Vergleichendes Sehen in den Wissenschaften des 19. Jahrhunderts (2. Workshop "Medien der Kunstgeschichte im 19. Jahrhundert")

Vergleichendes Sehen in den Wissenschaften des 19. Jahrhunderts (2. Workshop "Medien der Kunstgeschichte im 19. Jahrhundert")

Veranstalter
eikones - NFS Bildkritik (Graduiertenkolleg "Bild und Wissen") Kunsthistorisches Seminar der Universität Basel
Veranstaltungsort
eikones - NFS Bildkritik, Rheinsprung 11, CH-4051 Basel
Ort
Basel
Land
Deutschland
Vom - Bis
05.10.2007 - 06.10.2007
Deadline
30.04.2007
Von
Lena Bader, Martin Gaier, Falk Wolf

In Zusammenarbeit mit dem kunsthistorischen Seminar der Universität Basel organisiert das Graduiertenkolleg am "NFS Bildkritik. Macht und Bedeutung der Bilder" einen Workshop zu den Verfahren des vergleichenden Sehens in den Wissenschaften des 19. Jahrhunderts. Es ist der zweite Workshop innerhalb der Veranstaltungsreihe zur Frage der kunsthistorischen und kunstpublizistischen Wahrnehmung und Verwendung von Medien im 19. Jahrhundert. Neben Beispielen und Fragestellungen aus dem Kontext einer vergleichenden Kunstgeschichte sollen dabei insbesondere auch interdisziplinäre Ansätze im konkreten Umgang mit Bildern und den zur Verfügung stehenden Medien behandelt werden.

Innerhalb der Geschichte der Kunstgeschichte spielt das vergleichende Sehen eine entscheidende Rolle, wie die Tradition des Stilvergleichs zeigt. Von Vasari über die "Querelle des anciens et modernes" bis hin zu kennerschaftlichen Kunstbetrachtungen im 18. und 19. Jahrhundert, durchzieht die komparatistische Methode die Vorgeschichte der akademischen Kunstgeschichte. Ihre anschaulichen Niederschläge finden sich unter anderem in einer Reihe von Bildatlanten, wie den "Vergleichstafeln" bei Seroux d'Agincourt oder den Brüdern Boisserée. Von zentraler Bedeutung für eine noch zu schreibende Geschichte des vergleichenden Sehens ist jedoch insbesondere die Disziplinwerdung der Kunstgeschichte im 19. Jahrhundert. Davon zeugt nicht zuletzt der "Holbein-Streit" von 1871, das vermutlich berühmteste und folgenreichste Vergleichungsereignis der Kunstgeschichte. Darüber hinaus zeugt die zur selben Zeit erstmals erprobte und seitdem zur zentralen Seh- bzw. Kulturtechnik der Kunstgeschichte aufgestiegene Dia-Doppelprojektion von den engen Beziehungen zwischen den Bildmedien der Kunstgeschichte und dem vergleichenden Sehen, die in ihrer Wechselwirkung ebenso konstitutiv waren für die Begründung der Kunstgeschichte als akademische Disziplin.

Geht man davon aus, dass das vergleichende Sehen als Technik der Sichtbarmachung zugleich Erkenntnis- und Darstellungsinstrument ist, so ist es in besonderer Weise relevant für eine Bildkritik, die an den Möglichkeitsbedingungen von Sichtbarkeit und Bildlichkeit interessiert ist - auch jenseits der disziplinären Grenzen der Kunstgeschichte. Daher stellt der Workshop die Frage nach den Techniken und Methoden vergleichenden Sehens in einem interdisziplinären Kontext und berücksichtigt andere Disziplinen und Forschungsbereiche, in denen vergleichendes Sehen eine erkenntnistheoretisch relevante Rolle spielt.

Zur Debatte stehen damit die wahrnehmungs-, erkenntnis- und auch medientheoretischen Annahmen, auf denen das vergleichende Sehen beruht. Worin liegt sein kritisches Potential? Kann das, was gleichzeitig vor Augen steht, auch gleichzeitig betrachtet werden, wie die Technik der Doppelprojektion suggeriert? Oder wird nicht auch hier immer das eine und nicht das andere betrachtet, wodurch entgegen jeder Gleichzeitigkeit die Erinnerung ins Zentrum des Interesses rückte, wie physiologische Experimente des 19. Jahrhunderts es nahe legen? Vergleichendes Sehen würde darüber hinaus einen Prozess bezeichnen, der im ständigen Hin und Her angesichts der gleichzeitig gegebenen Objekte auch die Bedingungen ihrer jeweiligen Sichtbarkeit in Betracht zu ziehen hätte, und dem somit immer schon eine Medienkritik eingeschrieben wäre - nicht nur dann, wenn die Vergleichsobjekte als Formen verschiedener Medien zur Verfügung gestellt werden, z. B. im Kontrast visueller Befunde und ekphrastischer, beschreibender und Anschaulichkeit evozierender Texte. Vielmehr wäre in diesem Sinne grundsätzlich, ausgehend von den Medien und Techniken, nach den Kriterien jenes Sehens selbst zu fragen, das, indem es vergleicht, neue Sichtbarkeiten zu erzeugen im Stande ist.

Der Workshop richtet sich explizit nicht nur an Kunsthistoriker, sondern gleichermaßen an Vertreter anderer Disziplinen, die sich mit erkenntnis- und bildtheoretischen Fragestellungen dieser Art befassen. Willkommen sind insbesondere Beiträge, die die Techniken, Methoden und Hintergründe vergleichenden Sehens in den Wissenschaften des 19. Jahrhunderts adressieren.

Beiträge könnten sich an folgenden Themenfeldern orientieren:

- Medien des Vergleichs und Medienvergleiche (Text-Bild-Vergleiche, Reproduktionsmedien)

- Techniken und Methoden vergleichenden Sehens

- vergleichendes Sehen in den Wissenschaften (z.B. Psychologie, Physiologie, Physiognomik, Anatomie)

- Grenzen des Vergleichs - Unvergleichbarkeit (Gleichzeitigkeit und Erinnerung, Übertragbarkeit)

- Hintergründe, vor denen Sichtbares vergleichbar und Vergleichbares sichtbar wird (Institutionen, historische und gesellschaftliche Rahmungen)

Eine Publikation der Beiträge ist geplant.

Abstracts von nicht mehr als 500 Wörtern sind bis zum 30. April 2007 einzureichen an: lena.bader[AT]unibas.ch

Organisation:
Lena Bader M.A. / eikones - NCCR Iconic Criticism (lena.bader[AT]unibas.ch)
Dr. Martin Gaier / Kunsthistorisches Seminar, Universität Basel (martin.gaier[AT]unibas.ch)
Falk Wolf M.A. / eikones - NCCR Iconic Criticism (falk.wolf[AT]unibas.ch)

Eikones - NFS Bildkritik
Graduiertenkolleg "Bild und Wissen"
Alte Universität
Rheinsprung 11
CH 4051 Basel
www.eikones.ch

Kunsthistorisches Seminar der Universität Basel
Im Laurenz-Bau
St. Alban-Graben 8
Postfach
CH 4010 Basel

Programm

Kontakt

Lena Bader

eikones - NFS Bildkritik, Rheinsprung 11, CH-4051 Basel

lena.bader@unibas.ch

www.eikones.ch
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