Erinnerungskultur und ‚Versöhnungskitsch‘

Erinnerungskultur und ‚Versöhnungskitsch‘

Veranstalter
Herder-Institut Marburg, Germanistisches Institut der Adam-Mickiewicz-Universität Poznań, Institut für Geschichte (Abt. für Osteuropäische Geschichte) der Carl v. Ossietzky Universität Oldenburg
Veranstaltungsort
Poznan
Ort
Poznan
Land
Poland
Vom - Bis
25.04.2006 - 28.09.2006
Deadline
15.04.2006
Von
Dr. Heidi Hein

Der von Klaus Bachmann Anfang der 1990er Jahre geprägte Begriff ‚Versöhnungskitsch‘ charakterisiert die angesichts des politischen Umbruchs Ende der 1980er Jahre entstandene, meist von Euphorie begleitete Welle an Unternehmungen, die deutsch-polnische Annäherung und damit die Versöhnung beider Gesellschaften voran zu bringen. „Versöhnung“ bzw. Versöhnungsrhetorik spielte zu jener Zeit, aber auch in früheren Epochen immer wieder eine zentrale Rolle in den Beziehungen zwischen diesen beiden, aber grundsätzlich auch zwischen anderen Staaten.

Eine wichtige Rolle spielen dabei kollektive Erinnerungen und die Erinnerungskultur jeder Gesellschaft. Nicht nur Staaten, auch gesellschaftliche Gruppen ‚machen‘ Erinnerungspolitik, die dann jeweils für eine Friedenspolitik instrumentalisiert wird. Erinnerungspolitik ist in solchen Fällen nicht nur Identitätspolitik, sondern auch Legitimationspolitik. Daher wird in der politischen Kultur bzw. im öffentlichen Raum je nach Kontext und Bedürfnis auf ganz verschiedene Art Erinnerung produziert, konstruiert, propagiert und so im Funktionsgedächtnis (A. Assmann) aktiviert.

Es geht hier, allgemein gesprochen, um den Fragekomplex, welchen Einfluß kollektive Erinnerungen und die Erinnerungskultur einer Gesellschaft auf die Beziehungen zwischen Gesellschaften haben. Sind sie versöhnungsförderdernd, oder sind sie konfliktogen? Unter welchen Umständen können sie welche Rollen in den Beziehungen zwischen nationalen oder anders definierten Gesellschaften spielen? Welche Rolle spielen dabei politische bzw. staatliche Institutionen? Was ist die Folge von Versöhnungsrethorik und ‚Versöhnungskitsch‘ jenseits der Sphäre der Politprofis in modernen Gesellschaften und zwischen den Gesellschaften? Umgekehrt – welche Rolle spielen kollektive Erinnerungen, spielt die konkrete Erinnerungskultur in politischen Konflikten und Spannungen? Gibt es Lehren, die man dabei aus der Vergangenheit ziehen kann?

Bei all diesen Fragestellungen spielen Erinnerungsorte, Mythen, Rituale und Symbole eine entscheidende Rolle als Medien und Ausdruck dieser Erinnerung, so dass die Tagung nicht nur die verschiedene Versöhnungsrhetoriken (oder auch ihr Gegenteil) im historischen Kontext, sondern auch die Medien dieser Diskurse diskutieren will.

Die geplante Tagung thematisiert das Spannungsfeld von Erinnerungskultur auf der einen und ‚Versöhnungskitsch‘ oder mentaler Konfliktbereitschaft auf der anderen Seite in Europa: Dabei soll es nicht nur um das deutsch-polnische Verhältnis unter diesem Aspekt gehen, sondern auch andere bilaterale Annäherungen und Beziehungen in Geschichte und Gegenwart sollen interdisziplinär diskutiert werden.

Es stehen insgesamt 20 Plätze für die Teilnahme an der Tagung in Poznań zur Verfügung. Interessierte (Historiker, Soziologen/Politologen, Literatur- und Kulturwissenschaftler etc.) werden um ein Abstract von 1-2 Seiten und ein kurzes Curriculum Vitae bis zum 15. April 2006, wenn möglich in digitaler Form, gebeten. Tagungssprachen sind Deutsch und Englisch.

Programm

Kontakt

Dr. Heidi Hein
heinh@herder-institut.de
Herder-Institut e.V.
Gisonenweg 5-7
35037 Marburg

Tel: +49-(0)6421-184-110

http://www.herder-institut.de