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From: "Ralf Proeve" <ralf=proeve@geschichte.hu-berlin.de>
Subject: Konferenz: "Militaer, Krieg und Geschlechterordnung ..."
Date: Wednesday, August 20, 1997 15:26


Colloquium zum Thema:

Militaer, Krieg und Geschlechterordnung im historischen Wandel (17. - 19. Jahrhundert)

am 7. - 8. November 1997 in Berlin

Gefoerdert von der Volkswagen-Stiftung

Arbeitskreis Militaer und Gesellschaft in der Fruehen Neuzeit

Leitung: Prof. Dr. Bernhard R. Kroener
Universitaet Potsdam - Historisches Institut
Lehrstuhl fuer Militaergeschichte
Am Neuen Palais 10
D-14469 Potsdam
Telefon +49-331-9771289

Zentrum fuer Interdisziplinaere Frauen- und Geschlechterforschung
am FB 1 der Technischen Universitaet Berlin (ZIFG)

Leitung: Prof. Dr. Karin Hausen
Ernst-Reuter-Platz 7
Sekr. TEL 20-1
D- 10587 Berlin
Telefon +49-30-314-26974
FAX +49-30-314-26974
E-mail: zifg@kgw.zu-berlin.de
Internet: http://www.kgw.tu-berlin.de/ZIFG

Organisation und wissenschaftliche Leitung:

Themenstellung und Begründung:

Ziel des Colloquiums ist es, die an diesem Themengebiet interessierten Historikerinnen und Historiker aus den bisher weitgehend isoliert voneinander arbeitenden Gebieten der Geschlechtergeschichte und der Militärgeschichte zu einem Workshop zusammenzubringen, in dem der aktuelle Stand der Forschung zum deutschsprachigen Raum für diese Zeit des grundlegenden Wandels im Militär- und Kriegswesen diskutiert, mögliche Fragestellungen für die zukünftige Forschung entwickelt und deren Methoden und Theorieansätze reflektiert werden. Damit soll dieses bisher von der Geschlechtergeschichte wie von der Militärgeschichte nicht nur in Deutschland vernachlässigte Forschungsfeld befördert und zugleich die Relevanz geschlechtergeschichtlicher Fragestellungen für die Erforschung gesellschaftlich und politisch so bedeutender historischer Phänomene wie Militär und Krieg sichtbar gemacht und überprüft werden. Zugleich soll das Colloquium den Historikerinnen und Historikern, die an laufenden Forschungsvorhaben zum Tagungsthema arbeiten, ein Forum zum intensiven Meinungs- und Er-fahrungsaustausch bieten und für die weitere Forschungsarbeit ein Netz der intensiven Kommunikation knüpfen. Diese Vernetzung ist um so notwendiger, als der Forschungsgegenstand zwei bisher in der Regel getrennt arbeitende Forschungsfelder verknüpft.

Die militärhistorische Forschung in Deutschland hat sich seit ihrer universitären Anbindung über ein Jahrhundert nahezu ausschließlich auf den politik-, diplomatie- und kriegsgeschichtlichen Bereich beschränkt. Erst im letzten Jahrzehnt werden, angeregt vor allem durch die "New Military History" im angloamerikanischen und französischen Raum, auch von der bundesrepublikanischen Militärgeschichts-schreibung in wachsendem Maße sozial- und wirtschaftsgeschichtliche Frage-stellungen aufgegriffen. In jüngster Zeit rücken zudem - so wäre zu ergänzen - alltags- und kulturhistorische Fragen zunehmend in ihr Blickfeld. Nur eine Dimension der Militärgeschichte bleibt nach wie vor in den meisten Studien ausgeblendet: die geschlechtergeschichtliche. Die militärhistorische Forschung gehört nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland zu den Feldern der Geschichtswissenschaft, die sich bisher am wenigsten den theoretischen und methodischen Herausforderungen der Frauen- und Geschlechterforschung gestellt hat. Übersehen wird aufgrund dieser Ausblendung von Geschlecht als soziokultureller Kategorie der Analyse von Militär und Krieg nicht nur die Relevanz von Geschlechterbildern bei der diskursiven Konstruktion von Soldaten- und Kriegerbildern wie bei der Mobilisierung von Kampf- und Kriegsbereitschaft im Heer wie an der 'Heimatfront', sondern umgekehrt auch die Bedeutung von Militär und Krieg für die Ausformung von Ge-schlechterbildern und Geschlechterbeziehungen wie für die Ausgestaltung der individuellen und gesellschaftlichen Handlungsspielräume beider Geschlechter. Selbst die Beziehungen von Militär und ziviler Gesellschaft werden nur vereinzelt unter geschlechtergeschichtlichen Fragestellungen thematisiert.

Mit dem Colloquium soll dieses Desiderat aufgegriffen werden. Der gewählte Untersuchungszeitraum des 17. bis 19. Jahrhunderts umfaßt zwei säkulare Einschnitte: zum einen das 17. Jahrhundert, in dem sich die disziplinierten, gleichsam verstaatlichten Stehenden Heere herausbildeten und die bisherigen genossen-schaftlich organisierten Söldnergesellschaften ablösten, zum anderen die Umwälzungen der "Sattelzeit" (Koselleck), während der sich die Stehenden Heere der Fürsten zu modernen Nationalarmeen entwickelten. Beide Wandlungsprozesse erforderten - so die zu überprüfende Ausgangshypothese des Colloquiums - nicht nur eine diskursive Neudefinition von Militär, Krieg und Geschlechterordnung, sondern bewirkten auch weitreichende Veränderungen in den Geschlech-terverhältnissen. Der behandelte Zeitraum ermöglicht es damit nicht nur zwei entscheidende Wandlungsphasen in der Geschichte von Militär und Krieg in den Blick zu bekommen, sondern gestattet es auch vergleichend 'traditionelle' und 'moderne' Denkmuster und Verhaltensweisen zu betrachten und ihre Übergänge präziser zu fassen.

Themenschwerpunkte und Leitfragen:

Folgende Themenschwerpunkte und Leitfragen bieten sich aufgrund des Forschungsstandes für die Diskussion des Colloquiumsthemas an:

1. Militärverfassung, Kriegführung und Geschlechterordnung:

Gefragt werden sollte zum einen nach dem Zusammenhang von Militärverfassung, Kriegführung und Geschlechterordnung. Zum anderen sollten insbesondere die Auswirkungen des Wandels im Militärwesen auf die Geschlechterbilder und Geschlechterbeziehungen in Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur und Politik betrachtet werden.

2. Militär, Krieg und Männlichkeit:

Thematisiert und hinterfragt werden sollte einerseits systematisch die offenbar durchgehend männliche Konstruktion von Militär und Krieg in ihren verschiedenen historischen und kulturellen Varianten, andererseits die Bedeutung von Militär und Krieg für die soziale und kulturelle Konstruktion von verschiedenen Entwürfen militärischer wie ziviler Männlichkeit, für die männliche Sozialisation innerhalb wie außerhalb des Militärs sowie für die subjektive Wahrnehmung von Männlichkeit.

3. Frauen, Militär und Krieg:

In den Blick kommen sollten nicht nur die bisher allzu häufig übersehene vielfältige Präsenz von Frauen im frühneuzeitlichen Militärwesen und deren Bedeutung für die militärische Organisation und Leistungsfähigkeit, sondern auch die Bilder und Funktionen, die Frauen in Kriegsgesellschaften zugeschrieben wurden, sowie die realen Aufgaben und Handlungsspielräume von Frauen in diesen Kriegsgesellschaften.

4. Geschlechterbeziehungen, Gewalt und Krieg:

Nicht zuletzt sollte nach den alltäglichen, häufig höchst gewaltvollen und hierarchischen Beziehungen zwischen Frauen und Männern innerhalb wie außerhalb des Militärs in Kriegs- und Friedenszeiten gefragt werden. Damit werden auch solche Phänomene wie Konkubinat, Prostitution und sexuelle Gewalt zum Thema.

Tagungsprogramm

Freitag, 7. November 1997:

14.00 Uhr Eröffnung: Dr. Karen Hagemann, Technische Universität Berlin Dr. Ralf Pröve, Humboldt Universität zu Berlin:

14.15 Uhr Dr. Karen Hagemann,Technische Universität Berlin: Militärgeschichte als Geschlechtergeschichte: Eine Einführung

14.45 Uhr: Prof. Dr. Christine Andersson, Metropolitan Museum of Art, New York:

Geschlechterbilder im Kriegsbild der frühen Neuzeit

15.15 Uhr: Kommentar: Dr. Lyndal Roper, University of London

15.25 Uhr: Diskussion, Moderation: Prof. Dr. Heide Wunder, Universität GHS Kassel

16.30 Uhr: Pause

16.45 Uhr: Prof. Dr. Regina Schulte, Ruhr-Universität Bochum:

Geschlechterbeziehungen im Dreißigjährigen Krieg

17.15 Uhr: Kommentar: PD Dr. Hans Medick, Max-Planck-Institut für Geschichte, Göttingen

17.25 Uhr: Diskussion, Moderation: Prof. Dr. Jan Peters, Universität Potsdam

18.15 Uhr Pause

19.30 Uhr: Empfang

Samstag, 8. November 1997:

9.00 Uhr: Dr. Jutta Nowosadtko, Universität Essen:

Stehendes Heer und weibliche Bevölkerung im 18. Jahrhundert

9.30 Uhr: Kommentar: Prof. Dr. Bernhard R. Kroener, Universität Potsdam

9.40 Uhr: Diskussion, Moderation: Prof. Dr. Claudia Ulbrich, Freie Universität Berlin

10.40 Uhr Pause

10.50 Uhr: Martin Lengwiler, Universität Zürich:

Soldatische Erziehung und Männlichkeit im 18. und frühen 19. Jahrhundert

11.20Uhr: Kommentar: Dr. Gabriella Hauch, Universität Linz

11.30 Uhr Diskussion, Moderation: Prof. Dr. Otto Dann, Universität Köln

12.30 Uhr: Gemeinsames Mittagessen

14.00 Uhr: Dr. Dirk Reder, Universität Köln:

Patriotische Frauenvereine während der Freiheitskriege

14.30 Uhr: Kommentar: Prof. Dr. Claudia Opitz, Universität Basel

14.40 Uhr: Diskussion, Moderation: Prof. Dr. Karin Hausen, Technische Universität Berlin

15.30 Uhr: Pause

15.45 Uhr Dr. Ralf Pröve, Humboldt Universität zu Berlin:

"Civile Ordnungsformationen", Staatsbürgerschaft und Männlichkeit im Vormärz

16.15 Uhr Kommentar: Prof. Dr. Carola Lipp, Universität Göttingen

16.25 Uhr Diskussion, Moderation: Dr. Rudolf Jaun, Universität Zürich

17.15 Uhr Pause

17.25 Uhr Prof. Dr. Wilhelm Deist, Universität Freiburg

PD Dr. Martin Dinges, Institut für Geschichte der Medizin Stuttgart

Militärgeschichte und Geschlechtergeschichte: Schlußresümèes

17.55 Uhr Schlußdiskussion, Moderation: Dr. Karen Hagemann, Technische Universität Berlin

19.00 Uhr Gemeinsames Abendessen


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