„Was ist europäisch“ – diese Frage wird im politischen Diskurs zumeist mit dem Verweis auf eine „gemeinsame“ Geschichte und Kultur beantwortet, die dem Projekt der Europäischen Union gewissermaßen eine einheitliche historische bzw. kulturelle Basis verleihen soll.
Die Konferenz Was ist europäisch? Die Vielfalt von Gedächtnissen oder die Eindeutigkeit von europäischen Werten setzt sich zum Ziel, dieses Argument kritisch zu beleuchten: Folgt die Strategie der Konstruktion einer europäischen Identität nicht den Modellen nationaler Identitätsstiftung, die seit dem 19. Jahrhundert geläufig sind? Wird mit dem Verweis auf eine gemeinsame Geschichte und Kultur nicht ein Europa imaginiert, in dem alle positiven Errungenschaften als „europäisch“ reklamiert und alle negativen Aspekte einem nichteuropäischen „Anderen“ zugeschrieben werden?
Die gegenwärtigen Formen EU-europäischer Identitätspolitik folgen der Logik von Inklusion und Exklusion, durch die die Grenzen zwischen dem „Eigenen“ und dem „Fremden“ scharf gezogen werden – so die Ausgangsthese der Konferenz. Nach der Gewaltgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, die nicht zuletzt durch Konzepte von nationaler, ethnischer, kultureller „Reinheit“ geprägt waren, erscheint es allerdings notwendig, neue Formen von Identitätsbildung zu entwickeln, die der Pluralität und Heterogenität von Gedächtnis und Kultur gerecht werden.