch das gesamte Werk durchzieht. Dies betrifft Geschlechterrollen (Weiblichkeit als „menschliche Mannigfaltigkeit“, Homosexualität) ebenso wie den Umgang mit Oppositionsbildungen (etwa: Leben und Tod, wissenschaftliche Erkenntnis und Dichtung, Ost und West). Dabei kommen nicht selten stereotype Wendungen vor, denen ungewohnte Konnotationen beigegeben werden. Innovation und Konvention finden sich in irritierenden Verbindungen, die alle Versuche einer abschließenden Bewertung unterlaufen. Auch darauf verweist der Titel.
Der Tagungsort Straßburg, wo sich die Autorin verschiedentlich aufgehalten hat, bietet dafür den geeigneten Rahmen: als symbolträchtige Stadt einer Grenzregion mit (gerade zu Andreas-Salomés Zeit) wechselnder nationaler Zugehörigkeit, angesichts derer der Zeitgenosse René Schickele die Eigenständigkeit einer elsässischen „Doppelkultur“ betont (Das ewige Elsaß, 1927).
Es gehört zu den Charakteristika von Lou Andreas-Salomés Werk, dass nicht nur die Inhalte, sondern auch die gewählten Zugänge und die verwendeten Schreibstile durch eine wechselseitige Durchdringung des scheinbar Gegensätzlichen gekennzeichnet sind. „Engen“ und Beschränkungen unserer Vorstellungen und Denkweisen aufzusprengen: das ist, wozu die Beschäftigung mit dem Schaffen Lou Andreas-Salomés einlädt. Genau dies will die Konferenz über den Schlüsselbegriff der interdisziplinären und internationalen Grenzüberschreitung adressieren.

Bereits bestätigte Vortragende: Gisela Brinker-Gabler, Joke J. Hermsen, Manfred Klemann, Irmela von der Lühe, Henriette Michaud, Stéphane Michaud, Hans-Rüdiger Schwab, Brigitte Spreitzer. Geplant ist zudem eine Lesung von Cordula Simon sowie eine Podiumsdiskussion mit Cordula Kablitz-Post, Lutz Kessler, Thomas Schmidt, Inge Weber und Ursula Welsch.

Die Konferenzsprachen sind Englisch, Deutsch und Französisch.

Willkommen sind Beiträge aus unterschiedlichen fachlichen Blickwinkeln zum Werk der Autorin ebenso wie Auseinandersetzungen mit dessen Rezeption in verschiedenen Ländern (mit Schwerpunkt auf Deutschland, Frankreich und Russland).
Besonders erwünscht sind Bewerbungen von NachwuchswissenschaftlerInnen.

Wissenschaftlicher Beirat:
- Guy Ducrey, Professeur de Littérature comparée, Université de Strasbourg
- Christiane Solte-Gresser, Professorin für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft, Universität des Saarlandes
- Tatiana Victoroff, Maître de conférences en Littérature comparée, Université de Strasbourg
- Karine Winkelvoss, Maître de conférences en langue et littérature allemandes, Université de Rouen/Zentrum für Literatur-und Kulturforschung Berlin
- Karl Zieger, Professeur de Littérature comparée, Université de Lille 3

Einsendungen:

Wir erbitten Vortragsvorschläge mit einem Abstract (max. 300 Wörter) sowie eine kurze biobibliographische Notiz zum derzeitigen wissenschaftlichen Status und zu(m) zentralen Forschungsgebiet(en)

bis zum 1. September 2016

an:
britta.benert@unistra.fr
romana.weiershausen@uni-saarland.de

Rückmeldung des wissenschaftlichen Beirats: bis zum 30. September 2016.
Eine Übernahme der Reisekosten ist beabsichtigt, kann zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch nicht garantiert werden (Finanzierungsantrag ist gestellt). Eine Reisekostenpauschale für NachwuchswissenschaftlerInnen steht bereits zur Verfügung.

Programm

Kontakt

Prof. Dr. Romana Weiershausen
Campus Gebäude C 5.3
66123 Saarbrücken


Redaktion
Veröffentlicht am
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Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Englisch, Französisch, Deutsch
Sprache der Ankündigung