Von der Ordnung zur Norm. Mittelalterliche und frühneuzeitliche Statuten

Von der Ordnung zur Norm. Mittelalterliche und frühneuzeitliche Statuten

Veranstalter
PD Dr. Gisela Drossbach Prof. Dr. Claudia Märtl
Veranstaltungsort
Historicum, Schellingstr. 12, Raum 001
Ort
München
Land
Deutschland
Vom - Bis
12.10.2006 - 14.10.2006
Website
Von
Gisela Drossbach

Typologie und Begrifflichkeit des Statuts in Spätmittelalter und Früher Neuzeit sind seit langem umstritten. Das Spektrum der Deutungsversuche reicht von der Einordnung als allgemeine „Bestimmung“ bis hin zur Rechtsnorm, die der lex als aliud gegenüber gesetzt wird.
Die Fülle überlieferter Texte mit der Selbstbezeichnung statutum aus allen Bereichen der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Herrschafts- und Gesellschaftsordnung legt es nahe, den Versuch zu unternehmen, das Phänomen „Statut“ zum Gegenstand eines interdisziplinären Gespräches zu machen. Dabei soll erörtert werden, ob und wenn ja welche gemeinsamen Begriffsmerkmale sich für Texte nennen lassen, die sich als statutum bezeichnen. Es ist weiterhin zu fragen, wie die Genese von Statuten zu bestimmen ist: Statuten können gedeutet werden als selbstgesetzte Normen sich formierender und reformierender Gemeinschaften, die entweder der Zustimmung übergeordneter Instanzen bedurften oder einem korporativen Satzungsrecht folgten. Das führt zu der Frage nach dem Adressatenkreis von Statuten. Ein weiterer großer Themenkreis wird gebildet durch die Frage nach der formal-literarischen Bestimmung dieser Texte. Denn es stellt sich die Frage, ob sich diese Texte der Kultur gelehrter Rechtswissenschaft zuordnen lassen. Zu prüfen ist aber auch die normative Qualität von Statuten im Verhältnis zu anderen normierenden Texten. Denn für die Zeit vom Hochmittelalter bis zur Frühen Neuzeit, in den Epochen einer zunehmend differenzierter werdenden Rechtsordnung, stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang Statuten in Konkurrenz mit oder Interferenz zu anderen normativen Texten stehen. Damit verknüpft sich die Frage nach der Rezeption und Verbreitung von Statutentexten: Die Fülle bezeugter Statutenverwendungen deutet auf ein Spannungsfeld hin, das von einer rein repräsentativen oder legitimatorischen Funktion ohne konkrete Anwendung bis hin zur unentbehrlichen Normgrundlage komplexer Institutionen reicht.

Programm

Donnerstag, 12. Oktober 2006

13.00 Begrüßung
Claudia Märtl, München

1. Prolog
Moderation: Harald Siems, München
13.10 Peter Landau, München
Über die Wiederentdeckung der Gesetzgebung
im 12. Jahrhundert
13.30 Kenneth Pennington, Washington D.C./USA
The ius commune and the Statutes of the ius
proprium
13.50 Diskussion

14.15 Pause

2. Kirchliche Institutionen
Moderation: Harald Siems, München
14.30 Arno Mentzel-Reuters, München
Preußische Synodalstatuten und Reformen im
Deutschen Orden
14.50 Ursula Vones-Liebenstein, Frankfurt
Saint-Ruf: Von Lietberts Liber Ordinis zu den
Reformstatuten des 15. Jahrhunderts
15.10 Lorenz Welker, München
Musikpflege durch Bestimmungen für Kantoren und
Succentoren
15.30 Diskussion

16.00 Eva Schlotheuber, München
Bildungszugang und –anschluss in der
franziskanischen Ordensgesetzgebung
16.30 Heike Mierau, Münster
Synodalstatuten und die neuen Medien des 15.
Jahrhunderts
16.50 Anna Elisa Tryti, Bergen/Norwegen
Norms, practice and the shaping of religious
mentalities in Western Norway. Perspectives on
the Norwegian Statutes 1280-1351
17.10 Diskussion

Freitag, 13. Oktober 2006

3. Papsttum
Moderation: Claudia Märtl, München
9.00 Andreas Meyer, Marburg
Spätmittelalterliche päpstliche Kanzleiregeln
9.20 Tilmann Schmidt, Rostock
Kirchenstaatsstatuten im 14. Jahrhundert
9.40 Diskussion

10.00 Pause

4. Landesherrliche Ordnungen
Moderation: Eva Schlotheuber, München
10.30 Martin Kaufhold, Augsburg
Die Statuten der englischen Könige
10.50 Karl Härter, Frankfurt
Statut und Policeyordnung: Entwicklung und
Verhältnis des spätmittelalterlichen Statutarrechts
zur frühneuzeitlichen Policeygesetzgebung
11.10 Diskussion

11.30 Christiane Birr, München/Würzburg
Ordnung im Dorf – Zur Normgenese in Weistümern
und Dorfordnungen
11.50 Nina Pes, München
Der codice rurale Marianos IV., Iudex von Arborea
(Sardinien 14. Jh.)
12.10 Diskussion

12.30 Mittagspause

5. Städtische Einrichtungen
Moderation: Hans-Georg Hermann, München
15.00 Robert Gibbs, Glasgow/U.K.
The Iconography of the Frontespieces in Italian
Lawbooks and Statutes
15.20 Mario Ascheri, Rom/Siena
Gli statuti delle città italiane (secolo XII-XIII)
15.40 Felicitas Schmieder, Hagen
Stadtstatuten deutscher Städte? Einige
Überlegungen im europäischen Vergleich
16.00 Diskussion

16.30 Pause

17.00 William Courtenay, Madison, Wisconsin USA
Legislation and Practice. The Role of Statutes at
the Medieval University of Paris
17.20 Riedel-Spangenberger, Mainz
Die Statuten der Universität Erfurt im Kontext
mittelalterlichen Rechts
17.40 Lars Schneider, Hamburg
Erziehungsprogramme im frühneuzeitlichen Lyon:
Rabelais und das Collège de la Sainte Trinité
18.00 Diskussion

18.30 Gemeinsames Abendessen

20.0 Abendvortrag
Klaus Krüger, Berlin
Dispositive gesellschaftlicher Repräsentation.
Bildprogramme des Trecento im öffentlichen Raum

Samstag, 14. Oktober 2006

6. Adel und Akademien
Moderation: Bernhard Teuber, München
9.00 Jürgen Sarnowsky, Hamburg
Die Statuten geistlicher Ritterorden
9.20 Holger Kruse, Kiel
Ordnung und Finanzen: Die Hofordnungen Philipps
des Guten von Burgund
9.40 Gottfried Kerscher
Jacobi III Regis maioricarum: Leges palatine – Eine
Zeremonalordnungl als Statut?
10.00 Thomas Ricklin, München
Das erste erhaltene Statut einer humanistischen
Akademie. Eine eher conviviale Erörterung einer
vexata quaestio
10.20 Diskussion

10.40 Pause

7. Bruderschaften
Moderation: Bernhard Teuber, München
11.00 Katharina Behrens, Göttingen/London/U.K.
We wille and ordneygne - Zum Stifterwillen in
englischen Armenhausordnungen des späten
Mittelalters
11.20 Anna Esposito, Rom/Italien
Statuti confraternitali italiani del tardo medioevo:
aspetti religiosi e comportamentali
11.50 Diskussion

12.10 Thomas Frank, Berlin
Bruderschaftsstatuten im spätmittelalterlichen
Deutschland. Rechtsge-schichtliche Fragen
12.30 Katja Gvozdeva, Berlin
Burleske Statuten in Spätmittelalter und Früher
Neuzeit
12.40 Diskussion

13.00 Mittagessen

15.00 Resümee und Schlussdiskussion
Gisela Drossbach

Kontakt

PD Dr. Gisela Drossbach

LMU München, Leopold-Wenger-Institut für Rechtsgeschichte
Prof.-Huber-Pl. 2
80539 München
phone 089-2180-3776
e-mail Drossbach@jura.uni-muenchen.de