Zwischen Babel und Pfingsten: Sprachdifferenzen und Gesprächsverständigung in der Vormoderne (9.-16. Jh.) / Entre Babel et Pentecôte : différences linguistiques et communication orale avant la modernité (IXe-XVIe siècle)

Zwischen Babel und Pfingsten: Sprachdifferenzen und Gesprächsverständigung in der Vormoderne (9.-16. Jh.) / Entre Babel et Pentecôte : différences linguistiques et communication orale avant la modernité (IXe-XVIe siècle)

Veranstalter
Prof. Dr. Peter von Moos Anc. Chartreuse de Valprofonde Les Chartreux F-89410 Béon Tel. +33 (0)3 86 73 48 42 Fax +33 (0)3 86 73 48 42 mail@petervonmoos.ch http://www.petervonmoos.ch
Veranstaltungsort
Waldgut Schloss Höhnscheid, 34454 Arolsen
Ort
Arolsen
Land
Deutschland
Vom - Bis
16.11.2006 - 19.11.2006
Von
von Moos, Peter

Zwischen Babel und Pfingsten: Sprachdifferenzen und Gesprächsverständigung in der Vormoderne (9.-16. Jh.) / Entre Babel et Pentecôte : différences linguistiques et communication orale avant la modernité (IXe-XVIe siècle)

3. Deutsch-französiche Tagung des Arbeitskreises "Gesellschaft und individuelle Kommunikation in der Vormoderne" (GIK) / 3e Colloque franco-allemand de l'atelier "Société et communication individuelle avant la modernité" (SCI): Das Thema ist denkbar weit, die Fragestellung aber relativ eng: Thematisch geht es um Sprachdifferenzen und Verständnisschwierigkeiten aller Art, die Interaktion - nach Luhmann definiert als „Kommunikation unter Anwesenden" - verunmöglichen oder behindern. Auf der einen Seite sind dies Sprachbarrieren im engeren Sinn vom Nullpunkt der Taubstummen- Behinderung über die Erstbegegnung mit wildfremden, sich in einer noch nie gehörten Sprache ausdrückenden Menschen bis zur individuellen Inkompetenz gegenüber an sich (wenigstens in ihrer Existenz) bekannten Fremdsprachen sowie zu den Unzulänglichkeiten des Übersetzens und Dolmetschens. Auf der anderen Seite gehören zum Beobachtungsfeld auch Dialekte und Soziolekte, alle regional, sozial,sozialisations- und bildungsbedingten, standes-, berufs-, geschlechts- und altersspezifischen Kommunikationsschwellen und Generatoren von Missverständnissen. Wenn Sprache hier nicht als System und „langue" (vor allem nicht als Schriftsprache), sondern nach Gadamer in erster Linie als „Gesprächsverständigung", als mündliche „parole" in bestimmten Kontexten zu definieren ist, dann können auch die sog. „feinen Unterschiede" (Bourdieu) als semantische Sprachphänomene in sog. „vertikalen" Kommunikationsverhältnissen (Banniard) betrachtet werden, insbesondere im Falle von Diglossien zwischen Prestigesprachen und Subalternsprachen, Sakral- und Profansprachen. Dem Historiker fallen in dieser Hinsicht zwei Paradoxien auf, eine intrakulturelle und eine interkulturelle : Innerhalb einer Kultur, die sich auf die Einheit und Allgemeinheit ihrer « frohen Botschaft » , eines zu verkündenden « Worts », nicht eines zu hortenden Wissensbesitzes beruft und die schon in der Regula pastoralis Gregors de Großen ein für gesellschaftliche Unterschiede derart offenes und feinsinniges Grundbuch besitzt, scheint dennoch im allgemeinen eher das Nichtverstehen als die Kommunikation zwischen den einzelnen Gruppen und Gemeinschaften dieser « stratifizierten » Gesellschaft vorzuherrschen. Und nach außen ist dieselbe Kultur oft so manifest unfähig, ihr hochabstraktes, übersubtiles Latein – ein in der Hochscholastik zu einem wahren « Schibolet », ja einem autistischen Sprachpanzer gewordenen Jargon – in konkrete Begriffe umzusetzen und den in ganz anderen Denk- und Wahrnehmungsgewohnheiten aufgewachsenen Fremden verständlich zu machen. (Das Beispiel Rubruks bei den Mongolen spricht für das Ganze.)

Die nahezu einzige Frage, die sich diesem weit geöffneten Fächer sprachlicher Verständigungsschwierigkeiten gegenüber stellt, ist eine Frage des Sprachbewusstseins: ob und in welchen Situationen sprachliche Kommunikation überhaupt als ein ernst zu nehmendes Problem wahrgenommen wurde, und andernfalls, warum sie als solche keine oder wenig Aufmerksamkeit erregte.

Programm

Deutschsprachigen Sektion (16.17.11):

Donnerstag 16.11

Peter von Moos, Einleitende
Worte
09.00-09.15

1. Theorie und Methodologie

Wulf Oesterreicher: „ Zur Archäologie gesprochener Sprache.
Methodologische Arbeit an Fallbeispielen". 09.15-10.00

Rüdiger Schnell : „Vom Nicht- und Missverstehen. Zu Hindernissen
sprachlicher und nicht-sprachlicher Interaktion im
Mittelalter"
10.15-11.15

Thomas Luckmann: „Zu den kommunikativen Gattungen und der
Grundlagenproblematik der Verständigung" 11.15-12.00

2. Sprachdifferenzen und deren Überwindung

Michael Richter: „Giraldus Cambrensis und die Reise durch Wales im
Jahr 1188" 15.00-15.45

Kay Peter Jankrift : „Die übersetzte Stimme des Herrn. Dolmetscher
im Zeitalter der Kreuzzüge" 15.45-16.45

Oliver Auge : "...de Rostocker geven in antwerde, se konden den
doctor nicht vorstan, so he redede hochdudesch... - Sprachdifferenz
und Sprachwandel im Reich um 1500: Die Beispiele Mecklenburg und
Pommern". 17.00-18.00

Thomas Haye: "West-östliche Kommunikation. Latein und Griechisch
als Medien der Verständigung zwischen Abendland und
Byzanz".
18.00-19.00

Freitag 17.11

5. Sprachliche Probleme der Verkündigung (Predigt und Mission)

Gert Melville: « "Die Sprache beim 'Dialog' zwischen den Kulturen.
Zum Religionsgespräch Rubruks vor dem Khan der Mongolen" 09.00-10.00

Roger Friedlein : „Die Modellierung von Kommunikation in den
literarischen Dialogen von Ramon
Llull" 10.30-11.30

6. Kommunikation, Verhaltens-Habitus und Normativität

Renate Lachmann: „Reden und Schweigen in der altrussischen
Kultur" 15.00-16.00

Werner Röcke : "Verfehlte Kommunikation.Konsens und Verwirrung in
Heinrich Wittenwilers Ring und im Lalebuch"
16.00-17.00

Doris Ruhe : „ Wie sollen Frauen sprechen? Zur Regulierung
weiblichen Sprechverhaltens in Erziehungsschriften des französischen
Mittelalters"
17.15-18.15

Gerhard Jaritz : "Gender, Gesprächsbarrieren und visueller
Befund". 18.15-19.15

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Section francophone 18-19/11

Samedi 18.11

Peter von Moos,
Accueil
09.00-09.15

1. La Romania : le latin et les vernaculaires

Michel Banniard: „Du latin des illettrés au roman des
lettrés : la question des niveaux de langue en France (VIIIe-XIe
s.)". 09.15-10.00

Peter Koch: "Le latin – langue
diglossique?"
10.15-11.15

Monique Goullet : « Hagiographie et questions
linguistiques ». 11.15-12.00

Jean Batany: „L'espace ludique du latin et l'ambivalence
de ses clôtures langagières
(causerie)" 14.30-15.00

Cédric Giraud: « Per verba magistri. La naissance d'un
sociolecte théologique dans les écoles du Nord de la France au
premier XII siècle »
15.00-16.00

Pascale Bourgain: " Réflexion sur le jeu interlinguistique
dans les poésies lyriques latines (surtout latin/français)".
16.00-17.00

2. Babel et Pentecôte : Aspects de la pensée linguistique médiévale

Ruedi Imbach / Irène Rosier-Catach: „La Tour de Babel dans la
philosophie du langage de Dante" 17.00-17.45

Anne Grondeux : "L'expression de la notion de langue maternelle
au Moyen Age (800-1300)" 17.45-18.45

Silvana Vecchio: « Dispertitae linguae: le récit de la Pentecôte
entre exegèse et prédication.
» 18.45.-19.45

Dimanche 19.11

Danielle Bohler: "Babel et la régulation normée de la parole chez
Christine de
Pizan".
09.00-10.00

3. Différences et identités linguistiques

Serge Lusignan: „"La question de la langue utilisée (ou des langues
utilisées) dans les négociations diplomatiques entre la France et
l'Angleterre durant la guerre de Cent
ans"
10.15-11.00

Alberto Vàrvaro: „La tua loquela ti fa manifesto: langues et
identités dans la littérature médiévale". 11.00-12.00

4. Problèmes linguistiques des prédicateurs et missionaires

Franco Morenzoni: „Les prédicateurs et leurs langues à la
fin du moyen âge." 14.30-15.15

Carla Casagrande: "Sermo affectuosus. La prédication et la
transmission des émotions ». 15.15-16.15

John Tolan : « Porter la Bonne Parole auprès de Babel : les
problèmes linguistiques chez les missionnaires mendiants, XIIIe-XIVe
siècles
».

16.30-17.30

Adriano Prosperi : „Comme des enfants": Le problème
linguistique des missionnaires jésuites en dehors de
l'Europe . 17.30-18.15

Bernard Laks : „Variatio omnibus: notes sur le changement et la
variation linguistiques" 18.15-19.00

Kontakt

Peter von Moos, Prof., Dr.

GIK Chartreuse de Valprofonde, F-89410 Béon, Frankreich

mail@petervonmoos.ch

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