Erinnerungsorte in Ostmitteleuropa. Erfahrungen der Vergangenheit und Perspektiven

Erinnerungsorte in Ostmitteleuropa. Erfahrungen der Vergangenheit und Perspektiven

Veranstalter
Rat zum Schutz des Gedenkens an Kampf und Märtyrertum, Warschau Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, Oldenburg Ungarische Akademie der Wissenschaften, Budapest Warschauer Königsschloss Geisteswissenschaftliches Zentrum Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas, Leipzig
Veranstaltungsort
Warschauer Königsschloss, Zamek Królewski - Plac Zamkowy 4, 00-277 Warszawa
Ort
Warszawa
Land
Poland
Vom - Bis
11.01.2008 - 13.01.2008
Deadline
04.01.2008
Website
Von
Burkhard Olschowsky, Geschichte, Bundesinstitut für Geschichte und Kultur der Deutschen

Ostmitteleuropa ist von einer Vielfalt der Beziehungen von Ethnien und Konfessionen geprägt, die sich unter anderem in mehrfachen historischen und politisch-kulturellen Identitäten zeigen. Diese Beziehungen verdichten sich im kollektiven Gedächtnis der einzelnen Gruppen auch in Gestalt unterschiedlicher Erinnerungsorte. Diese können – in Anlehnung an Étienne François und Hagen Schulze – als langlebige Kristallisationspunkte kollektiver Erinnerung und Identität bezeichnet werden.
Die Tagung wird gemeinsam von Wissenschaftlern aus Deutschland, Polen, Ungarn und der Slowakei vorbereitet und hat die Brüche der ostmitteleuropäischen (Zeit-)Geschichte zum Gegenstand. Das 20. Jahrhundert hat im Gefolge von zwei Weltkriegen durch neue Grenzziehungen und Zwangsmigrationen dazu geführt, dass viele Erinnerungsorte unterschiedliche Bedeutungen erhalten haben. Die Erinnerungslandschaft in Ostmitteleuropa gleicht einem Mosaik von Erinnerungsinseln, die im Zeitalter der Nationalismen und Totalitarismen miteinander in Konkurrenz gerieten.
Die Tagung möchte eine solche Veränderung der Wahrnehmung und der Aneignung anregen, indem sie die Chancen transnationaler Erinnerungsorte konstruktiv aufgreift und weiterentwickelt. Denn geteilte Erinnerungsorte müssen nicht zwangsläufig antagonistisch sein, sondern können zur Überwindung der ihnen innewohnenden Gegensätze beitragen. Beispielsweise verbinden verschiedene Völker mit Städten wie Breslau/Wroclaw, Pressburg/Bratislava/Pozsony oder Lemberg/Lwów/L’viv ganz unterschiedliche Assoziationen und Erinnerungen. Zentrale Begriffe wie z. B. „Minderheit“, „Grenze“ oder „Unterdrückung“, „Widerstand“, „Selbstbehauptung“, „Würde“ haben in jedem Land Ostmitteleuropas häufig andere Inhalte, aber zugleich ähnliche Referenzpunkte aufgrund der sowjetischen Hegemonie nach 1944/45.
Die internationale Tagung soll die verschiedenen Bedeutungen materieller und immaterieller Erinnerungsorte in Ostmitteleuropa herausarbeiten, Gemeinsamkeiten und Unterschiede verdeutlichen, um das Verständnis für die Erinnerungskultur des Anderen auszuprägen. Die Referate und Diskussionen sollen helfen, die Nation als klassische Erinnerungsgemeinschaft zu problematisieren und die wechselseitige Aneignung von transnationalen Erinnerungsorten herauszuarbeiten. Durch eine multiethnische Perspektive können Abgrenzungen und Verschränkungen sichtbar gemacht und ein Beitrag zu einer dialogischen Erinnerungskultur in Europa geleistet werden.

Tagungssprachen sind Deutsch, Polnisch, Englisch und Russisch. Die Konferenz steht unter der gemeinsamen Schirmherrschaft der Kulturminister Deutschlands, Polens, Ungarns und der Slowakei.

Programm

Freitag, 11. Januar 2008

Eröffnung

9:30 Andrzej Przewoznik (Generalsekretär des Rates zum Schutz des Gedenkens an Kampf und Märtyrertum, Warschau)

9:45 Prof. Matthias Weber (Direktor des Bundesinstituts für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa)

Einführungsvortrag

10:00 Prof. Krzysztof Pomian (Brüssel): Geteilte Erinnerung in Europa als politisches und gesellschaftliches Phänomen

10:45 – 11:15 Uhr Pause

Städte als transnationale Erinnerungsorte

Breslau/Wroclaw

Moderation: Dr. Josef Höchtl (Wien)

11:15 Prof. Norbert Conrads (Stuttgart): Breslau – Identitäten und kulturelles Gedächtnis

11:35 Prof. Teresa Kulak (Wroclaw): Wroclaw im Bewusstsein der Polen

12:00 – 12:30 Uhr Diskussion

12:30 – 14:00 Uhr Mittagspause

Lemberg/L’viv/Lwow

Moderation: Prof. Klaus Ziemer (Warschau)

14:00 N.N.: Lwów – Ort einer zerbrechlichen Erinnerungslandschaft

14:20 Prof. Jaroslaw Hrycak (L’viv): L’viv im Bewusstsein der Ukrainer

14:40 PD Dr. Christoph Mick (Warwick): Lemberg – Die multiethnische Stadt

15:00 – 15:30 Uhr Diskussion

15:30 – 16:00 Uhr Pause

Pressburg/Bratislava/Pozsony

Moderation: Dr. Krisztián Ungváry (Budapest)

16:00 Prof. Arnold Suppan (Wien): Eine Stadt im Länderdreieck

16:20 Prof. Peter Zajac (Bratislava/Berlin): Die slowakische Lesart der Stadtgeschichte

16:40 Prof. Csaba Kiss (Budapest): Die Stadt in der Geschichte und dem Bewusstsein der Ungarn

17:00 – 17:30 Uhr Abschlussdiskussion

17:30 – 19:00 Uhr Pause

19:00 – 20:30 Uhr Podiumsdiskussion: Was verbindet Europa?

Moderation: Reinhold Vetter (Warschau)

Teilnehmer: Prof. Zdzislaw Najder (Warschau), Prof. Joachim Rogall (Stuttgart), PD Dr. Oliver Rathkolb (Wien), Prof. László J. Kiss (Budapest)

Samstag, 12. Januar 2008

9:30 –10:30 Uhr Podiumsdiskussion: Gedenkstätten des Kommunismus – Erhalten oder Abreißen?

Moderation: Prof. Andrzej Nowak (Warschau)

Teilnehmer: Aleksandr Gur’janov (Moskau), Andrzej Przewoznik (Warschau), Stephan Raabe (Warschau), Dr. Zdenek Hojda (Prag)

10:30 – 11:00 Uhr Pause

Orte der Erinnerung an totalitäre Systeme nach deren Fall

Moderation: Prof. Martin Schulze Wessel (München)

11:00 Jolanta Adamska (Warschau): Historisches Gedächtnis – Herausbildung und Verzerrung

11:20 Dr. Krisztián Ungváry (Budapest): Die Erinnerung an kommunistische Verbrechen: Das "Terrorhaus" und der Zentralfriedhof

11:40 Dr. Piotr Cywinski (Oswiecim): Wem „gehört“ Auschwitz?

12:00 – 12:30 Uhr Diskussion

12:30 – 14:00 Uhr Mittagspause

Moderation: N.N. (Wojciech Pieciak, Krakau)

14:00 Dr. Barbara Distel (Dachau): Die bundesdeutsche und westeuropäische Wahrnehmung der nationalsozialistischen Verbrechen

14:20 Dr. Dariusz Gawin (Warschau): Der Warschauer Aufstand im Bewusstsein der Polen

14:20 – 14:45 Uhr Diskussion

14:45 – 15:15 Uhr Pause

Moderation: Anne Applebaum (Naklo)

15:15 Dr. Anna Kaminsky (Berlin): Orte der Erinnerung an die Opfer des kommunistischen Systems

15:35 Dr. Heorhij Kasianov (Kiev): Der große Hunger 1932/33

15:55 Andrzej Przewoznik (Warschau): Katyn im Gedächtnis der Europäer

16:15 – 17:00 Uhr Abschlussdiskussion

Festvortrag

18:30 Dr. Sergej Kowaljow (Moskau): Die Wiederentdeckung des GULag (angefragt)

19:15 – 20:30 Uhr Podiumsdiskussion: Der GULag in der postsowjetischen und europäischen Erinnerungskultur

Moderation: Andrzej Przewoznik (Warschau)

Dr. Sergej Kowaljow (Moskau), Christian Semler (Berlin), Anne Applebaum (Naklo)

21:00 Uhr Festlicher Empfang für die Tagungsteilnehmer

Sonntag, 13. Januar 2008

1944/45, 1956, 1968, 1980-81, 1989 – Historische Umbrüche im geteilten Gedächtnis

Moderation: N.N.

9:00 Prof. Stefan Troebst (Leipzig): 1944/45 als europäischer Erinnerungsort

9:20 Prof. Attila Pók (Budapest): Das Jahr 1956 – Eine Zäsur der ostmitteleuropäischen Geschichte

9:40 Dr. Jan Pauer (Bremen): Das Jahr 1968 – Erfahrungen in Ost und West

10:00 – 10:30 Uhr Diskussion

10:30 – 11:00 Uhr Pause

Moderation: Prof. Dieter Bingen (Darmstadt)

11:00 Prof. Andrzej Friszke (Warschau): Die Solidarnosc-Bewegung. Freiheit für Europa

11:20 Dr. Burkhard Olschowsky (Oldenburg): Das Jahr 1989 – ein europäischer Erinnerungsort

11:40 Dr. Antoni Dudek (Warschau): Das Jahr 1989 – Sturz des Kommunismus?

12:00 – 12:30 Uhr Diskussion

12:30 – 13:30 Uhr Mittagspause

13:30 – 15:00 Uhr Podiumsdiskussion: Die Bedeutung von Erinnerungsorten in historischen Debatten

Moderation: Prof. Pawel Machcewicz (Warschau)

Teilnehmer: Dr. Gerhard Gnauck (Warschau, Die Welt), N.N. (polnischer Journalist), Dr. Tomasz Kranz (Lublin), Iván Bedö (Budapest, 'Magyar Radio', angefragt), Dr. Edita Ivanickova (Bratislava)

15:00 – 15:15 Uhr Abschluss der Tagung

Kontakt

Dr. Burkhard Olschowsky

Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im
östlichen Europa, Johann-Justus-Weg 147a, 26127 Oldenburg
0441/96195-56
0441/96195-33
Burkhard.Olschowsky@uni-oldenburg.de


Redaktion
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Weitere Informationen
Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch, Hungarian, Polish, Slovak
Sprache der Ankündigung