Die Interaktion von Herrschern und Eliten in imperialen Ordnungen

Die Interaktion von Herrschern und Eliten in imperialen Ordnungen

Organisatoren
Wolfram Drews, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Historisches Seminar, Lehrstuhl für Geschichte des frühen und hohen Mittelalters / Transkulturelle Geschichte
Ort
Münster
Land
Deutschland
Vom - Bis
11.06.2015 - 13.06.2015
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Von
Jan Clauss, Historisches Seminar, Westfälische Wilhelms-Universität Münster; Tobias Hoffmann / Nadeem Khan, Exzellenzcluster „Religion und Politik“, Westfälische Wilhelms-Universität Münster

„Die Interaktion von Herrschern und Eliten in imperialen Ordnungen“ war das Thema einer internationalen Tagung, die im Rahmen des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ unter der Leitung von Prof. Dr. Wolfram Drews vom 11. bis 13. Juni 2015 in Münster stattfand. Dabei standen unter anderem folgende Fragen im Zentrum: Welche Zugriffsmöglichkeiten auf Eliten standen imperialen Herrschern in unterschiedlichen räumlichen wie zeitlichen Kontexten zur Verfügung? Welche Strukturen und Interaktionsformen bildeten sich zwischen Herrschern und Eliten aus? Welche Bedeutung kam den Eliten als Vermittlern zwischen Zentrum und Peripherie, also als ordnungsbildenden und -stabilisierenden Elementen zu? Diesen und weiteren Fragen gingen Spezialisten und Spezialistinnen verschiedener Disziplinen nach.

HENNING BÖRM (Konstanz) referierte zum vorislamischen Iran der Sassaniden. Der Sassanidenherrscher stützte sich bei der Verteidigung des Reiches und zur Sicherung des inneren Friedens auf imperiale Magnaten – die Vuzurgān. Die Vuzurgān scheinen im spätantiken Persien in ihren Einflussbereichen einen hohen Grad an Autonomie genossen zu haben. In ihren Territorien wurde so gut wie keine königliche Stadt errichtet. Börm bestritt allerdings die These, dass das Sassanidenreich demzufolge eine schwache Monarchie gewesen sei; vielmehr sei der imperiale Hof als Ort aristokratischer Konkurrenz um Ämter, Ehren und Einfluss zu verstehen, wobei der Großkönig Individuen oder Gruppen gegeneinander habe ausspielen können. Der Versuch der späten Sassanidenherrscher, die Vuzurgān durch weniger mächtige Aristokraten – die Dehgānān – zu ersetzen, hat trotz kurzfristiger Machtgewinne langfristig zu einer Erosion des inneren Zusammenhaltes des Reiches geführt.

JOHANNES PREISER-KAPELLER (Wien) verglich in seinem Vortrag die Rolle von Eliten im byzantinischen Reich zum einen und den arabisch-islamischen Herrschaftsgebieten des Nahen Ostens zum anderen. Im von ihm behandelten Zeitraum von etwa 700 bis 1100 konzentrierte er sich auf die Beziehungen armenischer Adeliger zu imperialen Zentren. Sowohl Byzanz als auch das Kalifat verwendeten armenische Fürsten als Militärkommandanten. Im Kalifat stammte eine weitaus wichtigere militärische Komponente allerdings aus dem Iran und aus Zentralasien. Der militärische Einsatz an Fronten in Anatolien forderte von diesen Eliten ein hohes Maß an geografischer Mobilität. Preiser-Kapeller sah den Erfolg dieser Praxis begründet in einer engen Vernetzung zwischen Herrschern, imperialen und regionalen Eliten sowie einer daraus resultierenden gemeinsamen Zeichen- und Symbolsprache. Gleichwohl konnten diese Netzwerke auch als Keimzelle von Rebellionen gegen das imperiale Zentrum dienen.

MICHAEL GRÜNBART (Münster) ging in seinem Beitrag zum oströmischen Reich besonders während der Komnenenherrschaft von dem Desiderat aus, dass die Interaktion zwischen der kaiserlichen Reichsspitze und Eliten in der Byzantinistik bislang nicht hinreichend erforscht worden sei. Mit Blick auf das Kaisertum, das Hofzeremoniell sowie die starkem sozialen Wandel unterworfenen, als „Aristokratie“ bezeichneten (Funktions-)Eliten ging Grünbart besonders auf die Schlüsselstellung Konstantinopels in diesem Beziehungsgeflecht ein. Die Beherrschung der Stadt war für den Anspruch auf die Kaiserherrschaft unerlässlich. Genauso mussten sich Magnaten hier, trotz teils erheblicher Machtfülle in den Provinzen, durch die Errichtung von Stadtpalästen präsentieren. Sie mussten sich an sozialen Codes ausrichten, die sich am Hofzeremoniell orientierten, und versuchen, Kaisernähe vermittelnde Titulaturen zu erwerben.

Am Beispiel des Großwezirs Maḥmūd Pāšā Angelovic stellte MARKUS KOLLER (Bochum) das Zusammenspiel des imperialen Zentrums mit lokalen Eliten im osmanischen Reich des 14. und 15. Jahrhunderts vor. Der Spross einer christlich-byzantinischen Adelsfamilie wurde im Zuge der sogenannten Knabenlese (devşīrme) entführt und zum Militärsklaven erzogen. Während diese erzwungene Kooperation von Mitgliedern lokaler Eliten mit den Osmanen eine Konversion zum Islam beinhaltete, konnten lokale Eliten, die mit den neuen Herrschern kooperierten, ihren christlichen Glauben durchaus behalten. Laut Koller waren es gerade wie Maḥmūd Pāšā aus der Knabenlese hervorgegangene Militärs, die eine aggressiv antibyzantinische Politik verfolgten. Zugrunde liege hier wohl der Wunsch, sich als Krieger zu beweisen. Durch die Knabenlese wurden christliche Adlige aus den Provinzen zu muslimischen, osmanisch sprechenden Militäreliten, die sich selbst als imperiale Elite verstanden und eine überproportional große Rolle in der Politik des Reiches einnahmen.

In kulturvergleichender Perspektive skizzierte ALMUT HÖFERT (Zürich) zunächst, dass Eunuchen in vielen vormodernen Reichen einen integralen Bestandteil der Administration darstellten, wobei sie auch auf strukturelle Parallelen zu Bischöfen als Funktionsträgern im lateinischen Westen hinwies. Beide Gruppen seien neben ihrer realpolitischen Machtstellung besonders durch das Schlüsselmerkmal, keine (legitimen) Nachkommen haben zu können, charakterisiert gewesen. Daneben seien sowohl Eunuchen als auch Bischöfen besondere Rollen im Umgang mit der sakralen Sphäre zugewiesen worden. Anhand der Fallbeispiele des Ğawḏar, des Verwesers des dritten fatimidischen Imam-Kalifen, und des von Al-Ǧāḥiẓ († 839) verfassten sogenannten Buches der Lebewesen besprach Höfert schließlich eingehender die Stellung sowie das nach Gender-Kategorien bisweilen prekäre Ansehen von Eunuchen in den Kalifaten der Fatimiden und Abbasiden.

ANN CHRISTYS (Leeds) analysierte, wie und für welche Verwendungskontexte sich christliche Kleriker und Konvertiten im unter islamischer Herrschaft stehenden Córdoba die arabische Sprache aneigneten. Anhand von Hafs b. Albars arabischer Übersetzung des Psalters von 899 und Ibn al-Qūṭiyyas († 977) Geschichte der Eroberung von al-Andalus zeigte sie den hohen Beherrschungsgrad, den diese Eliten im ausgehenden neunten und frühen zehnten Jahrhundert erlangten, während die Kenntnis des Lateins zur selben Zeit stagnierte bzw. sich in den christlich beherrschten Norden der iberischen Halbinsel verlagerte. Dieser Prozess verrät die Bedeutung der arabischen Sprache für die Einbindung neuer Eliten, die von den Umayyaden als Sekretäre, Gesandte, Übersetzer oder Richter eingesetzt wurden.

STEFAN HEIDEMANN (Hamburg) thematisierte die Rolle regionaler Eliten im Verhältnis zum Zentrum. Das frühe islamische Reich war ausgesprochen multi-ethnisch und multi-religiös, eine kleine muslimische Oberschicht beherrschte als Minderheit auch an der Peripherie die meist nicht-muslimische Bevölkerungsmehrheit. Das Reich sei keinesfalls auf das Zentrum Bagdad ausgerichtet gewesen, sondern habe als Zusammenspiel von Eliten aus den unterschiedlichen Regionen funktioniert. Zu nennen sind hier die Regionen Ifrīqiyya (Nordafrika), aš-Šām (die Levante), al-Ğazīra (die Ebene zwischen Euphrat und Tigris), Fars (das iranische Hochland) und Ḫurāsān (Ostiran bis Zentralasien). Es war schlicht zu aufwendig, das weit ausgedehnte Reich allein von Bagdad aus zu regieren.

Der Rolle politischer und ziviler Eliten im mamlukischen Palästina widmete sich REUVEN AMITAI (Jerusalem/Bonn). Die Mamluken hatten nach ihrem Sieg über die Mongolen bei ʿAyn Ğālūt die Herrschaft in der Levante, darunter auch Palästina, übernommen. Palästina diente den Mamluken als Verbindung zwischen Syrien und Ägypten und als Aufmarschgebiet in militärischen Auseinandersetzungen. Die Mamluken, die rechtlich Militärsklaven waren, stellten die militärisch-politische Machtelite, während in großen Teilen koptische Ägypter in der Verwaltung dienten. Auch muslimische Gelehrte waren ein Teil der Elite. Während Palästina auf einer politischen Ebene eher der Peripherie zugeordnet werden konnte, stellte Jerusalem laut Amitai auf einer religiösen Ebene ein wichtiges mamlukisches Zentrum dar. Als Beleg dafür kann die enorme Stiftungstätigkeit durch Mamlukenherrscher und Gouverneure in Jerusalem dienen, die zum Bau einer Vielzahl von Moscheen, Sufizentren und Mausoleen führte.

ANNETTE SCHMIEDCHEN (Berlin) beschäftigte sich in ihrem Vortrag mit dem Verhältnis zwischen imperialen Herrschern und regionalen Eliten Zentralindiens vom 8. bis zum 12. bzw. 13. Jahrhundert. Sie machte mittels einer Analyse epigraphischer Quellen anhand von Fallbeispielen auf Versuche des imperialen Zentrums aufmerksam, die (neueroberte) Peripherie durch die Einsetzung von Mitgliedern der eigenen Dynastie bzw. durch die Unterstützung anderer Eliten zu kontrollieren, was nicht immer dauerhaft gelang. Des Weiteren machten imperiale Herrscher Stiftungen auf Bitten regionaler Eliten und sie gestatteten diesen Eliten ihrerseits, religiöse Kulte zu fördern.

ROY FISCHEL (London) näherte sich der Einbindung von Eliten im indischen Mogulreich anhand des Beispiels von Shivaji Bhonsle. Bei den Moguln handelte es sich um eine zugewanderte, mongolische Herrscherdynastie. Das indische Machtgefüge zwang die Moguln zur Kooperation mit lokalen Eliten. Steuern etwa konnten nur so eingetrieben werden, da Bauern im Allgemeinen bewaffnet waren. Kam es zu Konflikten mit lokalen Eliten, versuchten die Moguln, militärische Macht zu demonstrieren, aber gleichzeitig durch Heirats- und Symbolpolitik feindlich gesinnte Eliten zu integrieren. Der Marathaherrscher Shivaji hatte sich gegen die Mogulherrschaft aufgelehnt. Anstatt ihn jedoch zu integrieren, wurde er durch den Mogulherrscher Aurangzeb gedemütigt – er wurde beim darbar in die dritte Reihe zurückgestuft und, als er dagegen protestierte, unter Hausarrest gestellt. Nachdem er aus diesem entfliehen konnte, eroberte Shivaji von seinen vormaligen Gebieten aus weite Teile Südindiens. Durch militärische Erfolge, aber auch durch den Aufbau eines Herrschaftsapparats, der sich durch die Sprache vom Mogulreich unterschied, konnten sich die Marathas längerfristig behaupten.

NICOLAS TACKETT (Berkeley) richtete sein Augenmerk auf das Verhältnis chinesischer Kaiser und imperialer Eliten im China des 7. bis 13. Jahrhunderts. Er unterschied zunächst zwischen vier Typen imperialer Eliten („imperial family“, „eunuchs“, „military officers“, „bureaucrats“) und zeigte anschließend in einer vergleichenden Perspektive anhand einer dichten Netzwerkanalyse die unterschiedliche geografische Konzentration dieser Eliten zur Zeit der Tang- und Song-Dynastie auf. Während die Elite der Tang-Zeit hauptsächlich um die (beiden) Hauptzentren der Macht angesiedelt war („capital elite“), konzentrierten sich die Eliten der Song-Dynastie auf lokale, bevölkerungsreiche Regionen („local elites“).

In einer vergleichenden Perspektive stellte GUIDO BERNDT (Erlangen) zwei unterschiedliche Formen von Herrschafts- und Elitenbildungen zur Zeit der sogenannten Völkerwanderung vor. Während sich im Vandalenreich ein Institutionalisierungsprozess abzeichnete, bei welchem vandalische Eliten teilweise die römischen ersetzten, nutzte der Gote Theoderich in Italien das vorhandene Institutionengefüge zur Herrschaftsbildung, fügte ihm jedoch eine administrative Struktur hinzu, die für seine gotischen Untertanen zuständig war. Eine wesentliche Ursache dieser Unterschiede lag in der unterschiedlichen Art der Etablierung und Legitimation der jeweiligen Herrschaft begründet: Während Theoderich qua kaiserlichem Mandat regierte, erschienen die Vandalen als Eroberer.

Dem Verhältnis oströmischer Kaiser, insbesondere Justinians, zu imperialen Eliten widmete sich HARTMUT LEPPIN (Frankfurt). Er untersuchte an mehreren Fallstudien, welche Möglichkeiten Angehörigen der imperialen Elite, die sich nicht in Konstantinopel befanden, offenstanden, um im Gespräch mit dem Kaiser die Agenda zu bestimmen. Dabei zeigte er, dass insbesondere die Verfügung über religiöses Kapital solche Möglichkeiten eröffnete, was wiederum Folgen für die Selbstdarstellung des Kaisers und den Zusammenhalt des Imperiums hatte.

STEFFEN PATZOLD (Tübingen) stellte mit den Königsboten (missi dominici), der karolingischen Versammlungspraxis sowie den Kapitularien drei zentrale, ineinandergreifende Elemente der fränkischen Reichsadministration vor. Dabei stellte er heraus, dass die missi, die in ihren Amtssprengeln mit der Rechtsprechung betraut waren, nicht einfach als Agenten der karolingischen Zentralgewalt anzusehen sind, sondern auch ohne königliches Mandat zur machtausübenden Elite gehörten. Die Verleihung des Amtes an diese in den Quellen unscharf bezeichneten Magnaten brach lokale Machtverhältnisse nicht auf, sondern nutzte vorhandene Machtressourcen, um die missi und ihre Amtsbezirke enger an die Reichsspitze zu binden. Zudem demonstrierte Patzold anhand der Überlieferungssituation des Capitulare Missorum von 829, dass die fränkischen Kapitularien ein heterogeneres und weniger vom alleinigen königlichen Gestaltungswillen geprägtes Quellencorpus darstellen, als deren gegenwärtige MGH-Edition vermuten lässt.

Nach einer einleitenden Skizze über die Rolle des regnum Italiae im ottonisch-salischen Imperium sowie die Bedeutung italienischer Bischöfe als Exponenten einer regionalen Elite machte CHRISTOPH DARTMANN (Münster/Hamburg) am Beispiel des Mailänder Erzbischofs Aribert I. von Intimiano auf vielschichtige Interaktionsebenen aufmerksam, ebenso wie auf eine Vielfalt von Interessensebenen. Herrscher und regionale Eliten interagierten in der Regel nur punktuell. Er plädierte abschließend für eine „exzentrische“ Sicht auf das ottonisch-salische Imperium, um die Interaktion zwischen Herrschern und Eliten präziser erfassen zu können.

In seinem Vortrag zu Ausgestaltung und situativen Funktionalisierung des staufischen Kaisergedankens vollzog JAN KEUPP (Münster) einen Dreischritt. Zunächst definierte er den Begriff Imperium. Anschließend charakterisierte er solche Herrschaftsbildungen unter Bezugnahme auf das von Herfried Münkler vorgelegte Konzept „Imperialer Mission“ besonders durch die ihnen eigenen Formen der Interaktion mit anderen Gruppen sowie deren spezifisches symbolisches Handlungspotential. Daran anknüpfend konnte er in den folgenden Argumentationsschritten am Handeln der Stauferkaiser Friedrich I./II., der Reichsfürsten und der auf Seiten der italienischen Kommunen agierenden Juristen, die Keupp im Sinne eines kontrollierten Anachronismus als Elite bezeichnete, zeigen, wie das aufeinander bezogene Handeln auf wechselseitiger Anerkennung basierte und diese Herrschaftsbildungen stabilisierte.

ALHEYDIS PLASSMANN (Bonn) stellte die Herrschaft Heinrichs II. Plantagenet über sein weiträumiges Reich anhand der von ihm und seiner Frau Eleonore ausgestellten Urkunden dar. Plassmanns quantitative Erhebung der Diplome konnte zeigen, dass sich für die Urkundungspraxis in den unterschiedlichen in England, der Normandie gelegenen und den durch Eleonore in die Ehe eingebrachten aquitanischen Reichsteilen deutliche Unterschiede festmachen ließen. Hierdurch trat ein variierender Grad herrschaftlicher Durchdringung und königlicher Handlungsspielräume ebenso wie ein wechselnder Empfängerkreis zu Tage, was dazu berechtige, tatsächlich von einem „angevinischen Imperium“ sprechen zu können.

JOCHEN JOHRENDT (Wuppertal) widmete sich im abschließenden Vortrag dem Papsttum als einem Sonderfall imperialer Ordnungen. Anders als anderen imperialen Strukturen standen der Kurie keine realen Machtmittel zur Verfügung; die Papstkirche konnte nur durch die Akzeptanz des imperialen Primates des römischen Stuhls entstehen. Ausgehend von der Gleichsetzung des Papstes mit der Kirche unter Bonifaz VIII. strich Johrendt die fundamentale Bedeutung des Zusammenspiels zwischen Papst und Kardinälen für die papale Ordnung heraus. Letztere fungierten als die entscheidenden Akteure der Verdichtung und Homogenisierung der lateinischen Kirche. Allerdings wurden die Kardinäle seit dem Ende des 12. Jahrhunderts zunehmend durch eine neue Elitegruppe, die Kapelläne, ersetzt, auf die der Papst einen direkteren Zugriff hatte.

Der Kommentar von CLAUDIA GARNIER (Vechta) resümierte die zurückliegenden Konferenztage, wobei sich Garnier keineswegs auf eine Zusammenstellung der Vergleichsmomente und Spezifika beschränkte, sondern diese noch um einige Aspekte und Fallbeispiele erweiterte. Wie in der für Möngke Khan gewählten Metaphorik der Sonne, die mit ihren Strahlen den Kosmos des Gesamtreichs durchwirke und diesem zu einer geordneten Existenz verhelfe, dominiere in imperialen Ordnungen ein Narrativ, wonach sich diese von ihrem politischen Zentrum her ausbreiten würden. Demgegenüber hätten viele der Fallstudien jedoch demonstriert, dass aus der Peripherie stammende regionale Eliten, wie im Fall der Goldenen Bulle, aufgrund des von ihnen reklamierten und ihnen zuerkannten Beratungsrechts nachhaltigen Einfluss auf das imperial-kaiserliche Regiment ausübten. Dieses Prinzip wechselseitiger Anerkennung- und Stabilisierung sei durch viele der Fallstudien belegt und von den Referenten konstruktiv genutzt worden, um Mechanismen und Kommunikationsformen der für Imperien konstitutiven Interaktion zwischen Monarchen und den sie umgebenden Eliten auszuleuchten.

Konferenzübersicht:

Wolfram Drews (Münster), Introduction

Henning Börm (Konstanz), König und Gefolgschaft im Sasanidenreich

Johannes Preiser-Kapeller (Wien), Central Peripheries, Empires and Elites across the Byzantine-Arab Frontier in Comparison (700-1100)

Michael Grünbart (Münster), Byzantinisches Kaisertum und Eliten ab der Komnenenzeit

Markus Koller (Bochum), Regional Elites and Ottoman Rule in the 14th and 15th Centuries

Almut Höfert (Zürich), Eunuchs as Imperial Elites in the Middle Ages

Ann Christys (Leeds), Educating in the Christian Elite in Umayyad Cordoba

Stefan Heidemann (Hamburg), Imperial and Regional Elites in the Early Islamic Empire

Reuven Amitai (Jerusalem/Bonn), Political and Civilian Elites in Mamluk Palestine (1260-1516)

Annette Schmiedchen (Berlin), Imperial Rulers and Regional Elites in Early Medieval India (8th to 12th Centuries)

Roy Fischel (London), When Empire Fails: Mughal Expansion and Maratha Response in Seventeenth-Century India

Nicolas Tackett (Berkeley), Bureaucracy, Imperial Elites, and the Geography of Political Power in Tang-Song China

Guido Berndt (Erlangen), Formen der Herrschaftsorganisation in den poströmischen regna des 5. und 6. Jahrhunderts

Hartmut Leppin (Frankfurt am Main), Bischöfe und Amtsträger im spätantiken Imperium

Steffen Patzold (Tübingen), Integration durch Kommunikation: Herrscher, missi und Kapitularien in der Karolingerzeit

Christoph Dartmann (Münster/Hamburg), Italienische Bischöfe und ostfränkisch-deutsche Kaiser. Eine exzentrische Perspektive auf das Imperium der Ottonen und Salier

Jan Keupp (Münster), Glieder, Stützen und Häupter des Gemeinwesens. Fürstliche Eliten im Imperium der Staufer

Alheydis Plassmann (Bonn), Ererbte und erheiratete Herrschaft – Die Einbeziehung von Eliten in der Normandie und in Aquitanien unter Heinrich II. von England

Jochen Johrendt (Wuppertal), Päpstliche Ordnung und papale Monarchie vom Reformpapsttum bis zu Bonifaz VIII.

Claudia Garnier (Vechta), Kommentar


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