Gesellschaftsgeschichte Europas als Europäische Zeitgeschichte

Gesellschaftsgeschichte Europas als Europäische Zeitgeschichte

Veranstalter
Archiv für Sozialgeschichte Friedrich-Ebert-Stiftung
Veranstaltungsort
FES Bonn, Godesberger Allee 149
Ort
Bonn
Land
Deutschland
Vom - Bis
18.09.2008 - 19.09.2008
Deadline
15.09.2008
Website
Von
Dr. Anja Kruke

Europäische Geschichte boomt. Das Forschungsfeld hat sich stark diversifiziert, so dass inzwischen eine große Zahl verschiedener Betrachtungs- und Herangehensweisen an das Thema der europäischen Geschichte existieren. Mit dem Workshop "Gesellschaftsgeschichte Europas als Europäische Zeitgeschichte" möchte die Redaktion des Archivs für Sozialgeschichte den erreichten Forschungsstand sowie die neueren Ansätze der Geschichtsschreibung konzentriert in konkreten Untersuchungen verschiedener Forschungsfelder zur Diskussion stellen.

Im Zentrum des Workshops soll daher nicht die Geschichte der europäischen Integration stehen, sondern die Frage, wie die Gesellschaften Europas – Ost und West zusammengenommen – in unterschiedlichen Perspektiven in neueren Studien untersucht werden (können). So wird beispielsweise mit einem kulturell erweiterten Ansatz der Institutionengeschichte gefragt, inwiefern eigentlich Institutionen gesellschaftliche Entwicklung begleiten, vorbereiten oder deren Auswirkungen darstellen – bzw. welche Relevanz die Akteure (Stichwort Netzwerke) darin eigentlich besitzen. Insbesondere ist in den letzten Jahren die Frage, was in den jeweiligen nationalen Gesellschaften geschieht, in den Blickpunkt geraten. Unter dem Begriff der Europäisierung lassen sich hier verschiedene Ansätze fassen, die sich multiperspektivisch mit Fragen der Integration als Angleichung, Adaption oder dem Gegenteil (Diversifizierung/Nationalisierung oder Globalisierung) beschäftigen und insbesondere nach dem Verhältnis zu den USA fragen (Stichwort "Amerikanisierung") – oder nach möglichen „Transfers“ zwischen diesen nationalen Gesellschaften suchen. Diese neueren oder auch älteren Ansätze, die nun für die europäische Geschichte fruchtbar gemacht werden, besitzen den Vorteil, nicht intentional nach der Entwicklung des europäischen Projektes oder 'Europas' zu suchen, sondern offenere Fragestellungen zuzulassen und auch die ambivalenten Aspekte der europäischen Entwicklung in den Blick zu nehmen. Damit rücken andere zivilgesellschaftliche Organisationen, Akteure und gesellschaftlich-kulturelle Aspekte in das Zentrum der Beobachtung.

Gleichzeitig lässt sich anhand der verschiedenen Themen und Ansätze fragen, was eigentlich unter einer europäischen Geschichte zu verstehen sei, wobei die Gefahren einer Essentialisierung und des Zirkelschlusses, mit 'Europa' genau das vorzugeben, was eigentlich noch erforscht werden soll, immer gegeben sind. Die programmatischen Aussagen zu einer europäischen Geschichtswissenschaft, die den Zuschnitt des Gegenstandes problematisieren, die Definition von Europäizität einfordern und auflisten, was alles für eine 'echte' Europäische Geschichte zu leisten wäre, sind – zugespitzt formuliert – häufiger anzutreffen als die Versuche, zumindest ansatzweise die Kriterien einer reflektierten, methodisch klaren und theoretisch angeleiteten Geschichtsschreibung zu erfüllen. Durch die bewusst offene Gestaltung sind verschiedene Ebenen, aber auch methodische Herangehensweisen in Untersuchungen involviert; zugleich wird die Möglichkeit einer offenen europäischen Zeitgeschichte als Gesellschaftsgeschichte eröffnet. Das Archiv für Sozialgeschichte hat sich hier die Aufgabe gesetzt, diese unterschiedlichen Ansätze aufzuspüren und in einem Workshop zusammenzubringen.

Programm

Donnerstag, 18. September 2008, 13.00 – ca. 20.30 Uhr

13.00 Uhr
BEGRÜßUNG
Michael Schneider, Bonn

13.15 Uhr
I. EINFÜHRUNG

Anja Kruke, Bonn

13.30-15.00 Uhr
II. TRANSNATIONALISIERUNG ODER EUROPÄISIERUNG DER POLITIK?

Kiran Klaus Patel, Florenz: Integration als Transnationalisierung oder Europäisierung? Die Bundesrepublik in der Agrarintegration der EWG, 1957 bis 1973

Wolfram Kaiser/Christian Salm, Portsmouth: Transition und Europäisierung in Spanien und Portugal: Sozial- und christdemokratische Netzwerke vom Ende der Diktatur zum EG-Beitritt
Moderation: Jost Dülffer, Köln

15.30-18.30 Uhr
III. ZIVILGESELLSCHAFTLICHE PERSPEKTIVEN

Benjamin Ziemann, Sheffield: Friedensbewegungen in Europa

Thomas Fetzer, London: Transnationalisierung, Nationalisierung, oder Europäisierung? Deutsche Gewerkschaftspolitik bei Ford und General Motors (1967-2000)

Guido Thiemeyer, Kassel: Vereint zum Erfolg: Binnenschifffahrt als Modell zivilgesellschaftlicher Integration Europas

Moderation: Jürgen Mittag, Bochum

19.00 Uhr
ABENDVORTRAG

Thomas Mergel, Berlin: Homogenität und Pluralität: Gesellschaftsentwürfe und Gesellschaftspolitik im 20. Jahrhundert

Freitag, 19. September 2008, 9.00 – 17.00 Uhr

9.00-10.30 Uhr
IV. KONSUM, LEBENSSTIL UND MENTALITÄT

Frank Trentmann, London: Konsum und Zivilgesellschaft in Europa

Andreas Fickers, Maastricht: Europäische Medien(TV-)Geschichte im Vergleich

Moderation: Anja Kruke, Bonn

11.00-13.00 Uhr
V. LANGFRISTIGE ENTWICKLUNGSPERSPEKTIVEN UND KURZFRISTIGE KONJUNKTUREN

Patrick Pasture, Leuwen: The History of Religion in Western Europe since 1945

Christoph Boyer, Salzburg: Lange Entwicklungslinien europäischer Sozialstaatlichkeit

Friederike Sattler, Potsdam: Europäische Wirtschaftseliten

Moderation: Friedhelm Boll, Bonn

13.00-14.30 Uhr Mittagessen

14.30-16.00 Uhr
VI. MIGRATION, WISSEN UND RASSISMUS IN EUROPA

Imke Sturm-Martin, Köln: Annäherung in der Diversität: Europäische Gesellschaften und neue Zuwanderung seit dem Zweiten Weltkrieg

Helke Rausch, Harvard/Freiburg: Transatlantische Wissenschaftskontakte: zu einer transatlantisch geöffneten Geschichte „Europas“

Moderation: Meik Woyke, Bonn

16.00 Uhr
Abschlussdiskussion

Es sind nur noch wenige Plätze zur Teilnahme frei. Bitte melden Sie sich bei Interesse: Anja.Kruke@fes.de

Kontakt

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