Krieg! Filmische Inszenierungen in der audiovisuellen Medienkultur

Krieg! Filmische Inszenierungen in der audiovisuellen Medienkultur

Veranstalter
Carsten Heinze, Universität Hamburg; Olaf Sanders, Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr; Thomas Weber, Universität Hamburg (Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr)
Ausrichter
Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr
PLZ
22043
Ort
Hamburg
Land
Deutschland
Findet statt
In Präsenz
Vom - Bis
19.03.2025 - 21.03.2025
Deadline
15.07.2024
Von
Carsten Heinze, Fak. für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, FB Sozialökonomie, Universität Hamburg

Die Tagung möchte sich mit dem historischen sowie gegenwärtigen Zusammenhang filmischer Inszenierungen mit Bezug auf Krieg und kriegerische Ereignisse auseinandersetzen. Erwünscht sind Beiträge, die konzeptionell oder empirisch Filme und bewegte Bilder (z. B Videos), in denen in einem weiten Sinne Krieg thematisiert wird, zum Untersuchungsgegenstand machen. Die Tagung richtet sich an Medien- und Kulturwissenschaftler:innen, Soziolog:innen, Historiker:innern, aber auch an andere, mit dieser Thematik befasste Disziplinen.

Krieg! Filmische Inszenierungen in der audiovisuellen Medienkultur

In seinem Buch Krieg und Kino. Logistik der Wahrnehmung beschäftigt sich der Medientheoretiker Paul Virilio grundlegend mit dem Zusammenhang von film- und militärtechnischen Entwicklungen und stellt die Behauptung auf, „Krieg ist Kino und Kino ist Krieg“ (1986, S. 47). In dieser medienkritischen Betrachtung zeigt Virilio, auf welche Weise moderne Waffensysteme auf der zunehmenden Verbesserung von Sichtbarkeiten beruhen und wie eine auf Visualität basierende Kriegführung die eigentlichen Kriegshandlungen zunehmend in die räumliche Distanz rücke und damit die Opfer unsichtbar mache und letztlich die Schrecken des Krieges ‚entrealisiere‘. Umgekehrt wird in der Argumentation die Filmkamera zu einer Waffe im Kampf um das angemessene Bild stilisiert – Walter Benjamin dagegen bezeichnet in seinem berühmten Kunstwerk-Aufsatz (1935/36) diese als chirurgisches Instrument, das in Körper eindringe –, die Gewalt bezüglich der Zurichtung ihres Bildsujets in Form des richtigen ‚Schusses‘ ausübe. Krieg und Kino beruhen demzufolge auf einem Wechselspiel von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit. Das Filmische und audiovisuelle Bilder stehen mit kriegerischen Handlungen in einem vielfach spannungsreichen Verhältnis.

In Zeiten multipler Krisen rücken Krieg und kriegerische Konflikte wieder stärker in den öffentlichen Aufmerksamkeits- und Wahrnehmungsbereich westlicher Gesellschaften und scheinen hier eine realer werdende Möglichkeit darzustellen. Ob Ukraine, Gaza oder die permanenten Spannungen zwischen Nord- und Südkorea, ob Taiwan-Konflikt oder die Unruhe-Herde in Nahost und Afrika – die Welt erscheint unsicherer denn je. Auch wenn in Zeiten des so genannten ‚Kalten Krieges‘ nach dem 2. Weltkrieg und dem Schrecken der nationalsozialistischen Herrschaft der Krieg nie verschwunden war und in Form so genannter ‚Stellvertreter-Kriege‘ in anderen Weltregionen oder mit dem Ex-Jugoslawien-Krieg sogar auf europäischem Boden stattfand, so hoffte man doch lange Zeit vor dem Hintergrund von Globalisierungsprozessen und weltweiter Verflechtung wirtschaftlicher Interessen, dass sich größere Konflikte durch Friedensdiplomatie und ökonomischen Wohlstand lösen ließen.

Die veränderte Wahrnehmung von Kriegsszenarien wurde und wird immer wieder von neuen medialen Techniken geprägt, die einerseits als Kriegsinstrumente zur Schlachtfeldaufklärung oder für Propagandazwecke genutzt werden und andererseits zur Darstellung von Krieg, die sich am zeitgenössischen medialen Erfahrungshorizont des Publikums orientiert und damit immer wieder erneuert; auch ältere Kriegsereignisse werden durch immer wieder neue mediale Darstellungen überformt (der 1. Weltkrieg in Farbe durch KI bearbeitetes s/w-Bild-Material usw.)

Medien stehen in einer vielschichtigen Wechselbeziehung zu Kriegsereignissen und folgen einer eigenen Dynamik. Die geplante Tagung will dem Zusammenhang von Krieg und Bewegungsbildmedien nachspüren und die mediale Wahrnehmung von Krieg genauer beleuchten. Dabei werden ganz unterschiedliche Themenkomplexe vorgeschlagen, wie z.B. Geschichte und Theorie des Genres „Kriegsfilm“ und seiner filmhistorischen Entwicklung und kulturellen Bedeutung als fiktionaler wie auch dokumentarischer Film oder auch in unterschiedlichen journalistischen Bearbeitungsformen. In der digitalen Kultur verbreiten sich filmische und bewegte/tönende Bilder unmittelbar und rücken die Schrecken des Krieges direkt in den Fokus. Nicht erst zu Zeiten des Ukraine-Krieges kursieren im Netz Aufnahmen von Body-Cams, Handyfilmen oder anders zustande gekommenen Bildern, die die Brutalität und schwerwiegenden Folgen kämpferischer Handlungen ungefiltert und in aller Drastik zeigen. Zugleich erfolgen hier immer schwieriger zu beurteilende Manipulations- und Propagandaversuche, um auf dem Feld der audiovisuellen Kultur kriegerische Auseinandersetzungen auch medienpolitisch im Sinne der jeweiligen kriegführenden Parteien zu erobern. Ebenso wird mit der aufgeworfenen Fragestellung der Bereich der Werbe-, Industrie- und Imagefilme berührt, die auf Rekrutierung militärischen Personals zielen und Militärtechnik in ein spezifisches Licht zu rücken versuchen, um Interessierte für entsprechende Tätigkeitsbereiche oder Waffensysteme zu gewinnen. Schließlich rückt im Zeichen der ‚Gamifizierung‘ die Frage nach dem Zusammenhang von Kriegsspielen und Kriegsrealitäten sowie die Frage, inwieweit moderne Kriegsführung von Gamification profitieren kann, in den Aufmerksamkeitsbereich des Themas Film und Krieg.

Aus diesen, keineswegs vollständigen Skizzierungen, lassen sich eine Reihe von Fragestellungen und Zugängen ableiten, die im Rahmen der anvisierten Tagung zu diskutieren und mit weiteren Vorschlägen zu erweitern wären:
- Wie werden Krieg, kriegerische Handlungen und kriegerischer Alltag audiovisuell dargestellt und vermittelt? Wie und mit Blick auf welche Dimensionen lassen sich Krieg und Film in einen Zusammenhang bringen?
- Welche Rolle spielen Filme und bewegte/tönende Bilder im Rahmen medienpolitischer Strategien zur Darstellung von Kriegen und kriegerischen Konflikten?
- Welche Wahrnehmungen, Einordnungen und Interpretationen liefert das Filmgenre Kriegsfilm in den Zusammenhang von Krieg, kriegerischer Wirklichkeit und Gesellschaft?
- Welche Rolle spielen dokumentarische Filme und bewegte/tönende Bilder zur Darstellung und Vermittlung von Kriegen und dessen Realitäten?
- Vor welchen Herausforderungen steht Journalismus im Krieg und bildgebende Verfahren mit Blick auf die Vermittlung von Kriegshandlungen und Kriegsfolgen?
- In welchem Zusammenhang stehen Gamification und reale/virtuelle Kriegsführung?
- Welche Akteure nutzen Film und bewegte/tönende Bilder im Rahmen von Krieg und Kriegsführung?

Es wird eventuell eine kleine Tagungsgebühr erhoben, die ausschließlich für die Speisen und Getränke vor Ort kostenlos verwendet wird, die dann kostenlos angeboten und konsumiert werden können zur Verfügung stehen.

Das Organisationsteam erwägt, unterschiedliche Vortragsformate anzubieten (Vortrag, Round Table-Diskussionen, Poster Session etc.), um einen möglichst abwechslungsreichen und spannenden Austausch zu ermöglichen.

Wir freuen uns auf Beitragsvorschläge in Form eines Abstracts (max. 3.000 Zeichen inkl. Kurzbio) bis zum 15.7.2024:

Carsten Heinze: carsten.heinze@uni-hamburg.de
Olaf Sanders: olaf.sanders@hsu-hh.de
Thomas Weber: thomas.weber@uni-hamburg.de

Kontakt

carsten.heinze@uni-hamburg.de
olaf.sanders@hsu-hh.de
thomas.weber@uni-hamburg.de