Die Geschichts- und Sozialwissenschaften näherten sich bis vor rund 15 Jahren ihrem Forschungsgegenstand vornehmlich auf der Basis von Texten oder Zahlen. Bilder dienten zumeist der Illustration oder wurden in den Bereich der Kunst- und Kulturwissenschaft verwiesen. Die piktologische Methodologie war in den Sozial- und Geschichtswissenschaften eher randständig und Bilder selbst galten zumindest forschungspraktisch nur selten als eigenständige kommunikative Gattung, die einer speziellen interpretativen Methodik und Quellenkritik bedarf.
Seit dem so genannten pictorial turn der 1990er Jahre zeichnet sich ein Wandel in Richtung einer Würdigung des Visuellen in den Sozial- und Geschichtswissenschaften ab, und gerade auch aktuelle Entwicklungen in der Forschungspraxis der Geistes- und Sozialwissenschaften verlangen danach, dass der Bildanalyse auch in den traditionell eher textlastigen Disziplinen eine eigenständige methodische Aufmerksamkeit zuteil wird.
Der Workshop hat zum Ziel, Möglichkeiten aber auch Schwierigkeit der Bildanalyse aufzuzeigen und so zu einer "piktorale Literalität" beizutragen.
Innerhalb der Geistes- und Sozialwissenschaften kann von einem einheitlichen methodischen Verständnis von Bildanalyse ebensowenig gesprochen werden, wie von einer hinreichenden Klärung grundlegender, nicht zuletzt die Konstitution des Untersuchungsgegenstandes "Bild" und
seiner Kontexte betreffender methodologischer Probleme. Ein zentrales Ziel des Workshops soll deshalb darin bestehen, durch einen Vergleich der verschiedenen Methodologien Konvergenzen zwischen unterschiedlichen
Ansätzen und dadurch mögliche Erweiterungen einzelner Ansätze zu eruieren.