Erinnerungsorte in Nordosteuropa: national – transnational – europäisch? VI. Internationales Symposium zur Geschichte und Kultur im europäischen Nordosten

Erinnerungsorte in Nordosteuropa: national – transnational – europäisch? VI. Internationales Symposium zur Geschichte und Kultur im europäischen Nordosten

Veranstalter
Tallinna Linnaarhiiv / Stadtarchiv Tallinn Historisches Institut der Universität Greifswald Academia Baltica, Lübeck Aue-Stiftung, Helsinki
Veranstaltungsort
Linnaarhiiv, Tolli 6
Ort
Tallinn, Estland
Land
Estonia
Vom - Bis
20.09.2007 - 22.09.2007
Von
Jörg Hackmann

In jüngster Vergangenheit ist ein deutlich gestiegenes Interesse an der Beschäftigung mit Erinnerungsorten in vielen Regionen Europas zu erkennen. Vor allem zwei Perspektiven bestimmen die öffentlichen Diskussionen: die Betrachtung von Erinnerungsorten, die mit der jeweils nationalen Geschichte verbunden sind, und die Transformation der individuellen Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg in „kulturelles Gedächtnis“.
Die Ansätze zur Erforschung von Erinnerungsorten folgen in der Mehrzahl der von Pierre Nora für Frankreich entwickelten Konzeption, nach der sich die Wahrnehmung gemeinsamer – in erster Linie nationaler – Geschichte an besonders exponierten räumlich-konkreten als auch metaphorischen Orten verdichtet.
Für Mittel- und Osteuropa sind jedoch nicht nur solche nationalen Erinnerungsorte relevant, sondern vielmehr kommt Orten, die die nationalen Grenzen transzendieren, eine besondere Bedeutung zu. Dabei kann es sich um Erinnerungsorte handeln, die national konnotiert sind, aber jenseits der Staatsgrenzen liegen. Es können aber auch Orte sein, die auf die imperiale, vornationale Vergangenheit verweisen, oder solche, die oder von mehreren Nationen geteilt werden. Ebenso kann es sich um Orte handeln, die umgedeutet und damit mit neuen Inhalten gefüllt wurden. Und schließlich können verschiedene Erinnerungsorte miteinander konkurrieren. In einer solchen transnationalen Perspektive ist dann – in Anknüpfung an skandinavische Diskussionen – zu fragen, inwieweit solche, über die Grenzen einer Nation hinausreichenden Erinnerungsorte zur erinnerungsgeschichtlichen Verflechtung von Regionen beitragen: Stettin, Danzig, Kaliningrad, Riga oder Tallinn werden nicht mehr nur als Orte wahrgenommen, in denen nur eine nationale Gruppe die historische Deutungshoheit hat, sondern als Kristallisationspunkte polykultureller Erinnerungsregionen.
Der Fokus der Tagung richtet sich auf Nordosteuropa, d.h. Ostseeregion einschließlich Deutschlands und Russland. Eine solche Orientierung hat sich bereits bei den früheren Symposien zur Geschichte und Kultur im europäischen Nordosten in Tallinn seit 1995 als fruchtbar erwiesen, da sie sich nicht auf vermeintlich klar abgegrenzte Geschichtseinheiten (Baltikum, Nordeuropa, Polen, Russland) beschränkt, sondern die dichte Beziehungs- und Verflechtungsgeschichte in den Blick nimmt. An der Ostseeregion – insbesondere zwischen Stettin und Wiborg – lässt sich besser als an vielen anderen Regionen Europas zeigen, dass Erinnerungsorte keineswegs nur national geprägt sind, sondern auch in postnationaler Perspektive regionsbildend sein können.

Tagungssprachen sind Deutsch und Englisch.

Die Konferenz wird gefördert von
der Stadt Tallinn, der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius und dem Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien

Programm

20.9.2007

13.00-16.30
Introduction
Jörg Hackmann, Greifswald / Chicago

Session 1: Theoretische Zugänge: Gedächtnis, Aneignung, Vergessen / Theoretical Approaches: Memory, Appropriation, Oblivion
Chair: Robert Schweitzer, Lübeck

History as Cultural Memory: Mnemohistory and the Construction of the Estonian Nation
Marek Tamm, Tallinn

Cultural Adaptation
John Czaplicka, Cambridge, MA

Kulturelles Vergessen
Andreas Lawaty, Lüneburg

17.00-19.00: Opening Ceremony at the Old Town Hall
Keynote lecture: Memory - the Utility of the Past
György Schöpflin, Tallinn

21.9.2007

9.00-13.00: Session 2: Kollektives Gedächtnis: Nationen, Rekonstruktionen, Konfrontationen / Collective Memory: Nations, Reconstructions, Confrontations
Chair: Eva-Clarita Onken, Tartu

Contested Monuments in Estonia
Andres Kasekamp, Tartu

Commemorating Liberation and Occupation: War Memorials along the Road to Narva
Siobhan Kattago, Tallinn

The Livonian War
Aleksandr Filjushkin, Sankt-Peterburg

“For Your Liberty and Ours” – “Polish Uprisings” as a Lithuanian Place of Memory
Darius Staliunas, Vilnius

Schleswig
Steen Bo Frandsen, Hannover

Der Rigaer Lettische Verein
Deniss Hanovs, Riga

14.30-19.00: Session 3: Aneignungen: Überlagerungen, Umdeutungen, Ersetzungen, Kompensationen / Appropriations: Overlaps, Reinterpretations, Replacements, Compensations
Chair: Esko Häkli, Helsinki

Schwedische Erinnerungsorte
Ralph Tuchtenhagen, Hamburg

Kaliningrad
Bert Hoppe, Berlin

Grodno
Felix Ackermann, Frankfurt/Oder

Danzig
Piotr Korduba, Poznan

Wiborg
Max Engman, Turku

St. Petersburg
Dmitrij Spivak, Sankt-Peterburg

Deutsche Erinnerungsorte in St. Petersburg
Olga Kurilo, Berlin

22.9.2004

9.00-13.00: Session 4: Orte und Nicht-Orte der Erinnerung / Places and Non-Places of Commemoration
Chair: Christian Pletzing, Lübeck

Deutschbaltischer Adel
Jüri und Sirje Kivimäe, Tallinn / Toronto

Erinnerungsorte (nur?) in der Literatur: Das deutschbaltische Erbe
Armin v. Ungern-Sternberg, Frankfurt/Main

Jüdische Erinnerungsorte
Verena Dohrn, Göttingen

Remembering and Forgetting: Creating a Soviet Lithuanian Capital, Vilnius 1944-1960
Theodore Weeks, Carbondale, IL

Die russische Erfindung des Baltikums im 19. Jahrhundert
Karsten Brüggemann, Lüneburg / Narva

Divided Legacies. Remembering the Post-war Era in Finland
Markku Jokisipilä, Turku

14.00-18.30
Session 4: Continuation

Die sowjetische Periode als Erinnerungsort in estnischen Erinnerungskulturen
Ene Kõresaar, Kirsti Jõesalu, Tartu

The Singing Revolution
Kristin Kuutma, Tartu

Concluding Discussion
Chair: Jörg Hackmann, Greifswald / Chicago
Statement: Regions of Commemoration
Ulf Zander, Lund
Comment
Stuart Burch, Nottingham

Kontakt

Jörg Hackmann

Universität Greifswald, Historisches Institut
17487 Greifswald
+1-312-738-2671
+49-3834-86-80067
hackmann@uni-greifswald.de

www.phil.uni-greifswald.de/osteuropa.html
Redaktion
Veröffentlicht am
Beiträger
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Weitere Informationen
Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Englisch, Deutsch
Sprache der Ankündigung