Zur Strukturierung der Diskussion werden folgende Bereiche vorgeschlagen, mit denen einzelne historische Themenfelder verknüpft oder in Beziehung gesetzt werden können:
Semantiken
Akteure prägen Begriffe und Denkbilder ebenso wie sie von diesen Deutungen geprägt werden. Welche Semantiken bestimmten neben den dichotomischen Entwürfen von Staat und Gesellschaft den politischen Kommunikationsraum im Zarenreich? Wie veränderten sie sich in dem Maße, wie Akteure sie aussprachen, medialisierten und problematisierten?
Diskurse
Als Aussageformen ordnen Diskurse das Denken und verordnen das Handeln von historischen Subjekten. Auf welche Weise wirkten sich einschlägige Diskurse wie etwa Eisenbahn, bäuerliche Landarmut, Reformen oder Panslavismus auf die Handlungsspielräume der Akteure aus? Wie beeinflussten sie übergreifende Klassifikationsmuster, riefen Normierungsbestrebungen hervor und regten Akteursgruppen an, die bestehenden Schemata zu verwerfen?
Repräsentationen
Machtverhältnisse und Partizipationsansprüche sind nicht nur existent, sondern werden immer wieder durch Symbole, Rituale und Inszenierungen erfahrbar gemacht. Auch wenn z. B. der Topos "Adelsnest" ein literarisches Eigenleben führte, so griff der landbesitzende Adel immer wieder auf diese Untergangsmetapher zurück, um Anspruch auf seinen "traditionellen" Status zu erheben. Wie strukturierten Akteure den politischen Kommunikationsraum mittels Repräsentationen, wer wurde dabei einbezogen, wer ausgegrenzt?
Praktiken
Handeln und Aushandeln sind wie eingetretene Pfade, die von Akteuren in Anspruch genommen, aber auch variiert werden, wenn sie nicht mehr gangbar sind oder nicht mehr zum Ziel führen. Das Knüpfen von Beziehungen zu den "Fluren der Macht" oder das Bilden von Netzwerken vor Ort erscheint ebenso wie das Abfassen von Eingaben als Inklusionsbestrebungen. Wie agierten die unterschiedlichen Akteure, wie reagierten sie auf Exklusionsmaßnahmen und wann verweigerten sie gänzlich die Kommunikation?
Gewalt
Als Phänomen und Problem prägten die unterschiedlichen Gewaltformen die Kommunikationen nicht nur in vormodernen Gesellschaften. Neben der Unterscheidung zwischen illegitimer und legitimer Gewalt stellt sich hier die Frage, wie sich terroristisch-revolutionäre Attentate, bäuerliche Revolten, Pogrome oder Übergriffe der Exekutive auf die Aushandlungsspielräume von Akteuren auswirkten.
Interessierte Nachwuchswissenschaftler werden gebeten, Themenvorschläge bis zum 31. Mai 2006 bei Walter Sperling (walter.sperling@uni-bielefeld.de) und/oder Stephan Merl (stephan.merl@uni-bielefeld.de) einzureichen.
Kosten für Anreise und Unterbringung der Referenten und Kommentatoren können erstattet werden.