Lebenswelten im ländlichen Raum (Österreichische Gesellschaft für Mittelalterarchäologie)

Lebenswelten im ländlichen Raum (Österreichische Gesellschaft für Mittelalterarchäologie)

Veranstalter
Österreichische Gesellschaft für Mittelalterarchäologie
Veranstaltungsort
Thaya, Niederösterreich
Ort
Thaya
Land
Austria
Vom - Bis
02.10.2008 - 05.10.2008
Von
Theune, Claudia

Internationale Tagung vom 2. bis 5. Oktober 2008 in Thaya (NÖ)

Lebenswelten im ländlichen Raum: Siedlung – Infrastruktur – Wirtschaft

Im Mittelalter lebten rund 90 % der Bevölkerung in ländlichen Siedlungen und waren weitgehend – wegen geringer Überschussproduktion - in die Erzeugung agrarischer Güter eingebunden. Ein dichtes Netz von Dörfern und Weilern versorgte die Bewohner des Landes mit lebensnotwendigen landwirtschaftlichen Gütern. Lediglich ein kleiner Teil wohnte in Städten oder anderen Zentralorten und konnte anderen handwerklichen Tätigkeiten nachgehen. In der internationalen historischen Forschung spielen allerdings städtische Zentralorte eine bedeutendere Rolle als ländliche Siedlungen. Dies gilt sowohl für die auf schriftlichen Quellen basierenden mediävistischen Disziplinen wie für die auf Bodenfunden beruhende Archäologie der historischen Epochen. Für Städte ist die schriftliche und archäologische Quellenlage wesentlich dichter, so dass vielfältige Aspekte der städtischen Strukturen analysiert werden konnten. Im Gegensatz dazu wurden ländliche Siedlungen als wesentliches Merkmal mittelalterlicher Lebenswelten bislang selten intensiver interdisziplinärer Analysen unterzogen. Wichtige Forschungen wurden schon früh in der ehemaligen tschechoslowakischen Republik durchgeführt. Für den österreichischen Raum fanden in den 1970er Jahren durch Fritz Felgenhauer (Universität Wien) erste Ausgrabungen in wüst gefallenen Dörfern wie etwa in Stillfried oder Hard statt, doch waren bis in jüngste Zeit nur wenige Fundorte umfassend erforscht. Erst in den letzten Jahren fanden ländliche Siedlungen des Mittelalters im europäischen Raum verstärkt Beachtung. Im Bereich der Archäologie wurden durch das Bundesdenkmalamt Österreich z. B. im Rahmen von so genannten Linearen Projekte wie den Bau von Eisenbahn- und Straßentrassen große Flächen im ländlichen Bereich geöffnet. Für den österreichischen bzw. niederösterreichischen Raum sind dies in erster Linie Fundorte entlang der Weinviertelautobahn sowie der Schnellstraße Wiener Außenring. Diese umfassenden Ausgrabungen haben mannigfaltige Einblicke in die ländlichen Strukturen eröffnet. Im interdisziplinären Diskurs mit geschichtlichen, landeskundlichen, namenskundlichen, bauhistorischen, archäobotanischen, archäozoologischen, geologischen und geographischen Untersuchungen geben diese Forschungen einen vielfältigen Einblick in Lebensweisen, Ernährung, Haus und Hof, ökonomische Verhältnisse bzgl. Agrarwirtschaft und Handwerk auf dem Lande, in Infrastrukturen und Herrschaftsstrukturen. Darüber hinaus werden Beziehungen zu Nachbarregionen und zu Zentralorten deutlich.
Zu diesem breiten Themenkomplex veranstaltet die Österreichische Gesellschaft für Mittelalterarchäologie eine internationale und interdisziplinäre Tagung in Thaya (NÖ) vom 2.10. 2008 bis zum 5.10. 2008. Forscher der genannten Fächer aus Österreich, Deutschland, Tschechien und der Slowakei werden ihre jüngsten Studien vorstellen und zur Diskussion stellen. Neue Fragestellungen für zukünftige Forschungen sollen dazu eruiert werden und so die Mittelalterarchäologie Österreichs im Konzert der internationalen Forschungen weitergebracht werden.

Programm

DONNERSTAG, 2. OKTOBER 2008

8.45 Begrüßung und Tagungseröffnung
9.00 Janine FRIES-KNOBLACH (Landshut)
Hinweise auf soziale Unterschiede in frühmittelalterlichen Siedlungen in Bayern.
9.40 Kristian ELSCHEK (Bratislava)
Beitrag zur frühmittelalterlichen Besiedlung der Marchregion und die Siedlung von Bratislava-Dubravka.
10.20 Pause
10.40 Lumír POLÁČEK (Brno)
Veränderungen der Siedlungsstruktur im Umfeld von Mikulčice vom 9. bis 13. Jahrhundert
11.20 Sabine FELGENHAUER (Wien)
Zur Archäologie der ländlichen Siedlungen in Niederösterreich.
12.00 Mittagessen
13.30 EXKURSION zu den Wüstungen Hard und Kleinhard
(bei Schönwetter Jause in Hard, bei Schlechtwetter nach der Rückkehr in Thaya).
16.40 Peter SACHENBACHER (Weimar)
Probleme der Entwicklung der Siedlungsstruktur bei den Slawen in der Germania Slavica Thüringens östlich und westlich der Saale vom 8. bis 12. Jahrhundert.
17.20 Eike GRINGMUTH-DALLMER (Berlin)
Der Wandel der Agrarwirtschaft im hohen Mittelalter. Tradition – Weiterentwicklung – Innovation.
18.00 Christiane KUNZE (Berlin)
Archäologische Dorfkernuntersuchungen in der Prignitz und ihre Aussagen zur hochmittelalterlichen Ostsiedlung.

FREITAG, 3. OKTOBER 2008

9.00 Dirk SCHEIDEMANTEL (Dresden)
Archäologischer Befund und schriftliche Überlieferung zu Breunsdorf. Sachkultur und Geschichte einer ländlichen Siedlung südlich von Leipzig im Mittelalter und in der frühen Neuzeit.
9.40 Jan KLÁPSTE (Praha)
Das böhmische Dorf im Spiegel der Ausgrabungen.
10.20 Pause
10.40 Martin KRENN (Wien)
Wüstungen im Weinviertel.
11.20 Kurt BORS (Wien)
Siedlungsgenetische Forschungen im Raum Lichtenau.
12.00 Mittagessen
14.00 Christoph SONNLECHNER (Wien)
Kulturlandschaftsforschung. Methodische Betrachtungen aus umweltgeschichtlicher Perspektive.
14.40 Herbert KNITTLER (Wien)
Zur Topographie des Dorfes nach den Weistümern.
15.20 Pause
15.40 Gertrud BLASCHITZ (Krems)
Leben im ländlichen Raum im Lichte österreichischer spätmittelalterlicher Literatur.
16.20 Christina SCHMID (Krems)
Leben auf der Burg – Leben im Dorf. (K)ein Vergleich.
17.00 Besichtigung des Heimatmuseums Thaya
18.30 Öffentlicher Festvortrag
Ralph ANDRASCHEK-HOLZER (St. Pölten)
Das Bild des Dorfes in der frühen Neuzeit.
20.00 Empfang

SAMSTAG, 4. OKTOBER 2008

8.45 Erich PUCHER (Wien)
Mehr Fragen als Antworten: Archäozoologische Funde aus den Burgen Sand und Raabs.
9.25 Michaela POPOVTSCHAK (Wien)
Archäobotanische Makroreste – ein Zugang zu landwirtschaftlichen Vorgängen im Mittelalter.
10.05 Pause
10.20 Thomas KÜHTREIBER (Krems), Gerhard REICHHALTER (Wien)
Ländliche Speicherbauten.Turmartige Gebäude zwischen Funktion und Repräsentation unter besonderer Berücksichtigung Ostösterreichs.
11.00 Josef WEICHENBERGER (Linz)
Erdställe – hochmittelalterliche Zufluchtsanlagen und Verstecke?
11.40 Mittagsimbiss im Gemeindezentrum
12.30

EXKURSION: Kleinmeiselsdorf, Wüstung Sulz, Stift Altenburg, Anschließend gemütliches Beisammensein in der „Klosterkuchl“; Rückkehr nach Thaya ca. 2100

SONNTAG, 5. OKTOBER 2008

9.00 Claudia THEUNE (Wien)
Handwerk in ländlichen Siedlungen – ein Vergleich.
9.40 Kinga TARCSAY (Wien)
Glashüttensiedlungen – ländliches Leben im Umfeld der Glasproduktion.
10.20 Pause
10.40 Susanne KLEMM (Wien)
Verkehrsinfrastruktur für den Steirischen Erzberg vom 16. bis 18. Jahrhundert.
11.20 Peter CSENDES (Wien)
Nah- und Fernwege im ländlichen Siedlungsraum.
12.00 Schlussdiskussion
13.00 Ende der Tagung

Kontakt

Österreichische Gesellschaft für Mittelalterarchäologie

http://www.univie.ac.at/oegm/
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