Slavery in Contemporary Art. An Interdisciplinary Conference on Trauma, Memory and Visuality

Slavery in Contemporary Art. An Interdisciplinary Conference on Trauma, Memory and Visuality

Organisatoren
CePoG - Centre for Postcolonial and Gender Studies, University of Trier (Germany)
Ort
Trier
Land
Deutschland
Vom - Bis
26.10.2006 - 28.10.2006
Url der Konferenzwebsite
Von
Julia Seibert, Universität Trier

Das "Centrum für Postcolonial und Gender Studies (CePoG)" der Universität Trier veranstaltete am 26-28. Oktober 2006 eine interdisziplinäre Konferenz zum Thema "Slavery in Contemporary Art. An Interdisciplinary Conference on Trauma, Memory and Visuality" in Trier. An der Konferenz nahmen KunsthistorikerInnen, LiteraturwissenschafterInnen, HistorikerInnen, AnthropologInnen und PsychologInnen aus Afrika, Europa und Nordamerika teil. Organisiert wurde die Konferenz von Birgit Haehnel und Melanie Ulz.

Ziel der Konferenz war es, KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen aus unterschiedlichen Disziplinen zusammenzubringen, um visuelle Diskursstrategien von Trauma und Bildlichkeit sowie von Erinnern und Vergessen zu diskutieren. Bilder der Sklaverei und deren kritische Aufarbeitung durch die Gegenwartskunst wurden als Dokumente der kulturellen Verarbeitung, Verleugnung oder Enthüllung historischer Traumatisierungen verhandelt.

Die Konferenzbeiträge waren in vier aufeinanderfolgende Sektionen unterteilt: Der Titel der ersten Sektion lautete "Trauma and Memory". Als Einstieg in das Thema wurden theoretisch wie inhaltlich einführende Vorträge zum Traumabegriff und zur Thematisierung von Sklaverei in den Kunst- und Kulturwissenschaften, sowie in der westafrikanischen Geschichtsschreibung gehalten. Die Sektion vermittelte den TeilnehmerInnen den neusten Stand der Forschung und stellte eine gelungene Einführung in das Themenfeld dar. Die zweite Sektion trug den Titel "Remembering in Different Media" und bündelte Vorträge mit detaillierten Einzelstudien zur Visualisierung von Sklaverei, in so unterschiedlichen Medien wie Malerei, Film, Skulptur, Installationen, Alltagsgegenständen, sowie religiösen (Kult-) Objekten. Diese Zusammenstellung zeigte welche Rolle die jeweiligen Medien in den unterschiedlichen kulturellen Kontexten spielen, und bot die Möglichkeit eines direkten Vergleichs.

Die dritte Sektion "Art and Memory in West Africa" setzte einen regional spezifischen Schwerpunkt auf Senegal und Benin, um differenzierte Informationen über die dortigen Erinnerungskulturen und Kunstpraxen zu gewinnen. Sie gewährte einschlägige Einblicke in die transkulturellen Verflechtungen und Problematiken. Als letzte Sektion untersuchte "Re-Negotiating History" die Praxis und Rezeption von GegenwartskünstlerInnen, die in ihren Arbeiten Trauma, Sklaverei und deren Folgeerscheinung, den modernen Rassismus, thematisieren. Hierbei rückten künstlerische Strategien zur Aneignung und Modifizierung von eurozentristisch geprägten Geschichtsbildern ins Bewusstsein.

Einen Überblick zu Traumatheorien lieferte Martina Kopf (Institut für Afrikanistik, Universität Wien). Bevor sie den Traumabegriff in einem kulturwissenschaftlichen Kontext beleuchtete, rekapitulierte Kopf die Entstehung der Traumatheorie in der Psychoanalyse. Der zweite Teil ihres Vortrags behandelte die Beziehung zwischen Trauma und Erinnerung. Im Gegensatz zu Erinnerung sei Trauma aus zweierlei Gründen nicht erzählbar: Es fehle sowohl eine Sprache, die das Erfahrene ausdrücke, als auch die fehlende Bereitschaft des Zuhörens. Diese doppelte Leerstelle verhindere eine adäquate Auseinandersetzung mit traumatisierenden Ereignissen. Kunst und Literatur können jedoch dazu beitragen dieses Schweigen in erzählbare und zuhörbare Erinnerung zu übersetzen. Im Verlauf der Konferenz zeigte sich, dass gerade GegenwartskünstlerInnen mit ihren Arbeiten eine „emphatische Zeugenschaft“ initiieren, um die Übersetzung von Trauma in Erinnerung zu provozieren.

Ibrahima Thioub (Geschichte, Universität Dakar) sprach über das Geschichtsbild Westafrikas im Hinblick auf die Beteiligung westafrikanischer Eliten am transatlantischen Sklavenhandel und konstatierte, dass in Westafrika bis heute eine Debatte über die eigene Beteiligung am Sklavenhandel unterdrückt wird.

Didier Houénoudé (Kunstgeschichte, Universität Trier) diskutierte in seinem Beitrag "Monuments and Locations of Memory in Senegal and Benin" Denkmäler der Sklaverei im Senegal und in Benin. Seiner These zu Folge bedienen die Denkmäler eher die Bedürfnisse afro-amerikanischer Touristen als traditionelle westafrikanische Konzepte und Praktiken des Erinnerns.

Melanie Ulz (Kunstgeschichte, Universität Trier) betrachtete in ihrem Vortrag „Turner’s Slave Ship. Memory and Cultural Denial in a Post-Abolitionist Society“, die Rezeptionsgeschichte eines von William Turner Mitte des 19. Jahrhunderts geschaffenen Bildes, welches eine alptraumhafte Szene auf einem Sklavenschiff zeigt. Ulz analysierte die Wirkungsgeschichte des Werkes vor seinem historischen Hintergrund. Die zeitgenössische Kritik an Turners „Slave ship“ lag nicht nur darin begründet, dass Turner sich außerhalb des zeitgenössischen „Geschmacks“ bewegte, sondern weil er gegen den vorherrschenden Diskurs verstieß. Denn Mitte des 19. Jahrhunderts feierte sich die englische Gesellschaft als Vorreiter der Antisklavereibewegung, eine selbstkritische Reflexion über die eigene Täterschaft, die Turner reflektiert, wurde ausgeblendet.

Grada Kilomba (Psychologie, Humboldt Universität, Berlin) sprach in ihrem Vortrag „The Mask-Remembering Slavery, Understanding Trauma“ über Rassismus als eine Form von Trauma. Am Beispiel der Maske, einer kolonialen Praxis die mehr als 300 Jahre in den Kolonien existierte, illustrierte Kilomba die Unterdrückung von afrikanischen Plantagenarbeitern im kolonialen Alltag. Das Tragen einer am Hinterkopf befestigten Maske, die den Mund der afrikanischen Arbeiter verschloss, sollte sie am Verzehren von Plantagenfrüchten wie Kakaobohnen und Zuckerrüben hindern.

Für Kilomba ist der Praxis der „Maske“ ein Symbol für die Sprachlosigkeit der afrikanischen Bevölkerung in der kolonialen Situation. Das gewaltsame herbeigeführte Schweigen der afrikanischen Bevölkerung hat seine Wurzeln in einer Herr- und Knecht (Meister- und Sklave) Hierarchie. Jene, die sprechen dürfen, wiederholen in diesem Moment die Sicherstellung ihrer Macht als weiße Herrscher und verweisen die „Schwarzen“ an den Platz der Unterlegenheit. Die Degradierung der Afrikaner erfolgt durch die Konstruktion der weißen Kolonialmacht, in der „Schwarze“ zum „Anderen“ gemacht werden. Dieses Konzept räumt dem „Weißen“ eine absolute Vormachtstellung ein und verweist die "Anderen“ auf einen untergeordneten Platz. Dieser Akt der Verweisung ist ein Mechanismus von Rassismus, der „Schwarze“ zu „Objekten der Weißen“ macht und ihnen zeigt wo „ihr Platz“ ist und ihnen nicht erlaubt „ihren eigenen“ Platz einzunehmen. Rassismus wird aber selten als Trauma wahrgenommen und benannt.

In der Diskussion wurde kritisch angemerkt, dass Kilombas theoretisches Konzept der Hierarchie Herr- Knecht Gefahr läuft Dichotomien zu verfestigen, anstatt an deren Auflösung zu arbeiten. Außerdem wurden Postkoloniale Konzepte wie das der Hybridität (Bhabha) nicht berücksichtigt.

In der künstlerischen Abendsektion am Freitag zeigte die Tänzerin und Choreographin Heike Kuhlmann (Berlin) eine Performance mit dem Titel "To be looked at", Hautfarbe und die traumatischen Einschreibungen von Unterdrückung und Diskriminierung auf den Körper bildeten den Schwerpunkt ihrer Darstellung.Im Anschluss an die Präsentation sollte das Publikum über die eigenen Eindrücke und körperlichen Empfindungen sprechen.

Darüber hinaus stellten die international renommierten KünstlerInnen Romuald Hazoumé (Cotonou) und Pélagie Gbaguidi (Brüssel) ihre Arbeiten zum Thema der Konferenz zur Diskussion und ermöglichten so einen interessanten und produktiven Dialog zwischen wissenschaftlicher Theorie und künstlerischer Praxis.

Die Abschlussdiskussion versammelte die einzelnen ReferentInnen noch einmal gemeinsam auf dem Podium. Wichtige Ergebnisse und Kritikpunkte der Tagung wurden gebündelt und abschließend zur Diskussion gestellt.

Insgesamt lässt sich sagen, dass der breit angelegte interdisziplinäre und internationale Rahmen der Tagung sehr bereichernd war. Die verengte euro-amerikanische Sichtweise wurde aufgebrochen und ermöglichte einen differenzierteren Zugang zu der Thematik. Es zeigte sich, dass es notwendig ist, den Traumabegriff kontextspezifisch zu definieren. Die bisherigen kulturwissenschaftlichen Definitionen bilden hierbei eine wichtige Grundlage. Allerdings müssen die Unterschiede zwischen traumatisierten Gruppen oder Individuen, z.B. Täter, Opfer usw. klarer aufgezeigt werden.

Die Diskussion verdeutlichte, dass das visuelle Material zur Sklaverei als Motor für die produktive Auseinandersetzung mit dem Thema genutzt werden kann, statt nach der adäquaten Darstellung eines traumatisierenden Ereignisses zu fragen. Eine zentrale Forderung in diesem Zusammenhang war, Bilder nicht so sehr als individuelle Symptombildungen zu verstehen, sondern vielmehr als kollektiv verankerte Zeichen, die gesamtgesellschaftliche Relevanz besitzen. In der künstlerischen Produktion zur Sklaverei zeigt sich ein Verlangen nach Signifikation, das nicht allein von einer persönlichen Leidensgeschichte getragen wird, sondern auch oder vor allem vom politischen Kontext bestimmt ist.

Die Tagung trug dazu bei die kulturwissenschaftliche Forschung zur Sklaverei stärker im deutschsprachigen Raum zu verankern. Insbesondere die Schwerpunktsetzung auf die visuelle Kultur zeigte, dass hier ein noch weitgehend unbearbeitetes Forschungsfeld eröffnet werden konnte. Die Vernetzung von Erinnerungskulturen der Sklaverei auf internationaler Ebene sollte in den Kunst- und Kulturwissenschaften weiter ausgebaut werden, um die Ausbildung eines transkulturellen Bildbegriffs weiterzuverfolgen. Hierfür scheint die noch stärkere Anbindung der bisherigen Forschungen an die Gender- und Whiteness Studies sinnvoll.

Eine Publikation zur Tagung ist in Vorbereitung.